https://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/bundesliga/1-2-in-bremen-was-nun-herr-klopp-13320075.html

1:2 in Bremen : Was nun, Herr Klopp?

  • -Aktualisiert am

Was nun, Herr Klopp: Sein BVB ist kaum wieder zu erkennen Bild: dpa

Borussia Dortmund verliert leidenschaftslos 1:2 in Bremen und überwintert auf einem Abstiegsplatz. Doch der Trainer gibt sich kämpferisch: „Wir werden ein erbitterter Jäger sein.“

          3 Min.

          Schon wieder ein Rückschlag, schon wieder eine Niederlage, die zehnte in dieser für Borussia Dortmund unglaublich schrecklichen Bundesliga-Hinrunde. Und schon wieder eine Mannschaft, die schwer geschlagen und tief getroffen die Heimreise antrat. Der BVB, ein ganz besonders stolzer deutscher Meister der Jahre 2011 und 2012, könnte an diesem Sonntagnachmittag ein ganz besonders tief gefallener Champion von gestern sein. Es droht nach dem 1:2 beim bisherigen Tabellenletzten SV Werder Bremen Rang 18 – und das während einer wochenlangen Winterpause, in der die Westfalen nichts Zählbares zur Verbesserung ihrer Situation tun können.

          Jürgen Klopp, mit seinem Team in albtraumhaften Regionen gelandet, nahm die Situation dennoch wie ein Kämpfer an. Alle, die geglaubt haben mögen, dieser hochemotionale schwäbische Fußballlehrer fühle sich kurz vor Weihnachten am Ende seiner Kraft, erlebten am frühen Samstagabend im Bauch des Weserstadions einen Trainer, der nicht nur Kampfansagen an seine eigenen Spieler richtete, sondern auch an die Konkurrenz.

          Schwarz-gelbe Tristesse: Marcel Schmelzer Bilderstrecke
          Schwarz-gelbe Tristesse: Marcel Schmelzer :

          Selbst die nachtschwarze Dortmunder Aussicht, am Sonntag schon bei einem Freiburger Remis von Platz 17 auf den letzten Rang zurück zu plumpsen, schreckte Klopp nicht in den Momenten, da er das Fußballjahr 2014 verabschiedete. „Die einzig gute Nachricht ist, dass die Vorrunde vorbei ist, aber die Saison ist es noch nicht“, hob der 47 Jahre alte Coach hervor.

          Und dann wurde Klopp sogar zum Vorkämpfer mit Perspektiven, als er die – wieder einmal – virtuelle Neustarttaste drückte. „Das Allerwichtigste: Wir haben jetzt eine Vorbereitung mit einem nahezu kompletten Kader.“ Ein sachdienlicher Hinweis, mit dem Klopp noch einmal sagen wollte, dass so gut wie kein Profi aus seinem Kader über die gesamte Hinrunde die Fitness und Form gehabt habe, die für das vom Trainer bevorzugte temporeiche Balleroberungsspiel nötig gewesen sei. So paradox es ist: Erst in der Winterpause glaubt Klopp, nach dem WM-Sommer mit einer Reihe von Dortmunder Weltmeistern und einer Fülle verletzter Spieler danach, mit seinem Team richtig loslegen zu können.

          Der alte, freche Klopp meldete sich deshalb schon prophylaktisch in Bremen zu Wort, als er beim Blick auf die Tabelle und den nicht gerade meilenweiten Abstand zu den besseren Plätzen prophezeite: „Wir werden ein erbitterter Jäger sein, das kann ich schon mal versprechen.“

          Mutig, mutig für den Anführer einer nach zarten Aufschwung-Tendenzen jedes Mal aufs Neue verzagten Mannschaft, die in Bremen froh sein durfte, von den couragierten Grün-Weißen nicht noch härter bestraft worden zu sein. Der wuchtige Davie Selke (3. Minute) und der listige Fin Bartels (62.) schossen Werder ins Glück, das durch das Gegentor des Dortmunder Kapitäns Mats Hummels (69.) nicht mehr erschüttert wurde.

