Plakat in Sinsheim : Profis stellen Spiel nach Eklat im Bayern-Block ein
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Die Spieler lassen die Zeit in den letzten Minuten einfach herunterlaufen. Bild: dpa
Das Münchner 6:0 in Hoffenheim gerät zur Nebensache. Einige Idioten beleidigen Mäzen Dietmar Hopp und sorgen für einen Eklat. Die Partie endet auf bemerkenswerte Weise – und wird ein Nachspiel haben.
Es war ein Spiel, wie es die Bundesliga noch nie erlebt hat. Es wäre schon rein sportlich ein ziemlich unvergleichliches gewesen, in dem es nach einer Gala des FC Bayern nach 77 Minuten 6:0 für den Meister in Hoffenheim stand. Doch einmalig wurden dann die letzten 13 Minuten, in denen die 22 Spieler nach zweimaliger Unterbrechung wegen Diffamierungen des Hoffenheimer Mäzens Dietmar Hopp durch eine Gruppe Münchner Fans ihrem Protest gegen die Idioten auf den Rängen durch ihre Fußballverweigerung Ausdruck gaben. Die Partie, die beim abermaligen Ausrollen der Hass-Transparente von Schiedsrichter Christian Dingert abgebrochen worden wäre, beendeten sie auf dem Platz stehend, plaudernd, sich den Ball zupassend, unabhängig von der Trikotfarbe.
Das geschah unter dem Beifall von Hopp, der sich mit Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge an die Seitenlinie gestellt hatte, und dem Applaus der Heimfans und des vernunftbegabten Teils der Bayern-Fans. „Ich schäme ich zutiefst für diese Chaoten und habe mich bei Dietmar Hopp auch entschuldigt, aber es gibt eigentlich nichts zu entschuldigen. Das, was hier passiert, ist nicht entschuldbar.“, sagte Rummenigge, der ein scharfes Vorgehen ankündigte: „Wir haben alles mitgefilmt und werden die Leute zur Rechenschaft ziehen.“
Mitte der zweiten Hälfte entrollten Fans der Bayern erstmals Transparente, auf denen, wie es zuletzt auch durch Heimfans in Mönchengladbach geschehen war, Hopp aufs übelste diffamiert wurde. Während der folgenden Unterbrechung rannte Trainer Hans-Dieter Flick aufgebracht zum Fanblock, während der Vorstandsvorsitzende Rummenigge den erschüttert wirkenden Hopp zu trösten versuchte. Bei der zweiten Unterbrechung liefen Thomas Müller und andere Spieler in die Kurve, auch Oliver Kahn ermahnte die Fans, die Hass-Äußerungen zu unterlassen.
Der Schiedsrichter ließ über die Stadionlautsprecher mitteilen, dass bei einem dritten Mal das Spiel abgebrochen würde. Dazu kam es nicht, das Spiel ging zu Ende – ohne dass noch gespielt wurde. DFL-Chef Christian Seifert sagte: „Alle Beteiligten – Spieler, Schiedsrichterteam und die Verantwortlichen von Bayern München und der TSG Hoffenheim sowie sehr, sehr viele Stadionbesucher – haben in dieser Situation vorbildlich gehandelt und damit ein klares Signal an einige selbsternannte Herrscher über die Fußball-Kultur gesetzt, derartige Entgleisungen nicht mehr zu dulden.“
Nach dem Spiel waren die Spieler der Bayern vor die Fankurve der Hoffenheimer gegangen und bedankten sich für deren Unterstützung. „In unsere Kurve ist keiner gegangen und das war keine Anweisung von irgendjemand bei Bayern München. Die Spieler haben selbst entschieden: Das ist etwas, was wir nicht tolerieren und dafür stehen wir nicht zur Verfügung“, sagte Rummenigge.
Die Verantwortlichen der Bayern hatten offenbar schon vor dem Spiel Hinweise darauf erhalten, dass es bei dieser Partie zu Beleidigungen kommen würde. „Wir haben sie (die Fans) gewarnt. Wir haben ja eine Fanclub-Abteilung, die in gewissem Austausch mit den Gruppierungen ist“, sagte Rummenigge: „Es war eine offensichtlich abgestimmte Kampagne innerhalb der Bundesliga. Es gibt Klubs, die sich leider wie unsere Fans daran beteiligt haben. Das ist eine Kampagne gegen die Kollektivstrafe, wie es geheißen hat.“
Ein Nachspiel ist diesem Spiel sicher. Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) wird Anfang der kommenden Woche ein Ermittlungsverfahren einleiten. Rummenigge sagte schon in Sinsheim: „Die ganze Bundesliga, die DFL und der DFB müssen zusammenstehen und gegen diese Chaoten vorgehen. Das war das hässliche Gesicht von Bayern München. Dafür gibt es keine Entschuldigung.“
Der Fußball geriet so in den Hintergrund. Dabei hatten sich die Bayern auch ohne den verletzten Torjäger Robert Lewandowski von der besten Seite gezeigt. Tore durch Serge Gnabry (2. Minute), Joshua Kimmich (7.), Jonathan Zirkzee (15.), Philippe Coutinho (33./46.) und Leon Goretzka (62.) illustrierten eine Demonstration des Meisters, der zeigte, dass er für die voraussichtlich vier Wochen ohne Lewandowski gut aufgestellt scheint – auch dank der mutigen Entscheidung von Trainer Flick, im Sturmzentrum den erst 18-jährigen Zirkzee aufzubieten. Aber das bleibt nicht in Erinnerung. „Wir sind alle sehr enttäuscht. Was passiert ist, ist so traurig und auch so schade“, sagte der Hoffenheimer Trainer Alfred Schreuder (Trainer TSG Hoffenheim). „Es tut mir sehr leid für Dietmar Hopp.“