Im Gespräch: BVB-Geschäftsführer Watzke : „Schalke bewegt mehr als Hoffenheim“
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Zufriedener Geschäftsführer: Hans-Joachim Watzke freut sich über en Dortmunder Aufschwung Bild: dpa
Erstmals seit sieben Jahren steht Borussia Dortmund an der Tabellenspitze der Bundesliga - ein Verdienst auch von Geschäftsführer Watzke. Im Interview spricht er über zusätzliches Geld für Traditionsklubs und den Glücksfall Klopp.
Hans-Joachim Watzke ist sei dem 15. Februar 2005 Geschäftsführer von Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA. Zuvor war der 51 Jahre alte Sauerländer Schatzmeister des Klubs, der bei dessen Amtsantritt in einer existenzgefährdenden finanziellen Krise war. 2006 trug Watzke maßgeblich zur Rettung des Klubs bei. Auch deshalb ist Borussia Dortmund derzeit Tabellenführer der Bundesliga und kann am Donnerstagabend (19 Uhr/ FAZ.NET-Europa-League-Liveticker) in der Europa League Paris St. Germain empfangen.-
Schauen Sie eigentlich noch auf den Kurs der BVB-Aktie?
Drei, vier Mal am Tag.
Das ist aber kein schöner Anblick - das Papier kommt seit Jahren nicht aus dem Keller.
Mit der Aktie von Borussia Dortmund wurde in den vergangenen sechs Monaten das erste Mal in der Geschichte Geld verdient. Während des sportlichen Aufschwungs sind teilweise eine halbe Million Aktien am Tag gehandelt worden - da haben einige Leute richtig Kasse gemacht. Die sind bei 90 Cent eingestiegen und haben für 1,40 Euro verkauft. Da steckt wieder Phantasie drin.
Borussia Dortmund hat in den vergangenen fünf Jahren 125 Millionen Euro Schulden abgebaut. Ist der Klub saniert?
Ja. Wir haben zwar noch Verbindlichkeiten in Höhe von 59 Millionen Euro, aber die betreffen im Wesentlichen die Finanzierung des Stadions. Borussia Dortmund hat wieder ein ordentliches Fundament mit komfortablen, aber nicht üppigen finanziellen Möglichkeiten. Vom Budget her stehen wir in der Bundesliga an achter oder neunter Stelle. Beim Gehaltsetat liegen wir in etwa gleichauf mit Hoffenheim, einem Klub, der aber deutlich mehr für Ablösesummen ausgeben kann. Wirtschaftlich gehören wir zu den Mittelmächten der Liga und sind wieder in der Lage, das eine oder andere zu investieren.
Wo soll es hingehen?
Wir haben uns vor allem gefragt: Was erwarten die Borussen-Fans von uns, die immer treu zu uns gestanden haben? Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir eine Mannschaft bilden müssen, die alles raushaut. Eine Mannschaft, die vor allem aus jungen Spielern besteht, weil uns das zusätzlichen Kredit beim Publikum verschafft. Außerdem ist es die einzige Möglichkeit, mit unseren Mitteln über Jahre etwas aufzubauen. Es war unser großes Glück, in Jürgen Klopp den passenden Trainer zu finden, der diesen Weg mitgeht. Das war das letzte, das entscheidende Mosaiksteinchen. Seitdem ist es immer bergauf gegangen. Aber wir dürfen jetzt auf der Basis von sieben gewonnenen Bundesligaspielen nicht glauben, wir hätten alles richtig gemacht.
Verpflichten Sie auch teure Spieler, wenn der Erfolg und damit der Mittelzufluss anhält?
Unser Kriterium ist doch nicht, dass einer billig sein muss. Wir haben für junge Abwehrspieler wie Subotic oder Hummels, von denen wir überzeugt waren, relativ viel Geld ausgegeben. Aber ein Zehn-Millionen-Euro-Transfer ist für uns nicht zu stemmen. Wir stoßen schon bei fünf Millionen an unsere Grenzen.
Es ärgert Sie schon länger, dass andere Klubs, die eine geringere Ertragskraft haben, solche Transfers locker hinbekommen, weil sie mit Geld versorgt werden, das nicht im Fußball erwirtschaftet wird?
Ich will keine Neiddebatte. Aber es muss erlaubt sein, darauf hinzuweisen, dass wir in Deutschland ungleiche Wettbewerbsbedingungen haben. Die Liga hat einen kapitalen Fehler gemacht, als sie Wolfsburg und Leverkusen, zwei Klubs, die Töchter von Dax-Unternehmen sind, einen Sonderstatus eingeräumt hat, ohne dafür eine Gegenleistung zu bekommen.
Wie meinen Sie das?
Man hätte doch sagen können: Die kriegen nur die Hälfte des Fernsehgeldes, der Rest wird in einen Solidarfonds eingezahlt. Ich glaube, keiner der beiden Dax-Konzerne hätte sich daran gestört. Die wollen doch, dass auch die Fans der anderen Klubs Aspirin schlucken oder VW fahren. Dieser Fehler ist nicht mehr zu korrigieren. Aber ich muss sagen dürfen, warum es bei uns länger dauert, wieder Erfolg zu haben, als bei solchen Vereinen.
Sehen Sie ein Korrektiv, das die Nachteile der Klubs ausgleichen könnte, die ohne einen Konzern oder einen reichen Privatmann wie Dietmar Hopp in Hoffenheim ausgleichen könnte?
Man muss sich doch fragen, von welchen Klubs die Bundesliga nachhaltig profitiert: Da gehören nicht unbedingt Wolfsburg, Leverkusen und Hoffenheim dazu. Das sind die Bayern, die sowieso über allen stehen, Schalke, Dortmund und Hamburg, aber auch Köln, Gladbach und Frankfurt. Das sind Klubs, die viele Menschen bewegen. Die müssten aus meiner Sicht für das, was sie an Input in die Liga geben, mehr belohnt werden als die Klubs, die durch einen Konzern oder eine Privatperson groß gemacht werden und deshalb Erfolg haben.