Nach Anschlag auf Dortmund-Bus : BVB-Boss Watzke: Vor dem Terror nicht einknicken
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BVB-Boss Hans-Joachim Watzke am Dienstagabend im Dortmunder Stadion Bild: EPA
In einer emotionalen Ansprache appelliert Dortmunds Geschäftsführer an die BVB-Spieler. Wer für den Anschlag auf den Mannschaftsbus verantwortlich ist, bleibt derweil weiter unklar. Offenbar gibt es gleich zwei Bekennerschreiben.
BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hat am Mittwochmorgen das Team von Borussia Dortmund besucht. „Ich habe gerade in der Kabine an die Mannschaft appelliert, der Gesellschaft zu zeigen, dass wir vor dem Terror nicht einknicken“, teilte der Bundesligaklub in einem Tweet mit. „Die BVB-Familie war immer dann besonders stark, wenn sie schwierige Situationen meistern musste. Dies ist vielleicht die schwierigste Situation, die wir in den vergangenen Jahrzehnten hatten. Und ich bin sicher, dass wir uns als BVB so stark und geschlossen wie nie zuvor zeigen werden!“, hieß es von Watzke weiter.
„Wir spielen heute nicht nur für uns. Wir spielen für alle. Egal, ob Borusse, Bayer oder Schalker. Wir wollen zeigen, dass Terror und Hass unser Handeln niemals bestimmen dürfen. Und wir spielen natürlich für Marc Bartra, der sein Team siegen sehen will“, ergänzte der BVB-Geschäftsführer. Bartra war bei den Sprengstoffattacken verletzt worden. Watzke bat alle BVB-Fans darum, das Team „heute 90 Minuten lang mit voller Energie zu unterstützen. Diese Mannschaft musste in kürzester Zeit Unfassbares verarbeiten. Wir alle sollten ihr dabei helfen, über sich hinauszuwachsen.“
Sportler und Prominente auf Todesliste?
Unterdessen prüfen die Ermittler nach dem Anschlag auf den BVB-Mannschaftsbus offenbar islamistische und antifaschistische Motive. Nach Informationen von „Süddeutscher Zeitung“, NDR, WDR sowie der Deutschen Presse-Agentur vom Mittwoch nimmt ein am Tatort gefundenes Bekennerschreiben Bezug auf den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten im Dezember und den Einsatz deutscher Tornado-Kampfflugzeuge in Syrien. Die dpa berichtet zudem über ein zweites Bekennerschreibens, das möglicherweise aus der antifaschistischen Szene kommt und im Internet veröffentlicht worden ist.
Dortmund : Bundesanwaltschaft schaltet sich nach BVB-Anschlag ein
Das schon am Dienstagabend gefundene möglicherweise islamistisch motivierte Schreiben ist demnach in deutscher Sprache verfasst und geht über eine Seite. In Sicherheitskreisen wird aber intensiv darauf hingewiesen, dass ein islamistisches Motiv des Anschlags weiterhin nicht bestätigt sei. Es seien weitere Überprüfungen notwendig. Das Schreiben trage auch keine Symbole der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Es könne sich nach wie vor auch um gewaltbereite Fußballfans, Erpresser oder andere Täter handeln.
Das Schreiben beginnt nach den Informationen mit den Worten „Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen“. Es werde behauptet, dass die deutschen Kampfflugzeuge daran beteiligt seien, Muslime im Kalifat des sogenannten Islamischen Staates zu ermorden. Weiter heiße es, ab sofort stünden Sportler und andere Prominente „in Deutschland und anderen Kreuzfahrer-Nationen“ auf einer „Todesliste des Islamischen Staates“. Auch nach dpa-Informationen soll die Drohung gegen Sportler, Schauspieler und andere Prominente so lange gelten, bis die deutschen Kampfflugzeuge aus dem Kriegsgebiet abgezogen und die amerikanische Luftwaffenbasis im pfälzischen Ramstein geschlossen sei. Fußballfans werden angeblich nicht als Ziele erwähnt. Das Schreiben trägt demnach keine Unterschrift.
Das am späten Dienstagabend im Internet in Antifa-Kreisen verbreitete Schreiben enthält Hinweise auf andere Täter. Darin wird in Antifa-Duktus erklärt, der Bus sei mit eigenes für den Anschlag angefertigten Sprengsätzen als „Symbol für die Politik des BVB“ attackiert worden, der sich nicht genügend gegen Rassisten, Nazis und Rechtspopulisten einsetze.
