Der „Bomber“ wird 75 : Gerd Müller „kann man nicht hoch genug heben“
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Trotz Franz Beckenbauer, trotz Uli Hoeneß – den steilen Aufstieg zur Nummer 1 im deutschen Vereinsfußball hatte der FC Bayern besonders Müllers Toren zu verdanken. „Was der FC Bayern heute darstellt, mit diesem Palast an der Säbener Straße – ohne Gerd Müller wären die Leute da immer noch in dieser Holzhütte von damals“, lautet ein Satz, mit dem der kürzlich 75 Jahre alt gewordene Beckenbauer gerne Müllers Bedeutung beschreibt: „In meinen Augen ist er der wichtigste Spieler in der Geschichte des FC Bayern.“ Beckenbauer nennt Müller ein „Phänomen“. Als Zimmerkollege „war Gerd wie ein Bruder für mich“.
Das Einzigartige hat auch Weltmeister Miroslav Klose stets betont. Als er Müller kurz vor der WM 2014 in Brasilien nach 40 Jahren als Rekordtorjäger der Nationalelf ablöste, sagte Klose: „Gerd Müller darf man mit keinem anderen Stürmer vergleichen.“ Klose zeichnet eine feine Eigenschaft aus, die auch Müller innewohnt: Bescheidenheit.
Der heutige Assistent von Bayern-Coach Hansi Flick führt die DFB-Rangliste mit 71 Treffern an. Klose benötigte für die Bestmarke aber 137 Länderspiele. Müller traf in nur 62 Partien für Deutschland 68 Mal – eine phänomenale Quote von 1,1 Treffern pro Einsatz.
Das Tor für die Ewigkeit schoss er am Ende seiner viel zu früh beendeten DFB-Karriere. Im WM-Finale 1974 erzielte er im Münchner Olympiastadion das 2:1 gegen die Niederlande. „Ich habe schönere Tore gemacht, aber das wichtigste war dieses Weltmeistertor“, sagte er.
Wenn Müller nach seiner Karriere, die 1982 unrühmlich in den Vereinigten Staaten ausgeklungen war, seinen Nachfolgern zusah, stellte er sich die immer gleiche Frage, wenn ein Schuss oder Kopfball nicht im Tor landete. „Hättest du den reingemacht?“ Vermutlich ja. Müllers 40 Tore in der Saison 1971/72 sind immer noch Bundesligarekord; unangetastet auch von Robert Lewandowski, Bayern Münchens Tormaschine der Gegenwart.
Der ehemalige Bayern-Profi und heutige Münchner Chefcoach Hansi Flick kennt Müller auch schon lange. Er hat mit Müller früher auch mal Tennis gespielt, wie Flick in diesen Tagen erzählte. Für den heute 55-Jährigen war der „Bomber“ das „absolute Idol“ der Kindheit: „Das war der geilste Kicker, weil er einfach vorne die Tore gemacht hat.“
Als Müller 1964 als 18-Jähriger vom schwäbischen Amateurligaverein TSV 1861 Nördlingen zum FC Bayern wechselte, wurden seine Tore mit einem Grundgehalt von 160 Mark im Monat entlohnt. Heutzutage würde er mit Millionen Euro überschüttet. Doch ein Profileben in Zeiten von Twitter, Facebook, Instagram und täglichem Medienrummel wäre für Müller garantiert eher ein Gräuel als ein Glücksfall gewesen.
Müller war ein Weltstar, aber keiner für Glamour und Rote Teppiche. Schlagzeilenträchtige Interviews bekamen Reporter von ihm eher nicht. „Den Franz“ beneidete er nie um dessen Status als Lichtgestalt. Beckenbauer hetzte auch nach der Spieler-Karriere weiter um die Welt. „Ich bin keiner, der gerne weg von zu Hause ist“, sagte Müller, als es ihm noch besser ging. Auf Champions-League-Reisen des FC Bayern ließ er sich von seinem Herzensklub als Attraktion für Sponsoren und Edelfans einspannen. Das genügte einem wie ihm an Aufmerksamkeit.