Sechs Tore gegen 1. FC Köln : Furioser BVB spielt wie entfesselt
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Der BVB grüßt von ganz oben: Zumindest für den Moment ist Dortmund Tabellenführer der Bundesliga. Bild: EPA
Ein schwarz-gelbes Fußballfest in Dortmund: Die Borussia lässt dem 1. FC Köln nicht den Hauch einer Chance und siegt souverän. Damit verdrängt der BVB den FC Bayern von der Tabellenspitze der Bundesliga.
Offenbar hatten die Anhänger des 1. FC Köln geahnt, dass es eine gute Idee sein könnte, diesen Bundesliganachmittag in einem Nebel des Vergessens verschwinden zu lassen, jedenfalls waren sie gut ausgestattet für dieses Vorhaben. Mit lediglich kleinen Unterbrechungen brannten praktisch 90 Minuten lang bengalische Feuer in der Gästekurve, deren Rauch den Blick auf ein Fußballspiel verschleierten, in dem es kaum Erfreuliches zu sehen gab für die Kölner.
Mit einer schmerzlichen 6:1-Niederlage mussten sie zurück ins Rheinland reisen, während die Dortmunder das nächste Fest feiern konnten. „Das war ein rundum verdienter Sieg, wir haben sehr früh die Weichen gestellt, gut angefangen, hatten eine gute Kontrolle über das Spiel“, sagte Kapitän Marco Reus und Trainer Edin Terzic ergänzte: „Im Bereich der Effizienz haben wir einen richtig guten Schritt in die richtige Richtung gemacht.“
Tatsächlich wirkte dieser Auftritt wie ein Frühjahrsspaziergang mit ausgeprägtem Wellnessfaktor für die Dortmunder. Nach 36 Minuten führten sie mit 4:0, und die Mannschaft tankte vor dem Clash beim FC Bayern am nächsten Spieltag viel Selbstvertrauen. Gerade Spieler, die zuletzt nicht immer überzeugten, durften sich bejubeln lassen: Mahmoud Dahoud, der für den gesperrten Emre Can ins Team rückte, spielte so stark wie seit Monaten nicht, und mit Donyell Malen sowie Sébastien Haller trafen mal wieder Offensivspieler, die lange auf Tore gewartet hatten. Außerdem eroberte der BVB für eine Nacht den ersten Platz, und nicht zuletzt verzauberte Raphael Guerreiro das Publikum.
Guerreiro mit beeindruckender Bilanz
Der Rechtsverteidiger, der auf ein Vertragsangebot von den Dortmundern wartet, kam wie schon in der Woche zuvor beim 2:2 auf Schalke im offensiven Mittelfeldzentrum zum Einsatz und spielte wie in Gelsenkirchen brillant. Im Revierderby hatte der 29 Jahre alte Portugiese ein Tor geschossen und den zweiten Treffer vorbereitet, nun kamen die Vorlagen zu Hallers 2:0 (17.) und zu Marco Reus' 3:0 (32.) hinzu, nachdem er das 1:0 (15.) selbst erzielt hatte. Eine Serie von fünf Scorerpunkten in zwei Partien sind wahrlich eine beeindruckende Bilanz.
Begünstigt war dieser einfache Sieg aber auch vom völlig missglückten Auftritt der Kölner, die derzeit ihre bislang schwierigste Saisonphase überstehen müssen. „Alles“ sei an diesem Abend schief gegangen, sagte Trainer Steffen Baumgart, „wir haben heute den Arsch vollgekriegt, das ist einfach so, damit müssen wir jetzt umgehen.“ Aus den zurückliegenden sechs Partien hat der FC damit nur einen Punkt erspielt, und weil die Klubs aus den Tiefen der Tabelle regelmäßig Spiele gewinnen, rückt die Abstiegszone immer näher. Immerhin haben sie ihre Phase von mehr als vier Partien ohne eigenes Tor beendet, Davie Selke gelang das zwischenzeitliche 4:1 für den FC (42.).
Mancher kühne Fan mag in diesem Moment an das unvergessene 4:4 der Dortmunder gegen Schalke 04 aus dem Jahr 2017 gedacht haben, als der BVB ebenfalls mit 4:0 geführt und kurz vor der Pause ein Anschlusstor zugelassen hatte. Aber die Dortmunder Mannschaft dieser Saison ist einfach zu stabil für einen derartigen Einbruch, und spätestens nach Hallers zweitem Treffer des Abends zum 5:1 war dieses Gedankenspiel obsolet (69.). Damit gab der Stürmer eine passende Antwort auf die zuletzt aufkommende Kritik an seinen Leistungen.
Besonders wirkungsvoll hatte Haller tatsächlich nicht gespielt in den vergangenen Wochen, was wohl immer noch eine Folge der Krebserkrankung war, die im vergangenen Sommer diagnostiziert und mit einer Operation sowie vier Chemotherapien behandelt wurde. Das ändert aber nichts daran, dass der BVB einen funktionierenden Torjäger braucht, um den Meistertraum zu verwirklichen, der an diesem Abend neuen Treibstoff erhielt. Reus gelang noch das 6:1 und löste damit Michael Zorc in der ewigen Dortmunder Torjägerliste ab, 161 Pflichtspieltore für den BVB stehen nun in der Bilanz des Kapitäns. Nur Adi Preißler hat noch mehr Tore für diesen Klub geschossen.
Und als es auf dem Rasen tatsächlich um nichts mehr ging, verbrüderten sich die Dortmunder und die Kölner Anhänger und sangen gemeinsam: „Zieht den Bayern die Lederhosen aus.“ Denn nach der Länderspielpause reisen die Dortmunder zum großen Duell mit dem Rekordmeister nach München.
Diese fürs Titelrennen wohl wegweisende Partie kommt zu einem passenden Moment für die Dortmunder. Zwar mussten sie das Ausscheiden aus der Champions League verkraften, aber in den zehn Bundesligapartien seit Weihnachten haben sie 28 von 30 möglichen Punkten gesammelt. Und wenn der FC Bayern am Sonntagnachmittag in Leverkusen verlieren sollte, wäre der BVB erstmals seit 2019 wieder am Ende eines Spieltages Tabellenführer.