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Mainz-05-Manager Heidel : „Ich habe keine Angst vor England“

Manager beim 1. FSV Mainz 05: Christian Heidel Bild: dpa

Der Mainzer Fußball-Manager Christian Heidel hat seine eigene Meinung zur englischen Geldschwemme. Sein Ziel: So viel wie möglich von diesem Geld nach Deutschland holen.

          5 Min.

          In dieser Woche ist der 20 Jahre alte Raheem Sterling für rund 69 Millionen Euro vom FC Liverpool zu Manchester City gewechselt. Haben Sie mit Ihren 10 Millionen für Okazaki zu wenig von Leicester City verlangt?

          Michael Horeni
          Fußballkorrespondent Europa in Berlin.

          Ich sollte denen jetzt wirklich eine Nachforderung schicken (lacht). Tatsache ist, dass die Transfers zwischen den Klubs auf der Insel nochmals deutlich werthaltiger sind als Transfers über die Landesgrenze. In England wechseln ja Spieler aus der zweiten Liga für 20, 25 Millionen Euro in die Premier League.

          Werden die enormen englischen Fernsehgelder den europäischen und deutschen Markt grundlegend verändern – und damit auch das Geschäft von Mainz 05?

          Ich habe keine Angst vor England. Es spielen 20 Mannschaften in der Premier League, und diese Klubs verfügen vielleicht über 600 Spieler. Wer jetzt glaubt, die Hälfte dieser Kader würde mit Spielern aus der Bundesliga besetzt, der kennt sich nicht besonders gut aus. Das Geld, das in England nun en masse zur Verfügung steht, wird auch nach Italien, Spanien und Frankreich fließen. Ehrlich gesagt, bin ich ganz froh, wie es derzeit läuft. Wir hätten Okazaki im deutschen Raum nie für diesen Preis verkaufen können. Und wenn bei uns ein Spieler Interesse weckt, dann freue ich mich, wenn sich englische Klubs für ihn interessieren. Unser Ziel ist es, so viel wie möglich von diesem Geld nach Deutschland zu holen – um uns in der Breite besser aufzustellen. Problematisch ist es nur, wenn die Spieler ablösefrei nach England wechseln. Aber das kommt nicht so häufig vor. Die Engländer zahlen bereitwillig Ablöse.

          „Holen wir uns das Geld“: Christian Heidel verkaufte Okazaki für zehn Millionen Euro.
          „Holen wir uns das Geld“: Christian Heidel verkaufte Okazaki für zehn Millionen Euro. : Bild: dpa

          Sehen Sie sich im internen Wettkampf mit anderen Bundesligaklubs sogar im Vorteil als Aus- und Weiterbildungsverein, der von Transfers lebt?

          Tatsache ist, dass wir uns früher nur Talente sichern konnten, die wir zu Bundesligaspielern gemacht haben – und dann verkaufen mussten. Heute können wir uns schon junge Spieler auf Bundesliganiveau leisten – die wir dann zu guten Bundesligaspielern entwickeln. Die gehen dann auch in aller Regel nicht mehr zu Klubs auf unserem sportlichen Niveau wie zum Beispiel Bremen oder Frankfurt, sondern zu deutschen Topklubs wie jetzt Johannes Geis zu Schalke – oder eben ins Ausland. Aber dass wir vom englischen Geld besonders profitieren, das sehe ich nicht. Bastian Schweinsteiger ist mit seinen 30 Jahren für kolportierte 18 Millionen Euro zu Manchester United gewechselt. Bei aller Wertschätzung für Schweinsteiger: Das wäre in keinem anderen Land als England möglich gewesen. Wir müssen alle in Deutschland versuchen, vom englischen Geld zu profitieren.

          Und wie?

          Es ist ja heute schon so: Wenn ein Klub aus der Premier League anruft, dann holt man noch mal den Taschenrechner raus. Die Spieler werden sofort teurer. Wenn fünf Minuten später ein spanischer Klub anruft, dann müssen wir den Taschenrechner wieder einpacken. Der englische Markt hat seine eigenen Gesetze. Das müssen wir nutzen.

          Im Moment scheint es doch so zu sein: In der Bundesliga hoffen alle, dass die Engländer weiterhin ihr Geld zum Fenster rauswerfen. Aber wenn englische Klubs auch mal an Talenten interessiert sind, die sie selbst weiterbilden wollen – was dann?

          Wir haben gerade mit Besar Halimi einen Drittligaspieler von den Stuttgarter Kickers verpflichtet. Die Kickers hatten aus der zweiten englischen Liga ein Angebot von fast einer Million Euro für diesen Spieler. Aber der Junge wollte dort nicht hin. Und dass wir bei weitem keine Million für einen Spieler aus der dritten Liga zahlen, weiß jeder. Er ist dann für weniger als 400.000 gewechselt. Ich habe die Stuttgarter natürlich verstanden, dass sie ein wenig enttäuscht waren, aber das eine ist eben der englische Markt, der andere der deutsche Markt. Und der deutsche Markt gibt diese Summen nicht her.

          Wird die Bundesliga mittelfristig durch das englische Geld abgehängt?

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