Bundesliga-Relegation : Hoffenheim löst die Sache nach Standard-Methode
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Geschafft! David Abraham (Mitte) köpft das 1:0 für Hoffenheim , später macht Vestergaard (2.v.r.) den Klassenverbleib klar Bild: REUTERS
Die Bundesliga ist wieder vollzählig: Als letzter Klub sichert sich Hoffenheim ein weiteres Jahr Erstklassigkeit. In der Relegation setzt sich der Bundesliga-Drittletzte gegen den Zweitliga-Herausforderer Kaiserslautern durch.
Von allen letzten Prüfungen, die man sich denken kann, gehörte diese gewiss zu den unangenehmsten. Ein Spiel um alles oder nichts auf dem Betzenberg, das ist bei aller Abgebrühtheit, die man sich als Fußballprofi so aneignet, eine Form von Nervenkitzel, die es in sich hat. Und die man erlebt haben muss, um wirklich zu wissen, wovon man redet.

Sportredakteur.
Wer dabei so kühlen Kopf behält wie die TSG Hoffenheim am Montagabend und dabei sogar den Rückschlag eines verschossenen Elfmeters überwindet, der darf sich dann völlig zu Recht das Prädikat „bestanden“ dick ins Abschlusszeugnis setzen lassen. Das 2:1 im Relegations-Rückspiel beim 1. FC Kaiserslautern brachte der Mannschaft von Markus Gisdol nach dem 3:1 aus dem Hinspiel am Donnerstag tatsächlich das vor gar nicht so langer Zeit für nahezu unmöglich gehaltene Traumergebnis ein: den Verbleib in der deutschen Eliteklasse. David Abraham (44. Minute) und Jannik Vestergaard (74.) erzielten die Tore für die Hoffenheimer, die sich über beide Spiele verdient durchsetzten, weil sie einfach über die weit größeren spielerischen Mittel verfügen und sich unter Trainer Markus Gisdol auch mental so stabilisiert haben, dass sie dem Abstiegskampf gewachsen waren. „Wir waren sehr fokussiert und wussten, was uns hier erwartet“, sagte Gisdol. „Wir sind über die zwei Spiele der verdiente Sieger.“
Bei den vorbildlich rackernden aber alles in allem zu harmlosen Lauterer hatte Alexander Baumjohann mit seinem Ausgleichstor noch einmal für Hoffnung bei gesorgt (65.) - mehr war aber war für den Zweitliga-Dritten bei aller frenetischen Unterstützung des Publikums nicht drin. „Wir haben wieder zwei Standardtore bekommen und es vorne nicht geschafft, uns Chancen herauszuspielen“, sagte FCK-Kapitän Albert Bunjaku. „Das ist ganz bitter für den Verein und unsere Fans.“
Die Hoffenheimer hätten das Ärgste sogar schon früher hinter sich bringen können: als Sejad Salihovic in der 38. Minute zum Elfmeter antrat. Doch anders als am letzten Ligaspieltag, an dem Salihovic gleich in doppelter Ausführung vom Punkt getroffen und damit den 2:1-Sieg in Dortmund ermöglicht hatte, saß sein Schuss diesmal nicht. Salihovic fand mit seinem durchaus ordentlichen Versuch seinen Meister in Lauterns Torwart Tobias Sippel. Und mit dem Ur-Schrei, der sich daraufhin auf den Rängen des Fritz-Walter-Stadions entlud, schien für ein paar Minuten tatsächlich alles möglich.
Doch nach Abrahams Tor zum Hoffenheimer 1:0 kurz vor der Pause standen die Zeichen recht eindeutig auf Vorteil für den Bundesliga-Sechzehnten.
Jederzeit hitzig
Die erste Hälfte bot so ziemlich das Spiel, das man erwarten durfte. Die Lauterer betrieben erheblichen Aufwand, um - möglichst frühzeitig - zu einem Wirkungstreffer zu kommen. Dabei aber sprang, wie schon im Hinspiel, trotz aller Mühen nicht allzu viel heraus. Lediglich ein Plus an Eckbällen konnte Fodas Mannschaft für sich verbuchen.
