Geplatzter Investoren-Plan : Ein Votum mit Sprengkraft
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Fans in München zeige ihren Protest gegen das Investoren-Vorhaben der DFL. Bild: dpa
Vollbremsung im Reformprozess: Der Einstieg eines Investors bei der Deutschen Fußball Liga ist geplatzt. Die Macher des Plans zeigen sich zerknirscht und warnen vor den Folgen.
Niedergeschlagen und ziemlich desillusioniert wirkten Hans-Joachim Watzke, Axel Hellmann sowie Oliver Leki, während sie am Mittwochnachmittag in ihrer Funktion als Präsidiumssprecher und Interimsgeschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) eine schwere Niederlage erklären mussten. Monatelang hatten die drei Funktionäre gemeinsam mit Vereinsvertretern, Banken und mit Unternehmen aus der Private-Equity-Branche an der Zukunft des deutschen Klubfußballs gearbeitet, „dieser Prozess ist mit dem heutigen Tag zu Ende“, sagte Watzke. Die 36 Vereine der ersten und zweiten Bundesliga hatten nicht mit der nötigen Zweidrittelmehrheit dafür gestimmt, einen Verkauf von 12,5 Prozent der noch zu gründenden DFL-Tochter „DFL MediaCo GmbH & Co. KGaA“, in die die nationalen und internationalen Medienrechte ausgelagert worden wären, zu forcieren.
Bis zu zwei Milliarden Euro sollten die interessierten Private-Equity-Unternehmen dafür bezahlen, von denen dann 750 Millionen Euro in gemeinschaftliche Entwicklungsprojekte wie eine digitale Abspielplattform zur weltweiten Verbreitung von Bundesligainhalten geflossen wären. Die übrigen bis zu 1,25 Milliarden Euro wären – teilweise zweckgebunden – an die Klubs gegangen. 20 der 36 Vereine stimmten für das Geschäft mit den Investoren, elf dagegen, fünf enthielten sich.
Dabei hatte Hellmann in der Debatte zuvor „einen absoluten Konsens gespürt, dass es einen Investitionsbedarf gibt, das hat keiner kritisiert, auch nicht diejenigen, die heute nicht zugestimmt haben“, wie der Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt sagte, der sich nun vom 1. Juli an wieder ganz auf die Arbeit bei seinem Klub konzentrieren kann. „Das ist schon vom Abstimmungsverhalten, vom Herangehen an so ein Thema erstaunlich“, fuhr Hellmann fort. „Man kann ja nicht der Meinung sein, es gibt einen Bedarf und dann beendet man das.“
Wirkung auf Kultur des Bundesligalebens
Wer jedoch den Kritikern zugehört hatte, muss nicht unbedingt staunen. Es hatte viele Vorbehalte gegen das Konzept der „Arbeitsgemeinschaft Zukunftsszenarien“ gegeben, die Hellmann, Leki und Watzke nie komplett entkräften konnten. Fans trieb zuallererst die Sorge, dass ein Investor die Kultur des Bundesligalebens beeinflussen könnte, etwa durch eine weitere Zersplitterung der Spieltage. Das schlossen die Verantwortlichen zwar kategorisch aus; dass die Klubs einem Dauerdruck des Geldgebers, der über ein „Begleitboard“ auf viele Entscheidungen hätte einwirken können, 20 Jahre standhalten würde, konnte aber niemand garantieren. Dieses Thema hatte vor allem Fanvertreter bewegt, die das Votum nun begrüßten.
Etliche Klubvertreter hatten zudem mit der Ausgestaltung des Topfes mit den Geldern für die Vereine und der Verteilung dieser Mittel gehadert, die zum Zeitpunkt der Abstimmung nur in vagen Umrissen erkennbar war. Leki und Hellmann hatten erläutert, dass die Ausschüttungen an den aktuell gültigen Schlüssel zur Verteilung der TV-Gelder angelehnt sein sollten, was nach Ansicht etlicher Beteiligter dem Wettbewerb geschadet hätte. Damit würden die derzeitigen Macht- und Wettbewerbsverhältnisse zementiert werden, sagten Kritiker. Zudem gab es die Sorge, dass die Abstände zwischen erster und zweiter Liga und vor allen Dingen zur dritten Liga weiter wachsen.
Die mehrfach von Hellmann und Leki vorgetragenen Ansätze, solche Effekte einzudämmen, waren offenbar nicht überzeugend genug. „Das Ergebnis und die kontroversen Debatten zeigen, dass es noch viel Klärungsbedarf und zu viele offene Fragen gab“, sagte Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli und Mitglied im DFL-Präsidium. Er warb dafür, nach dem gescheiterten Vorstoß, neue Wege zu suchen. „Wir müssen erst eine klare Strategie entwickeln, gemeinsam und konstruktiv – und dann können wir diese gezielt finanzieren, um unsere klar definierten Ziele zu erreichen.“
Watzke allerdings sprach in Frankfurt mit dem Ton bitterer Ironie: „Es wird konstruktive Vorschläge geben, wie es weitergeht, da bin ich sehr, sehr überzeugt.“ Der Geschäftsführer von Borussia Dortmund kündigte an, dass er bei der Umsetzung einer Idee des 1. FC Köln seinen Posten bei der DFL räumen werde. Die Rheinländer werben dafür, die Modernisierung durch einen Kredit zu finanzieren, was Watzke für „ein desaströses Zeichen“ hielte. Weil dann die gesunden Großklubs auch für miserabel wirtschaftende und mitunter am Rande der Insolvenz wankende Vereine mithaften müssten. Außerdem habe er sich in seiner Anfangszeit als Geschäftsführer beim damals finanziell angeschlagenen BVB „von Gläubigern demütigen lassen“, das wolle er nicht noch einmal erleben, während Hellmann vor einer „Asymmetrie in der Risikoverteilung“ warnte, die ein Fremdkapitalmodell zur Folge hätte.
In jedem Fall steht der deutsche Fußball nach diesem Tag nicht nur unter Schock, sondern auch vor einer ungewissen Zukunft, in der sogar ein ernster Konflikt zwischen den Ligen droht. Die zehn Gegenstimmen kamen mehrheitlich aus dem Unterhaus. „Es sollte in der nächsten Zeit niemand mehr mit Solidaritätsthemen kommen“, sagte Watzke. Aus der Bundesliga werden nicht nur er, Hellmann und Leki ziemlich verärgert sein