Keine Überraschung: Boateng, Lewandowski und der FC Bayern sind einmal mehr Deutscher Fußball-Meister. Bild: Reuters
Ein brillanter Moment von Boateng und Lewandowski beschert den Bayern das 1:0 bei Werder Bremen. Der achte deutsche Meistertitel in Serie ist am Ende ein hartes Stück Arbeit.
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Toll fand er das nicht, was er von seiner Mannschaft sah – das war Hansi Flick anzusehen. Und man hörte es auch gut im leeren Weserstadion. Doch wer will ernsthaft meckern nach diesem 1:0-Sieg des FC Bayern München am Dienstagabend in Bremen? Der knappe Erfolg dank Robert Lewandowskis Tor in der 43. Minute brachte den Bayern ihren 24. Saisonsieg und die noch benötigten Punkte zum achten deutschen Meistertitel nacheinander.
Dass Bremen ein starker und zäher Gegner war und den am Ende zehn Münchnern – nach Gelb-Rot gegen Davies in der 79. Minute – das Leben sehr schwermachte, ließ den Titel an diesem Abend vielleicht sogar noch ein bisschen süßer schmecken.
Am 2. November 2019 hatte der FC Bayern 1:5 gegen Eintracht Frankfurt verloren und Niko Kovac musste gehen. Assistent Flick wurde zum Cheftrainer befördert und machte fortan vieles richtig – von der Personalauswahl über den öffentlichen Auftritt bis zur Taktikwahl. Vollends souverän brachten die Bayern die acht Partien nach der Corona-Pause hinter sich: acht Bundesliga-Siege. Werder bleibt dagegen zuhause ein Zwerg, mit nur einem Sieg, hat aber in Mainz und gegen Köln die Chance, den Abstieg noch abzuwenden.
Man hat es gefühlt tausendmal gesehen, und wenn es dann passiert, denkt man sich: typisch Bayern. Als Flick sich nicht nur wegen des strömenden Regens unter das schützende Dach der Auswechselbank zurückgezogen hatte, nutzte seine Mannschaft die erste Unaufmerksamkeit der Bremer in dieser an sich guten ersten Halbzeit aus Sicht der grün-weißen Abstiegskämpfer. Jerome Boateng chippte den Ball in den Strafraum, wo Lewandowski freistehend an Jiri Pavlenka vorbei zur Münchner Führung einschoss. Es war das 31. Saisontor des Polen.
Warum „typisch Bayern“? Weil sie zuvor gegen harte und entschlossene Bremer kaum etwas zustande gebracht hatten. Werder verwickelte den Gegner wie in allen Heimspielen seit der Leverkusen-Pleite zu Beginn der Corona-Spiele in unzählige Zweikämpfe. Nervig sind diese Bremer, lästig, immer am Mann, auf Zerstörung aus. Das ist nicht hübsch anzusehen, muss in dieser schwierigen Phase aber schon allein deshalb erlaubt sein, damit sich Trainer Florian Kohfeldt nicht vorwerfen lassen muss, den Abstieg durch Schönspielerei verursacht zu haben.
An diesem Dienstagabend kamen die Bremer – ganz altmodisch gesprochen – über den Kampf ins Spiel. Ein, zwei Mal lief der Ball sehenswert durch ihre Reihen, weil Leo Bittencourt und Marco Friedl gut die Seiten hielten und einige Hereingaben in den Bayern-Strafraum loswurden. Das war schon mehr als Befreiung, das war Spiel auf ähnlichem Niveau, denn den großen Druck, den entfachten die Münchner nicht. So war es Maximilian Eggestein, der mit seinem Schuss aus 20 Metern nah am ersten Tor war; Davy Klaassen hatte wenig später eine ganz gute Chance. Werder biss sich in diese Partie, und die Schnelligkeit des wieder fitten Milot Rashica tat dem Bremer Spiel natürlich gut.
Bei Flicks Team war die Ballzirkulation zu langsam, so dass Werder nach Ballverlusten schnell wieder hinter den Ball kam und umsichtig verteidigte – so viel war das zugleich nicht, weil Coman, Gnabry und Thomas Müller zunächst wenig anboten. Dass die Bayern die Meisterschaft an diesem Abend wie angekündigt unbedingt klarmachen wollten, war nicht zu sehen – was auch an Werder lag. Dann kam ein Freistoß für die Münchner nach einem Foul, das Kohfeldt nun überhaupt nicht gesehen hatte – worauf er Schiedsrichter Harm Osmers dann später auf dem Weg in die Kabine entsprechend aufmerksam machte. Was zunächst wie abgewehrt wirkte, wurde durch Boatengs schönen Ball zu einer Großchance für Lewandowski, die dieser wie selbstverständlich nutzte.
Nach der Pause steigerten die Bayern den Ballbesitz, hatten alles im Griff, allerdings ohne die Angriffe mit der letzten Entschlossenheit auszuspielen. Werder warf alles rein, durch die Gelb-Rote Karte gegen Alphonso Davies – der sich schon nach 19 Minuten über Rot nicht hätte beschweren können – wurde es noch richtig hektisch. Werder hielt die Partie zum Ende hin offen, in der 90. Minute parierte Manuel Neuer einen Kopfball von Osako mit den Fingerspitzen. Auch Claudio Pizarro war für die letzten Minuten gekommen, musste dann aber doch nur dem alten, neuen Meister gratulieren.
Flick verfolgte die letzten zehn Minuten dieser Partie energisch coachend an der Seitenlinie – weil seine Mannschaft das zweite Tor verpasst hatte, blieb es auf dem Weg zur 30. Meisterschaft der Bayern spannender als gedacht.