Generalversammlung in Dortmund : Welchen Weg nimmt die DFL?
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Gewinnt DFL-Geschäftsführerin Donata Hopfen Vertrauen zurück? Bild: dpa
In Dortmund werden bei der Generalversammlung der Deutschen Fußball Liga wichtige Personalfragen geklärt. Doch weitaus mehr Brisanz birgt die Frage nach der künftigen Ausrichtung der Bundesliga.
Auf den ersten Blick sind keine großen Veränderungen zu erwarten, wenn sich die Vertreter der 36 Männervereine der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga am Mittwoch auf der Generalversammlung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zur Wahl ihrer Führungsgremien versammeln. Im neunköpfigen Präsidium wird wohl Holger Schwiewagner (Greuther Fürth) auf Rüdiger Fritsch (Darmstadt) folgen, zudem soll Axel Hellmann, der Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt, als Vertreter der „Mittelstandsklubs“ Alexander Wehrle (früher Köln, jetzt Stuttgart) ersetzen.
Der Wechsel wird in einigen Klubs mit einem gewissen Unbehagen beobachtet, denn Hellmann wird sich künftig an einer Stelle befinden, an der die Brücke von den großen Champions-League-Vereinen zum Rest der Ligen und zurückgeschlagen werden muss. Im Präsidium stehen sich – vereinfacht gesagt – in vielen Fragen vier Vertreter der Topklubs vier Abgesandten kleinerer Vereine gegenüber.
Hellmann übernähme die Position zwischen den Fraktionen, über die Mehrheiten entstehen können. Es gibt die Sorge, dass der 51 Jahre alte Frankfurter im Zweifel zu den Großen mit ihren Wachstums- und Kommerzialisierungsbestrebungen tendiert, die den Wettbewerb aber immer ungleicher machen. Eine Sorge, die bestärkt wird, da Hellmann als führendes Mitglied einer Arbeitsgruppe zum möglichen Einstieg eines Investors in die DFL agiert.
Bundesliga wie Filme bei Netflix
Der Verkauf von rund 20 Prozent einer noch zu gründenden Sportrechte-Vermarktungstochter der DFL, über die das Geschäft der Auslandsvermarktung betrieben werden soll, könnte bis zu vier Milliarden Euro einspielen. Diese Mittel sollen dann in den Digitalisierungsprozess investiert werden, der als zentrales Wachstumsfeld des deutschen Profifußballs betrachtet wird. Live-Fußball über 90 Minuten werde „nicht mehr das Format der Zukunft“ sein, sagt Hellmann in einem Interview im „Kicker“, die Berichterstattung werde „kleinteiliger“ und „über vielfältigere Plattformen abgespielt“.
Ähnlich, wie über das Netflix-Portal Filme abrufbar sind, könnte das Publikum über eine Bundesliga-App Spiele, Highlights, Expertenrunden und Clips aller Art anschauen – je nach Markt und Inhalt gegen Bezahlung oder frei empfangbar. In einem ersten Schritt könnte so ein Produkt, dessen Entwicklung laut Hellmann einen dreistelligen Millionenbetrag verschlingen würde, auf den internationalen Märkten angeboten werden, wo die Vermarktung zuletzt stockte.
An dieser Stelle liegt eine Kernkompetenz der DFL-Geschäftsführerin Donata Hopfen, seit Anfang des Jahres Nachfolgerin von Christian Seifert. Mittlerweile sind nicht mehr alle in der Branche sicher, ob es richtig war, die 46 Jahre alte Digitalisierungsexpertin auf einen Schlag mit der gesamten Macht auszustatten, die Seifert sich über Jahre erarbeitet hatte. Mit ihren Überlegungen zu Playoff-Spielen und zu einer möglichen Verlegung des DFL-Supercups in den Mittleren Osten sorgte sie für Diskussionen in der Öffentlichkeit.
Auch intern gibt es Kritik, mit einem überzeugenden Auftritt in Dortmund könnte sie viel Vertrauen zurückgewinnen. Für Unmut sorgt unter anderem, dass die von Hopfen geleitete Arbeitsgruppe zu dem Investorenprojekt bislang weitgehend im Verborgenen agiert. Nur wenige der 36 Profiklubs sind in die Prozesse eingebunden, obwohl am Ende alle betroffen sein werden. Das Informationsbedürfnis der weniger gut vernetzten Gesellschafter könnte in Dortmund zumindest in Teilen gestillt werden.
So viel Aufmerksamkeit wie nie bekommen zudem die Wahlen des Aufsichtsrats, der die Mitglieder der DFL-Geschäftsführung einstellt und auf Empfehlung Seiferts auch Hopfen mit ihrem Vertrag ausgestattet hat. Seither ist allen klar, wie wichtig dieses Gremium sein kann – etwa falls beim Einstieg eines Investors strukturelle Änderungen nötig werden und neue Posten besetzt werden müssen.
Umstritten ist etwa, dass mit Fredi Bobic wohl ein Mann aus dem Sport in den Aufsichtsrat gewählt wird, der sich zuletzt eher als Vertreter kommerzieller Interessen und gegen die Anliegen der großen Fanszenen positionierte. Eine Zukunft ohne 50+1-Regel etwa mache ihm „keine große Angst“. Er glaube nicht, „dass wir dann unsere Fußballkultur verlieren würden und die Mitglieder nichts mehr zu sagen hätten oder Ticketpreise explodieren oder sich die Vereinsfarben ändern“, sagte er der Zeitschrift „Sportbild“. 50+1 ist für die DFL ein ungelöstes Problem. Das Kartellamt hat die Regel grundsätzlich für rechtskonform erklärt, verbunden allerdings mit der Forderung, die keine Ausnahmen für Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim erlauben.