
Ballack-Kommentar : In die Irre gelaufen
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Außer Mode geraten: Michael Ballack bei seinem Abschied aus Leverkusen Bild: dapd
Im Sommer 2010 war Michael Ballack noch allseits geachtet. Doch er manövrierte sich Monat für Monat stärker ins Abseits, weil er seine Rolle falsch einschätzte. Jetzt den Schlussstrich zu ziehen, war vielleicht die nötige Entscheidung, um wieder zu sich zu finden.
Am Ende entschieden sich sogar die Western Sydney Wanderers gegen ihn. Michael Ballack zog den richtigen Schluss daraus und beendete seine Laufbahn als Fußballprofi. Der fast 36 Jahre alte Sachse ist nicht mehr gewollt in der Branche, zumindest nicht zu den Konditionen, die ihm vorschweben.
Ballacks Ansprüche orientieren sich am Weltstar-Status, den er ehemals völlig zu Recht genoss. Aber im Gegensatz zu Spielern wie Drogba, Anelka und Raúl, die in China und im Mittleren Osten ihre Karrieren bestens bezahlt auslaufen lassen, ist Ballack außer Mode geraten. Seine letzten beiden Jahre bei Bayer Leverkusen waren geprägt von Verletzungspech und Kommunikationspannen.
Als Ballack im Sommer 2010 den Vertrag mit Bayer unterschrieb, schien es eine weitere logische Station einer wie auf dem Reißbrett perfekt entworfenen Karriere zu sein. Chemnitz - Kaiserslautern - Leverkusen - Bayern - Chelsea - Leverkusen. Jeder Schritt war wohlkalkuliert - auch der letzte, der einen kleinen Rückschritt bildete, der aber aufgrund seines fortgeschrittenen Alters nur konsequent erschien.
Fußball : Ballack beendet seine Fußballkarriere
Doch die Rückkehr zu Bayer war ein einziges Missverständnis. Leverkusen hatte überschätzt, was Ballack noch zu leisten in der Lage war, und Ballack überschätzte, was er auf dem Spielfeld so bot. Der im Sommer 2010 noch allseits geachtete Fußballstar manövrierte sich von Monat zu Monat stärker ins Abseits, weil er seine Rolle, die er nun für Fußball-Deutschland spielte, falsch einschätzte.
Nicht mehr der Leithammel
Ob falsch beraten oder beratungsresistent oder vielleicht abgelenkt von familiären Problemen: Ballack verstand nicht, dass die Zeiten und die Menschen um ihn herum andere geworden waren. Er verstand nicht, dass er nicht mehr der Leithammel war, dem alle automatisch folgten. Der Streit um sein Abschiedsspiel von der Nationalmannschaft schadete am Ende nur ihm.
Ballack sah sich nach wie vor als vollwertiges Mitglied der Auswahl und nicht als Ehemaliger, der nicht mehr gebraucht wurde. Er wertete die ihm zugestandenen letzten beiden Länderspiele (um ihm die Jubiläumszahl 100 zu ermöglichen) als Demütigung und nicht als Würdigung seiner Leistung. Mit dieser Einschätzung stand er jedoch weitgehend alleine. Der Profi, der auf dem Spielfeld so viele Situationen richtig einschätzte, hatte sich verrannt und war isoliert. Genauso wie am Ende in Leverkusen.
Jetzt den Schlussstrich zu ziehen, war zur Abwechslung eine richtige Entscheidung. Vielleicht die nötige, um wieder zu sich zu finden. Dann hat Michael Ballack dem Fußball mit seiner Intelligenz und Erfahrung, ob als Trainer oder Manager oder Fernsehexperte, noch viel zu geben.