Unterdessen hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Auch die Spurensuche am Tatort geht mit Hochdruck weiter. „Die Kollegen sind am Tatort“, sagte ein Sprecher der Dortmunder Polizei. Aber auch der BVB-Mannschaftsbus, den Beamte sichergestellt hätten, werde untersucht. Die Ermittlungen der Polizei liefen die Nacht durch. Wie viele Beamte im Einsatz sind, wollte der Sprecher nicht sagen. An den Zufahrten standen Einsatzkräfte mit Maschinenpistolen und schusssicheren Westen. Querstehenden Polizeiautos blockierten die Straßen.
Für das geplante Nachholspiel an diesem Mittwoch (18.45 Uhr) werden verschärfte Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. „Wir werden alles Menschenmögliche dafür tun, dass das Spiel sicher ablaufen kann“, sagte Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange. Die Polizei will mit verstärkten Kräften für Sicherheit sorgen. „Wir werden heute natürlich mit starken Kräften hier vor Ort sein im Stadion, werden aber auch versuchen, unser Möglichstes tun, natürlich die Mannschaften zu schützen“, sagte eine Sprecherin der Dortmunder Polizei am Mittwochmorgen im ZDF. „Wir stehen da mit beiden Vereinen und auch mit allen Sicherheitsbehörden in sehr engen Kontakt“, bekräftigte sie. Außerdem hat die Polizei ein Bürgertelefon eingerichtet: Unter der Nummer 0231/1325555 bemühten sich die Beamten, Betroffene oder Interessierte über den Einsatz in Dortmund zu informieren, teilte die Polizei am Mittwochmorgen mit.
Auch die Münchner Polizei will ihr Sicherheitskonzept für die Champions-League-Partie zwischen dem FC Bayern und Real Madrid am Mittwochabend (20.45 Uhr) noch einmal überprüfen. Die Verantwortlichen werden nach Angaben eines Sprechers am Vormittag über mögliche Konsequenzen beraten. Zur Bewertung der Lage stünden die Beamten auch in Kontakt mit der Dortmunder Polizei, sagte der Sprecher am Morgen weiter. Er betonte aber gleichzeitig: „Wir haben keinerlei Gefährdungshinweise für München und das Spiel.“
Nach dem Attentat in Dortmund am Dienstagabend hatte die Münchner Polizei direkt einen Einsatzzug im Viertel des Hotels von Real Madrid auf Streife geschickt. Die Beamten seien wegen einer größeren Fan-Versammlung bereits zuvor am Hotel gewesen und angesichts der ersten Meldungen aus Dortmund dort behalten worden, sagte der Sprecher.
Bei der Sprengstoff-Attacke auf den Mannschaftsbus des BVB ist auch ein Polizist verletzt worden. Der Mann fuhr auf einem Motorrad vor dem Bus, um ihn zum Stadion zu begleiten, wie ein Polizeisprecher am Mittwochmorgen sagte. Bei den drei Explosionen habe der Polizist ein Knalltrauma und einen Schock erlitten. Er sei deshalb nicht dienstfähig.
In dem nach Polizeiangaben gezielten Angriff auf das Dortmunder Team waren gegen 19.15 Uhr drei Sprengsätze neben dem Mannschaftsbus explodiert. Die Mannschaft war auf dem Weg zum Champions-League-Spiel gegen den AS Monaco in Dortmund. Bei dem Anschlag ist BVB-Verteidiger Marc Bartra schwer an der Hand verletzt worden. Der Spanier wurde noch in der Nacht in einem Dortmunder Krankenhaus wegen eines Bruchs operiert.
Das Team von Borussia Dortmund konzentriert sich derweil nun auf das geplante Nachholspiel. Trainer Thomas Tuchel und die Vereinsspitze versuchen, das geschockte Team wieder aufzurichten. In einem Gespräch mit der „Bild“-Zeitung sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke: „Der Verein ist ohnehin unfassbar geschlossen. Aber wir müssen die Mannschaft in einen spielfähigen Zustand versetzen. Das ist eine Herkulesaufgabe.“ Über den Anschlag sagte Watzke: „Das ist eine sehr gravierende Geschichte. Das ist eine neue Dimension, was da heute passiert ist.“