          Hummels war am Samstag das Sinnbild eines Teams, in dem sich die einzelnen Spieler, sämtlich hochdekoriert und hochtalentiert, kaum wiedererkennen. Bei der WM in Brasilien noch ein kluger Abwehrorganisator der Nationalmannschaft, merkte man Hummels in Bremen genau an, dass er nicht austrainiert, nicht bei bester Gesundheit („ich hoffe, auch mal wieder schmerzfrei zu spielen“) und geistiger Frische ist. „Wir haben“, resümierte Hummels eine Halbserie, die im Desaster endete, „wirklich die schlechteste Vorrunde gespielt, die man sich ausmalen kann.“ Auch Hummels verließ Bremen nicht, ohne wenigstens eine Spur kämpferisch zu klingen: „Sollten wir alle Mann in der Vorbereitung dabei haben, ist klar, dass wir dann unser anderes Gesicht zeigen.“

          Klopp, Hummels und all die anderen Borussen wollen die Stunde null, die Anfang Januar beginnt, positiv nutzen – frei nach dem Motto: Schlimmer kann es nun nicht mehr werden. Abwarten. Das, was die Schwarz-Gelben zuletzt in der Liga boten, war bis auf ein paar positive Ausreißer bei den Heimspielen gegen Mönchengladbach (1:0), Hoffenheim (1:0) und Wolfsburg (2:2) das, was Mannschaften immer dann tun und vor allem unterlassen, wenn sie aus allen Wolken gefallen sind. Dieser Zustand hält seit Wochen an, und noch ist keine Besserung in Sicht in diesem hochwertigen Kader, dem das Wort Abstiegskampf zu lange wie ein Fremdwort vorkam. „Die Körper meiner Spieler in eine andere Verfassung zu kriegen“, sagt Klopp, „wird uns ganz andere Möglichkeiten geben.“ Die Seelen zu stählen wird für den Aufbauhelfer mit dem optimistischen Grundton aber mindestens genauso schwierig werden.

          Über seine „Herangehensweise“ beim Wiederaufbauprogramm mit dem Ziel, alles besser zu machen, ist sich der im Trainingslager in La Manga ganz besonders geforderte Fußballlehrer Klopp „seit langem im Klaren“. In der spanischen Sonne werde es „von Anfang an zur Sache gehen“, versprach er auch den verzagtesten Gemütern seiner reichlich geknickt anmutenden Profis Wochen herzhafter Arbeit. Klopp sieht die Gelegenheit, endlich mal wieder frei von den Anforderungen der englischen Wochen methodisch arbeiten zu können und als Lehrmeister des Dortmunder Spiels ein neues Selbstbewusstsein in seinen Spielern wecken zu können. „Wir wollen ein viel unangenehmerer Gegner werden, als wir es im Moment sind“, formulierte der Trainer ein Ziel der bevorstehenden Übungsstunden.

          Und dann verabschiedete sich dieser Jürgen Klopp mit einer letzten optimistischen Botschaft. Er verstand die finale Bestätigung einer im Bundesliga-Alltag komplett missratenen Hinrunde (die Erfolge in der Champions League einmal ausgeklammert) wie ein Fanal für die Wende und sagte deshalb, ein bisschen wie ein Fußball-Missionar klingend: „Heute ist ein ganz schwerer Tag, aber es ist noch nicht vorbei. Es ist nicht unmöglich, dass irgendwann ein Lichtlein im Tunnel angeht.“ Das ist aber auch bitter nötig, soll die Saison für Borussia Dortmund nicht zappenduster enden.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Lieber hier Arbeiten oder doch ab ins Büro?

          Neue Arbeitswelt : Heftiger Hickhack ums Homeoffice

          Ein Viertel der Beschäftigten arbeitet häufig von daheim. Doch zeigen Arbeitgeber jetzt öfter rote Linien auf – und scheuen sich nicht vor Konflikten mit den Betriebsräten.
          Für liberale Werte und die Rechte von Minderheiten: Teilnehmer der Pride-Parade in Jerusalem am 1. Juni

          LGBTQ in Nahost : Israels queere Party wird politisch

          Tel Aviv gilt als „queere Hauptstadt“ der Region – die LGBTQ-Gemeinde war noch nie so stark wie heute. Aber auch die Kritiker bekommen Aufwind. Wie verändert die neue rechtsreligiöse Regierung die Pride-Paraden im Land?

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.