Natürlich ging es jederzeit hitzig zur Sache, und Schiedsrichter Florian Meyer hatte einiges zu tun. Doch die Hoffenheimer ließen sich nicht aus der Ruhe bringen. Im Spiel nach vorn allerdings hielten sie sich lange Zeit vielleicht ein bisschen zu sehr zurück. Der Spielzug, der zum Elfmeter führte, war der erste wirklich sehenswerte Angriff der TSG. Über Johnson und Salihovic kam der Ball zu Volland, der an Sippel vorbeizog und vom Lauterer Torwart von den Beinen geholt wurde. Zu Recht gab es Elfmeter - mit dem bekannten Ergebnis.
Gisdols Aufbauarbeit
Man konnte sich gut vorstellen, wie die Hoffenheimer noch vor ein paar Wochen an so einer Szene zerbrochen wären. Doch mit der Mischung aus Selbstvertrauen und Lockerheit, die sie sich dank Gisdols Aufbauarbeit und der daraus resultierenden Erfolge angeeignet haben, hielten sie dem erhöhten Druck stand. Es folgten zwei Standards, die auf fast identische Weise zur Gefahr fürs Lauterer Tor wurden. Beide Male trat Rudy den Freistoß scharf nach innen, beide Male köpfte Salihovic und beide Male parierte Sippel - beim zweiten Mal jedoch konnte er den Ball nicht festhalten, und der anstürmende Abraham vollendete aus kurzer Distanz.
Nach der Pause ging es mit ähnlicher Intensität weiter. Beide Teams hätten gern einen Elfmeter für sich gehabt, Lautern wegen einer Armberührung des Balles im Strafraum, Hoffenheim wegen eines Zweikampfs, in dem Weis zu Boden ging. Doch Meyer ließ beide Male weiterspielen. Als Volland frei vor Sippel auftauchte, hätte die Sache für Hoffenheim erledigt sein können, doch wieder stellte sich der Lauterer Torwart in den Weg. Nach gut einer Stunde sorgte der direkt verwandelte Freistoß von Baumjohann noch einmal für einen Ausbruch der Emotionen auf dem Betzenberg.
Doch wieder antwortete Hoffenheim kühl: mit dem Kopfballtor durch Vestergaard. „Ich habe das Gefühl, dass es der richtige Sieger ist“, sagte der Siegtorschütze. „Der Trainer ist sehr gut, was das Mentale angeht. Er hat uns wieder Selbstbewusstsein gegeben. Wir haben Herrn Gisdol sehr viel zu verdanken. Das war eine schwierige, teilweise miserable Saison.“ Kaiserslauterns Trainer Franco Foda sprach derweil davon, dass seine Mannschaft „zweimal auf Augenhöhe war.“ Im kommenden Jahr muss sie dennoch abermals eine Klasse tiefer als Hoffenheim in der Zweiten Bundesliga antreten.
1. FC Kaiserslautern - 1899 Hoffenheim 1:2 (0:1)
1. FC Kaiserslautern: Sippel - Dick, Torrejón, Orban, Löwe - Borysiuk, Zellner - Drazan (55. Hoffer), Baumjohann - Bunjaku (64. Weiser), Idrissou
TSG Hoffenheim: Casteels - Beck, Abraham (60. Süle), Vestergaard, Thesker (30. Rudy) - Polanski, Weis - Salihovic, Johnson, Roberto Firmino (86. Schipplock) - Volland
Schiedsrichter: Meyer (Burgdorf)
Zuschauer: 49 780 (ausverkauft)
Tore: 0:1 Abraham (44.), 1:1 Baumjohann (65.), 1:2 Vestergaard (74.)
Gelbe Karten: Borysiuk, Dick, Idrissou, Sippel / Casteels,
Thesker, Weis