Watzke auf F.A.Z.-Kongress : „Freier Eintritt beim Pokal-Finale“
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„Die Bundesliga-Plazierung ist das A und O, die uns alle nervt“: Hans-Joachim Watzke Bild: Lucas Bäuml
Hans-Joachim Watzke hofft auf geimpfte Fans beim Endspiel des DFB-Pokals. Zudem spricht der BVB-Geschäftsführer über die Bundestrainer-Suche – und kann die Forderungen nach Demut des Fußballs nicht mehr hören.
Der Geschäftsführer des Fußball-Bundesligavereins Borussia Dortmund, Hans-Joachim Watzke, kann sich eine Rückkehr der Zuschauer in die Stadien bereits zum DFB-Pokalfinale Mitte Mai in Berlin vorstellen. Das sagte der 61 Jahre alte Fußballfunktionär beim F.A.Z.-Kongress „Zwischen den Zeilen“ am Freitag in Frankfurt. Das Endspiel könnte eine Art „Pilotprojekt“ sein, bei dem gegen Corona geimpfte Zuschauer, die heldenhaft in der medizinischen oder sozialen Betreuung gearbeitet hätten, kostenlos eingelassen werden sollten: „Das wäre eine coole Nummer. Es spricht nichts Nennenswertes dagegen.“ Das Finale wird am 13. Mai ausgetragen.
Watzke, der wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und weitere Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur zu den Podiumsgästen gehörte, legte im Gespräch mit F.A.Z.-Sportredakteur Michael Horeni Wert darauf, dass er keine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ schaffen wolle zwischen einem bereits geimpften Teil der Bevölkerung und denjenigen, die weiterhin auf eine Impfung gegen das Virus warteten. Für das Finale in Berlin schweben ihm zwischen 10.000 und 15.000 Fans vor.
Eine Rückkehr der Zuschauer in die Stadien wäre für Watzke zudem aus drei Gründen wünschenswert: „Erstens wäre es eine schöne Geste, zweitens würde es der Atmosphäre unglaublich gut tun. Und drittens würde es die Gesellschaft wieder etwas zusammenbringen. Deshalb müssen wir über solche Dinge sprechen.“ Man müsse sich auch fragen, ob mit zunehmendem Verlauf der Impfkampagne in Deutschland nicht doch „Geimpften irgendwann einmal ein paar ihrer originären Rechte“ zurückgegeben werden sollten.
„Das ist doch ein Horrortrip“
Für die nächste Saison in der Bundesliga rechne Borussia Dortmund wieder mit Zuschauern im eigenen Stadion, dem größten in Deutschland. Er persönlich hoffe, dass ein Großteil der Bevölkerung bis August geimpft sei, sagte Watzke. Bei jedem Heimspiel ohne Zuschauer verliere der BVB rund vier Millionen Euro, auf diese Saison hochgerechnet rund 100 Millionen Euro. „Wenn man halbwegs den Lieferzusagen (für die Impfstoffe, d. Red.) glauben kann und wenn man die Hoffnung hat, dass wir das managementmäßig hinbekommen, dann wäre es krank, nicht mit Zuschauern für die nächste Saison“ zu planen. Es sei der richtige Zeitpunkt in der Krise, Mut zu zeigen.
Dass das deutsche Publikum in der Pandemie das Interesse am Fußball verloren haben könnte, schloss Watzke zumindest für seinen Verein aus. Die derzeitigen Einschaltquoten und das weiterhin große Interesse an Dauerkarten würden einer solchen Vermutung aus Sicht von Borussia Dortmund widersprechen. „Ob das in der Bundesliga überall in diesem Maße so bleiben wird, da bin ich auch nicht sicher“, fügte Watzke hinzu.
Beim Gespräch unter dem Motto „Geisterspiele und kein Ende: Stürzt König Fußball vom Thron?“ schloss der Sauerländer die Rückkehr von Jürgen Klopp nach Deutschland als Bundestrainer auf „absehbare Zeit“ aus. „Das halte ich für ausgeschlossen. Was danach ist, weiß ich nicht. Jürgen braucht die tägliche Arbeit, zwei, dreimal wöchentlich den Adrenalinkick.“ Watzke kann sich Ralf Rangnick als Nachfolger von Joachim Löw vorstellen, der in dieser Woche erklärt hatte, mit Ende der EM im Sommer vom Amt zurückzutreten. „Rangnick ist sicherlich ein sehr guter Trainer“, sagte Watzke, „gar keine Frage. Er ist bereit und eine Alternative, und zwar eine gute.“
Klopp, der von 2008 bis 2015 Trainer in Dortmund gewesen war, hatte kurz nach Löws Rücktrittsankündigung bereits erklärt, dass er seinen bis Sommer 2024 gültigen Vertrag beim FC Liverpool erfüllen wolle. „Ich glaube, dass etwas anderes derzeit auch nicht sein Plan ist.“ Im vergangenen Jahr, als die Nationalmannschaft zwischen zwei Länderspielen mehrere Monate Pause gehabt hatte, habe ihm Löw „fast schon leidgetan“, so Watzke. „Wer in seinem Job aufgeht und neun Monate Pause hat, stellen Sie sich das doch mal vor. Das ist doch ein Horrortrip“.
Vehement wehrte sich Watzke gegen den Eindruck, der Profi-Fußball sei nicht so demütig, wie er das von sich behaupte. Er könne den Vorwurf nicht mehr hören. „Das ist Unfug. Der Fußball ist ein Abbild der Gesellschaft, nicht besser und nicht schlechter.“ Die Wiederaufnahme des Bundesligabetriebes im Mai vergangenen Jahres verglich Watzke mit „Millionen anderer Menschen, die auch ihren Beruf ausübten“. Er räumte ein, dass der Profi-Fußball gegenüber anderen, kleineren Sportarten privilegiert sei, weil er sich dank der TV-Einnahmen ein kostenintensives Hygienekonzept leisten kann. „Aber sollten wir nicht spielen, weil Randsportarten nicht ausgeübt werden können? Ich denke, Millionen sind ganz froh, dass sie die Bundesliga schauen können.“