
Bundesliga-Kommentar : Eine Frage des Timings
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Wie geht es weiter? Thomas Schaaf in Bremen Bild: dpa
Trainerverträge zu verlängern ist eine Kunst für sich: In Schalke machten sie zum falschen Zeitpunkt auf Hektik. In Bremen darf man gespannt sein. Und in Freiburg sind sie fein raus.
Bei der Frage, wie es mit einem Trainer weitergeht, dessen Vertrag ausläuft, haben sich schon die Besten die Finger verbrannt. Nur zur Erinnerung: Ausgerechnet der FC Bayern ließ es in der Winterpause am nötigen Taktgefühl vermissen, als es galt, das Engagement von Pep Guardiola so einzufädeln und zu kommunizieren, dass Jupp Heynckes keinen Schaden nimmt. In diesem Fall fiel es nicht weiter ins Gewicht, weil der eine, Guardiola, der Beste ist, den man auf dem Markt bekommen konnte, und der andere, Heynckes, auf seine alten Tage so unverschämt gut und souverän agiert, dass er aus einer an sich misslichen Situation einfach das Beste machte: den strahlendsten Meister, den die Bundesliga in 50 Jahren hervorgebracht hat.
Die „lame duck“ jedenfalls, die mancher schon in Heynckes gesehen haben wollte, erwies sich als Fata Morgana angesichts der ganz realen Dominanz, mit der Heynckes’ Münchner den Rest der Liga nach Belieben zerfledderten.
„Luxusprobleme“, mag man dort sagen, wo man nicht gerade einen Heynckes hat und einen Guardiola ante portas. Also bei eigentlich allen normalen Bundesligaklubs, die nicht gerade Bayern oder vielleicht noch Dortmund heißen. Wie man es allerdings unter anderen Umständen ganz bestimmt nicht machen sollte, hat der FC Schalke vorgeführt.
Schalker Verträge
Wochenlang vermittelte der Klub den Eindruck, als sei man mit Jens Keller zwar nicht direkt unzufrieden, höre sich aber dennoch nach allen möglichen Seiten um. Könnte ja sein, dass Armin Veh oder Stefan Effenberg doch die schönere Braut wäre. Als die Debatte dann endlich beruhigt und bis nach Saisonende vertagt schien, überraschte der Klub mit der Nachricht von der Vertragsverlängerung mit Keller. Und verlor prompt das richtungweisende Spiel gegen Stuttgart.
Die paar Tage hätte sich der Klub besser auch noch Zeit gelassen. Denn was nun los wäre, wenn Schalke und Keller am letzten Spieltag noch den Champions-League-Qualifikationsplatz verspielen, kann man sich lebhaft vorstellen.
Freiburg ist fein raus
Natürlich ist inhaltliche Überzeugung bei jeder Trainerentscheidung das ungleich wichtigere Kriterium als das Timing. Aber der richtige Zeitpunkt kann eben auch (zusätzliches) Vertrauen schaffen. In Schalke wäre es in dieser Hinsicht hilfreich gewesen, viel früher ein Zeichen pro Keller zu setzen. Beim 1.FC Nürnberg hingegen schien das lange Zögern erst Zweifel am Vertrauen in Michael Wiesinger entstehen zu lassen.
Fein raus ist, für wen sich solche Fragen überhaupt nicht stellen: Der SC Freiburg und Christian Streich sind eine derart logische Verbindung, dass man mit der Bekanntgabe der Verlängerung nichts falsch, sondern nur alles richtig machen konnte.
Die spannendste Frage dieser Kategorie aber ist, was derzeit in Bremen passiert. Dort läuft der Vertrag von Thomas Schaaf zwar nicht aus, aber nach einer wahren Horrorssaison schien der Sturz des Trainer-Denkmals nach 14 Jahren schon besiegelt. Unter dem Eindruck der allgemeinen Feierstimmung rund um den Klassenverbleib deutet manches darauf hin, dass Schaaf bei Werder plötzlich wieder eine Zukunft hat. Sich bei einer Entscheidung wie dieser von der Magie des Augenblicks leiten zu lassen, wäre der größte Fehler, den man machen kann.
