4:0 bei Greuther Fürth : Balsam für die „Lilien“-Seele
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Darmstadts Torjäger vom Dienst: Serdar Dursun (Mitte) und Seung-ho Paik (r.) Bild: dpa
Erleichterung beim SV Darmstadt: Nach überzeugenden aber punktlosen Partien gegen den HSV und Düsseldorf stimmt gegen den Tabellenzweiten Fürth in der zweiten Bundesliga auch das Ergebnis.
Die Küsschen hatte sich Seung-ho Paik redlich verdient. Der schmächtige Südkoreaner verschwand fast in den Umarmungen des 1,90 Meter großen Sturmtanks Serdar Dursun. Mit perfekt getimten Hereingaben hatte Paik dem „Lilien“-Torjäger dessen Saisontore acht und neun aufgelegt. Und dem SV Darmstadt 98 einen Abend beschert, der alle Voraussetzungen für einen Tiefpunkt der Saison bot – und dann ein Höhepunkt wurde. Ersatzgeschwächt und ein bisschen demoralisiert ob der zuletzt zwei Niederlagen in Düsseldorf und gegen den HSV, als vier Zähler herausspringen mussten, es aber letztlich kein einziger wurde, waren die Südhessen zur Spielvereinigung Greuther Fürth gereist. Der Gegner: selbstbewusst, offensivstark, Tabellenzweiter. Was sollte das schon werden im fränkischen Schmuddelwetter am Dienstagabend?
„Wir haben es erzwungen und waren einfach mal an der Reihe“, sagte Cheftrainer Markus Anfang, dem die Anspannung trotz des 4:0-Auswärtserfolgs 90 Minuten ins Gesicht geschrieben stand. Zweitligaspiele, in denen beide Gegner einen auf spielerisches Vorankommen fußenden Stil pflegen und diesen auch durchhalten, sieht man selten. Ein Befund, der den „Lilien“ und ihrem Spiel entgegenkam. Und so lieferten sich die beiden Teams über weite Strecken einen sehenswerten Schlagabtausch. Mit den „Lilien“, die von Tim Skarkes Sonntagsschuss zur Führung (17. Minute) an eine Halbzeit wie aus einem Guss spielten, ihre beste Saisonleistung zeigten, weil das erste Tor wie die beiden Treffer von Dursun (45. und 49.) jeweils zum exakt richtigen Moment fielen.
„Das Momentum war auf unserer Seite. Siege sind immer wichtig, aber die Art und Weise nach zuletzt zwei Niederlagen war beeindruckend“, sagte Anfang. Die erfolgreiche Reise ins Frankenland hat definitiv das Potential, frische Kräfte und neues Zutrauen freizusetzen. Wie die Darmstädter nach einer Ecke auch noch das 4:0 durch Immanuel Höhn (76.) erreichten, war Balsam für die „Lilien“-Seele nach dem vorherigen Abrutschen auf Tabellenrang 14. „Ich hoffe, dass wir uns treu bleiben und weiter solchen Fußball spielen“, sagte Höhn, der in der Abwehr mit den blutjungen Innenverteidigerkollegen Lars Lukas Mai und Patric Pfeiffer eine stabile Dreierkette formte.
Etwas befremdlich wirkte nur, wie Trainer Anfang seine Profis beim Stande von 4:0 bis zum Abpfiff lautstark antrieb und in einer Tour enorm pushte. Die Gegentorflut zuletzt samt ständiger Systemdiskussionen scheinen Spuren hinterlassen zu haben. Das nach innen und außen gesetzte Zeichen, mal zu null gespielt zu haben, mag wertvoll sein. Doch der Preis erscheint hoch vor dem Hintergrund, den hochbeanspruchten Stammspielern nicht etwas mehr aktive Erholung gewährt zu haben. Ob Abwehrmann Mai kurz vor Schluss noch so unnötig hingelangt hätte, dass er mit Gelb-Rot vom Platz musste (83.), ist zumindest fraglich. Denn während des Spiels konnten die Darmstädter noch nicht wissen, dass das für diesen Samstag vorgesehene Heimspiel gegen Würzburg wegen eines Corona-Falls im Funktionsteam beim Tabellenletzten ausfallen muss und nun bis zum Pokal-Zweitrundenmatch in Dresden eine volle Woche Zeit bleibt.
Immerhin konnte sich Nicolai Rapp in Fürth nach überwundener Wadenverletzung über einen Teilzeiteinsatz wieder Wettkampfrhythmus aneignen. Auch Marvin Mehlem und Fabian Schnellhardt taten quasi ohne Trainingsbeteiligung erfolgreich Dienst in der Startformation, was Anfangs Personallage deutlich entspannt. Gesetzt ist freilich das neue kongeniale koreanisch-türkische Offensiv-Duo. Torjäger Dursun erzählte schmunzelnd: „Ich sage es Seung-ho Paik immer wieder: ‚Wenn du einen Assist willst, dann spiel mich an‘“. Gesagt, getan, geküsst, gewonnen.