Zweitligaspiel in Düsseldorf : Wirbel um eine Geste von HSV-Trainer Walter
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Emotional an der Seitenlinie: HSV-Trainer Tim Walter in Düsseldorf Bild: dpa
Der Hamburger SV hat auf dem Weg ins Saisonfinale mit einigen Problemen zu kämpfen. Dazu sorgt Trainer Tim Walter für Diskussionen nach dem 2:2 beim Spiel bei Fortuna Düsseldorf.
HSV-Trainer Tim Walter hat mit einer angedeuteten abfälligen Geste nach dem Zweitliga-Spiel bei Fortuna Düsseldorf für Diskussionen gesorgt. Angesprochen darauf, was er zu der Bewegung sagen könne, antwortete der 47 Jahre alte Coach des Hamburger SV der ARD-„Sportschau“ ausweichend: „Überhaupt gar nichts. Die wissen schon, dass man andere Menschen auch gut behandeln sollte.“
Walter hatte sich nach dem 2:2 seiner Mannschaft in Düsseldorf am Freitagabend mit der linken Hand in die rechte Armbeuge geschlagen, die Bewegung abgebrochen und sich dann mit der rechten Hand über sein Haar gestrichen. Ein Video der Szene wurde in sozialen Netzwerken häufig diskutiert.
Nach seiner Sperre für ein Spiel stand der HSV-Trainer in Düsseldorf wieder an der Seitenlinie. Vor der Länderspielpause hatte er das Heimspiel der Hamburger gegen Holstein Kiel (0:0) von der Tribüne aus zusehen müssen. Im vorherigen Auswärtsspiel beim Karlsruher SC (2:4) hatte er wegen Lamentierens die Rote Karte kassiert. „Ich möchte das nicht mehr haben, da oben“, hatte Walter nach dem Spiel gegen Kiel über sein Leiden als Tribünengast gesagt.
HSV steht auf Relegationsrang
Einen glücklichen Eindruck machte beim HSV auch unabhängig vom Wirbel um Walter niemand. Das 2:2 bei der zuletzt starken Fortuna aus Düsseldorf löste bei Spielern und dem Trainer viel Frust und keine Freude aus. Der Punkt war zu wenig im Aufstiegskampf der zweiten Bundesliga. Dass die Düsseldorfer ebenfalls mit dem Remis haderten und ihre Ambitionen nach oben wohl begraben müssen, war auch kein Trost. „Am Ende ist es ein Unentschieden, das beiden Teams nicht hilft“, meinte Hamburgs Mittelfeld-Mann Jonas Meffert am Freitagabend.
Noch ist das HSV-Projekt Aufstieg nicht in Gefahr. Doch der Klub (50 Punkte) verharrt derzeit auf dem Relegationsplatz drei. Zwar ist der Abstand auf die dahinter liegenden Teams beruhigend, doch Darmstadt 98 (55) und der 1. FC Heidenheim haben sich auf den beiden direkten Aufstiegsplätze erst einmal festgesetzt.
Vor der Crunchtime der Saison zeigt sich mehr und mehr, wo die Problemzone der Hamburger liegt: hinten. In Düsseldorf genügte nur Torwart Daniel Heuer Fernandes höchsten Ansprüchen. Seine Vorderleute wirkten indes vor allem in der ersten Halbzeit zu oft verunsichert. „Wir müssen hinten wieder die Null reinkriegen“, forderte er. Auch Meffert klagte: „Wir führen 1:0, hatten gar keinen Druck und haben dem Gegner die Tore dann auf dem Silbertablett serviert.“ Sein Trainer Walter stellte fest: „Das ist unser momentaner Stand, dass wir Tore zu einfach verschenken.“
Das Spiel in Düsseldorf machte deutlich, wie abhängig die Abwehr von ihrem Chef Sebastian Schonlau ist. Der Kapitän setzte wegen seiner fünften Gelben Karte aus. Auch schon beim letzten Auswärtsspiel in Karlsruher war der 28-Jährige wegen einer Verletzung schmerzlich vermisst worden. Schonlau ist in der Innenverteidigung nicht zu ersetzen. Auch nicht Mario Vuskovic, der wegen seiner Sperre wegen Epo-Dopings seit Mitte November fehlt. „Ich kann Schonlau nicht aus dem Hut zaubern, ich kann Vuskovic nicht aus dem Hut zaubern“, meinte Walter, der die beiden zuletzt als „die beiden besten Innenverteidiger der Liga“ bezeichnet hatte. „Ich muss mit denen spielen, die ich habe.“
Dieses Personal kann das Duo Schonlau/Vuskovic nicht gleichwertig vertreten. In Düsseldorf ließ Walter mit Dreier- statt der von ihm sonst bevorzugten Vierer-Kette spielen. Er setzte wie erwartet Moritz Heyer und – eher unerwartet – Javi Montero in die Verteidigung. Daneben spielte noch Miro Muheim. Montero und Muheim machten die entscheidenden Fehler, die zu den Düsseldorfer Treffern führten: Beim 1:1-Ausgleich der Fortuna ließ der Spanier Dawid Kownacki (21. Minute) ungestört zum Kopfball kommen. Beim zweiten Gegentreffer durch Düsseldorfs Felix Klaus (28.) verteidigte Muheim ungeschickt.
Im nächsten Spiel am Samstag (13.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur 2. Bundesliga und bei Sky) gegen Hannover 96 werden beide fehlen: Muheim, weil er die fünfte Gelbe Karte kassierte. Montero, weil er Gelb-Rot sah (89.) – zum zweiten Mal im dritten Spiel. „Das ist schon unglaublich, zwei Gelb-Rote Karten – das kann man nicht so einfach unter den Tisch kehren“, meinte Torwart Heuer-Fernandes. Montero hatte den Vorzug vor dem jungen Jonas David erhalten, der in der Rückrunde häufig das Verteidiger-Duo mit Schonlau bildet. Doch ohne den Kapitän an seiner Seite zeigte David selbst zuletzt immer wieder Schwächen.
Der im Winter geholte Montero erwies sich bislang nicht als die erhoffte Verstärkung – und nutzte auch in Düsseldorf seine Chance nicht. „Er macht es ja nicht absichtlich. Die Mannschaft ist die Leidtragende. Er muss daraus lernen“, sagte Trainer Walter über die unglückliche Vorstellung des Spaniers. Dass die Leihgabe von Besiktas Istanbul auch über den Sommer hinaus seinen Lernprozess in Hamburg fortsetzen kann, ist unwahrscheinlich.
Immerhin kann sich Walter darauf verlassen, dass seine Mannschaft in der Offensive für Tore gut ist. Laszlo Benes' früher Treffer (5.) im Nachschuss nach einem von ihm schwach geschossenen Foulelfmeter und das Eigentor durch den Düsseldorfer Christoph Klarer (75.) bei seinem Klärungsversuch gegen Sonny Kittel waren aber die einzige Ausbeute vor 52.200 Zuschauern. Noch sind acht Spiele, um das selbst erklärte Ziel zu erreichen. Walter lobte seine Mannschaft in Düsseldorf für ein aus seiner Sicht „sehr, sehr gutes Spiel“. „Wir müssen uns mehr belohnen. Und das werden wir tun in den kommenden Wochen“, sagte der 47-Jährige. „Unser Weg geht immer nur nach vorn.“