Rehhagel wird 80 : Vom Kind der Bundesliga zu König Otto
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Immer an seiner Seite: Otto Rehhagel mit seiner Frau Beate. Bild: Wonge Bergmann
Schon beim Start der Bundesliga war er 1963 dabei. Danach wurde aus dem gelernten Maler eine Fußball-Legende. Den Gipfel erreicht Otto Rehhagel 2004. Nun wird er 80 – und blickt vergnügt zurück.
Der Mann wirkt zeit- und alterslos. Immer noch sprudelnd vor Energie, immer noch ein großartiger Erzähler, immer noch wie einer, der die abertausend Facetten des Fußballs in einem Satz auf das Eigentliche destillieren kann. Otto Rehhagel wird an diesem Donnerstag achtzig Jahre alt, und wer ihn sieht und hört, käme nicht im Traum auf den Gedanken, es mit einem betagten alten Herrn zu tun zu haben. Dafür verströmt der Essener noch immer ein zu hohes Maß an Energie, gepaart mit einer immergrünen Neugier auf alles, was das Leben lebenswert und den Fußball sehenswert machen kann.
Rehhagel spricht gern in unterhaltsamen Anekdoten über seinen Erfahrungsschatz aus 1033 Bundesligaspielen als Trainer und Spieler, verschließt die Augen aber auch nicht vor den Tendenzen und Entwicklungen, die den Fußball von heute ausmachen. Er, der sich stets als „Kind der Bundesliga“ bezeichnet hat, war schon bei der Ouvertüre der neuen Spielklasse am 24. August 1963 dabei – als unermüdlicher Verteidiger von Hertha BSC beim 1:1 gegen den 1. FC Nürnberg. Ironie des Schicksals, dass sich der Fußballlehrer aus dem Revier am 15. Mai 2012 bei seinem letzten Auftritt auf seiner großen Bühne, abermals in Diensten der Hertha, verabschiedete – mit dem Abstieg einer von ihm betreuten Mannschaft, der ein 2:2 bei Fortuna Düsseldorf im Relegationsrückspiel nach einer 1:2-Heimspielniederlage nicht genügt hatte, um den Sturz in die Zweitklassigkeit noch zu verhindern.
In Bremen vom Ruf des Feuerwehrmanns befreit
Mit Abstiegen aber hat die Vita dieses ganz besonderen Trainers nur am Rand zu tun gehabt – so auch in seinem Jahr bei Arminia Bielefeld, wohin er im Oktober 1978 als Nothelfer kam und im Mai 1979 trotz eines zwischenzeitlichen 4:0-Triumphs beim FC Bayern München die Rückkehr in die zweite Liga nicht verhindern konnte. Dass er im Oktober 1979 um die Freigabe für den Bundesliga-Klub Fortuna Düsseldorf bat, kommentierte der damalige Bielefelder Präsident Jörg Auf der Heyde mit dem Satz: „Dabei hätte Otto Rehhagel mit unserer jungen, zukunftsträchtigen Truppe doch endlich einmal beweisen können, dass das Vorurteil nicht stimmt, er könne mit seinen Mannschaften nur kurzfristige Erfolge erzielen.“
Welch ein Irrtum! Rehhagel, der mit der Fortuna 1980 den DFB-Pokal und damit seinen ersten von acht Titeln gewann, befreite sich in seinen vierzehn Jahren beim SV Werder Bremen von dem Ruf, ein Kurzzeitmotivator und Retter in höchster Not zu sein, führte die Norddeutschen 1981 in die Erstklassigkeit zurück und schrieb danach eine der großen Erfolgsgeschichten in der 55 Jahre alten Bundesliga-Historie. Aus dem „Feuerwehrmann“ Rehhagel wurde „König Otto“, geliebt und verehrt von den grün-weißen Fans und hier und da verflucht von den Medien, die der eigentlich lebensfrohe, aber manchmal auch kauzige Trainer mit einer kräftigen Dosis Misstrauen betrachtete.
Seine Frau Beate, die er beim Schlittschuhlaufen in der Essener Grugahalle kennengelernt und im Bundesliga-Gründungsjahr 1963 geheiratet hatte, wachte als eine Art Managerin und Telefonabschirmdienst über ihren Otto. Interviewwünsche („Was wollen Sie vom Trainer?“) wurden oft nicht wahr, auch weil Rehhagel („ich bin ein demokratischer Diktator“) in dieser Zeit ohne Internet, Smartphones und soziale Medien gern durchregierte und seine Kritiker oft genug ignorierte.