2:1 in Hamburg : HSV schießt erstes Tor - die Eintracht gewinnt trotzdem
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Kunstschütze: Piazon hat getroffen Bild: dpa
Einen Makel ist der HSV los: Die Hanseaten haben gegen Eintracht Frankfurt ihr erstes Saisontor erzielt. Dennoch verliert der Klub und bleibt Tabellenschlusslicht.
Ein Schuss wie ein Strahl, ein Tor wie aus dem Nichts. Als sich die meisten der 47.600 Zuschauer in der Hamburger Arena wohl schon mit einem 1:1 zwischen dem Hamburger SV und der Frankfurter Eintracht arrangiert hatten, kam Lucas Piazon aus der Tiefe des Raumes. Genauer: Er nahm aus fast 30 Metern Maß und erzielte den Frankfurter 2:1-Siegtreffer in einer Art und Weise, wie man es im professionellen Fußball nicht alle Tage zu sehen bekommt.

Sportredakteur.
Am Sonntag aber war dieser Tag, an dem der Brasilianer Piazon, fünf Minuten zuvor erst in die Partie gekommen, mit einem Geniestreich unmittelbar vor Ablauf der regulären Spielzeit das Frankfurter Punktekonto mit einem Schuss schlagartig auffüllte und die Eintracht mit nun neun Zählern aus sechs Spielen auf Tabellenplatz sieben verbesserte.
Heribert Bruchhagen kritisierte zwar nach der Partie, „dass wir im Mittelfeld ohne Präzision gewesen sind“. Doch wegen des Sonntagsschusses am Hamburger Fußball-Sonntag konnte der glückliche Vorstandschef der Frankfurter Eintracht nur erstaunt feststellen: „Das passiert im Fußball, dass man solch ein Spiel gewinnt.“ Es dauerte noch nicht einmal zwei Minuten, da hatte Felix Wiedwald schon das erste Ausrufezeichen gesetzt. Der Hamburger Nicolai Müller wollt mit einem Drehschuss aus kurzer Distanz den Eintracht-Keeper überwinden. Doch der bisherige Ersatzmann, seit diesem sechsten Bundesliga-Spieltag zumindest einstweilen wegen der Verletzung von Kevin Trapp die neue Frankfurter Spitzenkraft zwischen den Pfosten, reagierte prächtig.
Das tat der 24 Jahre alte Norddeutsche im Team der Hessen auch in der Folgezeit, in der der HSV zwar mehr Spielanteile besaß, aus seiner vermeintlichen Überlegenheit aber nichts Substantielles machte. Und ein Tor erzielte die harmloseste Mannschaft der Liga zunächst schon gar nicht. Die Eintracht kümmerte sich aber auch darum, gegen den HSV nicht zu viel zuzulassen. Als die Hamburger dann doch einmal vor dem Frankfurter Tor auftauchten, konnten sie an Wiedwald verzweifeln. Der zeigte auch in der 27. Minute seine Klasse, als er einen Kopfball von Cleber parierte und dabei von seinem vorzüglichen Stellungsspiel profitierte. „Felix hat unser Vertrauen absolut gerechtfertigt“, lobte Eintracht-Trainer Thomas Schaaf später.
Führung vor der Pause
Zwei Minuten zuvor hätte die Eintracht mit etwas mehr Fortüne schon in Führung gehen können, doch dem aufgerückten Rechtsverteidiger Timothy Chandler fehlte bei seinem Vorstoß in den Strafraum die letzte Kraft. Besser machte es Chandler, als er unbedrängt auf dem rechten Flügel davonzog, kurz aufblickte und in die Hamburger Gefahrenzone passte. Dort stand Haris Seferovic und hatte keine Mühe, für die Eintracht zum 1:0 einzuschießen (44.).
Die Frankfurter Führung hielt bis zur 58. Minute, dann passierte Wundersames: Der HSV erzielte tatsächlich ein Tor. Müller war es, der, bestens freigespielt, Wiedwald keine Abwehrchance ließ. Der Ausgleich war zu diesem Zeitpunkt für die Hamburger mehr als verdient.
Das Publikum wurde deutlich lauter. HSV-Trainer Josef Zinnbauer sprach später davon, „dass uns die Fans wahnsinnig nach vorne gepeitscht haben“. Und die Eintracht war in der Folge darauf bedacht, den Punktgewinn zu sichern.
Wiedwald im Blickpunkt
Der Druck, dem sich die Eintracht nach dem Ausgleichstreffer ausgesetzt sah, erhöhte sich weiter. Folgerichtig geriet Wiedwald noch mehr in den Blickpunkt. Doch selbst als der Torwart wegen Abstimmungsproblemen mit Bamba Anderson kurz zögerte und nicht weit genug aus seinem Tor kam, ließ er sich nicht überlisten. In Bedrängnis schoss Pierre-Michel Lasogga dem Frankfurter Schlussmann den Ball genau in die Arme (76.).
Vier Minuten später fehlte Seferovic bei einem Entlastungsangriff die Präzision; sein Schuss strich weit am Hamburger Tor vorbei. Schaaf brachte nochmals frisches Personal und hatte Glück mit einer Einwechslung, die den Wendepunkt der Partie markierte. Piazon nämlich erzielte in der 90. Minute das Tor seines Lebens. Direkt und mit einer unglaublichen Chuzpe verwandelte er einen Freistoß aus dreißig Metern. Schaaf hatte dem 20 Jahre alten Brasilianer diesen Kunstschuss durchaus zugetraut, denn „sehr zufrieden“ sagte er nach dem ersten Auswärtssieg der Saison: „Dieses Tor ist kein Zufall. Lucas kann das. Er hat die Qualität, und schon als er sich die Kugel zurechtgelegt hatte, habe ich an viele Aktionen im Training gedacht, wo er es genauso macht.“ Bei allem Können: Eine gehörige Portion Glück war auch mit im Spiel, in dem Piazon für den Aufreger des Tages sorgte.