Borussia Dortmund : Klopps Haushaltskasse für die Zukunft
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Dortmunder Kapital: Der jüngste Meister der Bundesligageschichte Bild: AFP
Die Meisterschaft ist die Gegenwart bei Borussia Dortmund. Die Zukunft steht bevor - mit weiter geringen Finanzmitteln. Die Meisterschaft ändert nichts an der finanziellen Zurückhaltung des BVB.
Mit dem Gewinn der deutschen Fußballmeisterschaft hat Borussia Dortmund auch Maßstäbe gesetzt, die nicht in Toren und Punkten zu messen sind. Der Revierklub stellt die jüngste Meistermannschaft der Bundesligageschichte. Wie Statistiker ermittelt haben, schwankte der Altersdurchschnitt zwischen 22,8 und 23,8 Jahren. Beim entscheidenden 2:0 gegen den 1. FC Nürnberg (siehe: 2:0 gegen Nürnberg - Borussia Dortmund ist deutscher Meister 2011) lag der Schnitt über dem Saisonmittel, weil der Routinier Antonio da Silva den jungen Mittelfeldstrategen Nuri Sahin ersetzen musste. Aber auch in dieser Partie standen sieben Männer in der Startelf, die in einer U-23-Auswahl spielberechtigt gewesen wären. Von jungen Mannschaften heißt es im Allgemeinen, sie seien entwicklungsfähig. In Dortmund stellt sich die Frage, ob das auch für junge Meistermannschaften gilt.
Falls die Champions des Jahrgangs 2011 noch Reserven haben, könnte ein Team heranwachsen, das die Klasse und die Kraft besitzt, dem Branchenführer Bayern München über einen längeren Zeitraum Konkurrenz zu machen - und nicht nur, wenn der Rekordmeister, wie in dieser Saison, darunter leidet, dass viele seiner Nationalspieler sich im Sommer bei einem großen Turnier verausgabt haben. Allerdings drängen auch immer mehr Dortmunder in die Elite-Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes. Mats Hummels, Marcel Schmelzer, Kevin Großkreutz, Sven Bender und Mario Götze sind in der Nationalelf zwar noch keine feste Größen, Bundestrainer Löw aber durchaus eine Hilfe, wenn es darum geht, das hohe Niveau der jüngeren Vergangenheit personell auf eine breitere Basis zu stellen (siehe auch: Borussia Dortmund: Musterschüler, Senkrechtstarter und Hochbegabte).
Eine breitere Basis werden auch die Dortmunder schaffen müssen, damit die Mannschaft den nächsten Entwicklungsschritt bewältigen kann, zumal Mittelfeldstratege Nuri Sahin, auf seiner Position der beste Bundesligaspieler der Saison, den Verein gegen Zahlung einer festgeschriebenen Ablöse von sechs Millionen Euro verlassen könnte; wie es heißt, steht in Ilkay Gündogan vom 1. FC Nürnberg aber schon ein passender Nachfolger bereit. Auf den BVB wartet die Zusatzaufgabe Champions League mit ihren bekannten Risiken und Nebenwirkungen für den Alltag in der Bundesliga. Schon deshalb werden die Dortmunder um gewisse Investitionen nicht herumkommen.
Von den zwanzig Millionen Euro, die aus dem europäischen Geschäft (mindestens) zu erwarten sind, will der Klub die Hälfte in sportliche Substanz investieren. „Fünf Millionen Euro entfallen auf höhere Gehälter und fünf Millionen auf Ablösesummen“, sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Gespräch mit dieser Zeitung. Weitere fünf Millionen würden benötigt, um „den Reparaturstau im Stadion“ zu beseitigen. „Den Rest legen wir auf die hohe Kante.“ Kaufmann Watzke hat seine engsten Mitarbeiter, Trainer Jürgen Klopp und Sportdirektor Michael Zorc, auf diesen Kurs eingeschworen. „Die Headline von Borussia Dortmund lautet weiterhin: Maximalen sportlichen Erfolg erreichen, ohne einen einzigen Euro neue Schulden zu machen“, sagt er. Wer etwas anderes im Sinn habe, sei woanders besser aufgehoben.
Watzke: „Einen Paradigmenwechsel wird es nicht geben“
So vielversprechend der Blick in die Zukunft, zumal am Tag nach einer langen Nacht, ausfallen mag - auch mit leicht belegter Stimme hält Watzke an seinen Prinzipien fest. „Einen Paradigmenwechsel wird es nicht geben. Wir bleiben bescheiden.“ Gemessen an den wirtschaftlichen Parametern sieht er seinen Klub weiter in der dritten Bundesliga-Startreihe. Branchenprimus bleibe Bayern München, sagt Watzke, „dann kommen die DAX-Vereine“, also Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg, die von großen Konzernen alimentiert werden. Dahinter sieht er Dortmund auf einer Linie „mit einigen anderen, die um die internationalen Plätze streiten“. Insofern warnt Watzke das Publikum vor einer „unrealistischen Erwartungshaltung“.
Diese Saison sei für die Borussia außergewöhnlich gut gelaufen, der Titelgewinn sei „eine Riesensensation“, wie sie nicht jedes Jahr zu erwarten stehe, zumal ohne den Einsatz von Fremdkapital. Für den BVB sei es nach wie vor keineswegs selbstverständlich, die Champions League zu erreichen, „auch wenn es natürlich nicht komplett aussichtslos ist“. Im Augenblick des Triumphes gibt sich der Geschäftsführer zurückhaltend, aber zumindest mit Blick auf die Region zeigt er ein empirisch begründetes Selbstbewusstsein, das auf gesundes Anspruchsdenken schließen lässt. „Es ist schön, wieder eine Meisterschaft nach Nordrhein-Westfalen geholt zu haben, das macht ja keiner außer uns.“