
Britischer Boykott-Aufruf : Letzter Beweis für Blatters totalen Triumph
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Boykottiert der Weltmeister von 2014 das nächste Turnier? Das ist mehr als unwahrscheinlich Bild: dpa
Eine Fußball-WM ohne die besten Teams Europas? Das wäre ein Signal – für den gesamten Sport. Doch Fifa-Chef Joseph Blatter kann gelassen bleiben: Denn spätestens beim Geld hört bekanntlich der Spaß auf.
Das stelle man sich einmal vor: Es ist Fußball-Weltmeisterschaft, und die Deutschen spielen einfach nicht mit, auch die Engländer, die Niederländer (trotz Qualifikation!), die Franzosen und Spanier bleiben fern, zehn europäische Teams von Rang und Namen. Davon träumt der Präsident des britischen Fußball-Verbandes, Greg Dyke nicht nur. Er hat am Montag zu einem Boykott ausgerufen. Er hält die Verweigerung für die einzige Chance, den Internationalen Fußball-Verband (Fifa) und dessen Präsidenten, Joseph Blatter, zu ernsthaften Maßnahmen gegen Korruption und Vetternwirtschaft in der Großfamilie des Fußballs bewegen zu können.
Wie Recht Dyke hat. Eine WM ohne den Weltmeister, ohne die Erfinder des Fußballs, ohne die Virtuosen aus Frankreich und Spanien, würde Blatter und Konsorten mächtig schmerzen. Vielleicht nicht so sehr der Verlust einer Fußballkultur, die immerhin vier Teams vom alten Kontinent ins Viertelfinale der WM 2014 brachte. Aber so ein radikaler Rückzug träfe die Fifa dort, wo sie äußerst empfindlich reagiert und sehr schnell schwach wird, wie man von amerikanischen Ermittlern hörte: im Geschäft. Mit einem Boykott der attraktivsten europäischen Teams verlöre die WM einen großen Teil ihres Stellenwertes für Sponsoren und Fernsehanstalten. Blatters Fifa-Firma verlöre Abermillionen. Beim Geld hört der Spaß auf.
Das Treiben in der Fifa ist unerträglich
Aber nein. Der Schweizer wird den Aufruf von der Insel am Montag wahrscheinlich sehr gelassen zur Kenntnis genommen haben. Als letzten Beweis seines totalen Triumphes. Sportfunktionäre sind die größten natürlichen Feinde des Boykottes. Rufen sie flehentlich danach, dann muss das Ausdruck für das Ende ihrer Kräfte sein; die völlige Ohnmacht, die Verzweiflung angesichts des Unerträglichen.
Ja, das Treiben in der Fifa ist unerträglich. Das war es schon in den vergangenen zwanzig Jahren. Als die dokumentierte Gier bestechlicher Mitglieder nicht geringer war, aber kein Verbandschef einen Boykott verlangte. Dazu lief das Spiel viel zu geschmiert – auch für die Europäer. Blatters Unternehmen füllte ihre Kassen. Ein Rückzug würde den Zustrom der Millionen stoppen und die Lauterkeit der Europäer belegen: Dass sie es ernst meinen mit ihren Forderung nach Transparenz und Sauberkeit im Fußballgeschäft der Fifa.
Das wäre ein Signal – für den gesamten Sport. Wer aber trotz Ankündigung nicht mal einen gesamteuropäischen Rückzug von einer schon im Vorfeld verlorenen Präsidentenwahl auf die Beine stellen kann, der wird erst recht mit dem Aufruf zum Boykott des größten Fußballfestes scheitern. Und sich als Heuchler entlarven. Blatter weiß, woran es liegt, wenn auf seinem Spielfeld etwas gelingt oder misslingt: am Geld.
