2:1 n.V. gegen „Team USA“ : Belgien gewinnt den Krimi mit Sonderzulage
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Gut gekämpft und doch verloren: Team USA am Boden, Belgien gewinnt Bild: AP
Torwart Tim Howard hält die Vereinigten Staaten 90 Minuten lang im Spiel. Nach einem belgischen Doppelschlag in der Verlängerung dreht das Team von Jürgen Klinsmann noch einmal richtig auf.
Weil der Fußball so packend ist bei dieser WM, gibt er unablässig Zugaben. Dass Belgien im letzten Achtelfinale gegen die Vereinigten Staaten am Dienstag in Salvador in die Verlängerung musste - womit fünf von acht Spielen der ersten K.o.-Runde über 120 Minuten gegangen sind -, war die Folge der unglaublichsten torlosen 90 Minuten, die man auf diesem Niveau seit Jahren sehen konnte.

Sportkorrespondent in München.
34 Torschüsse hatten beide Teams bis Ende der regulären Spielzeit abgegeben, 29 davon die Belgier. Dann fand erst der dreißigste, der erste der Verlängerung, das Ziel durch Kevin de Bruyne (92.), ehe der eingewechselte Romelu Lukaku zum 2:0 (105.) traf und Julian Green für die Amerikaner nur noch zum Endstand von 2:1 (107.) verkürzen konnte.
Damit trifft der „Geheimfavorit“ der WM im Viertelfinale am Samstag (18 Uhr / ZDF und WM-Liveticker bei FAZ.NET) auf Argentinien. Vor Anpfiff gab es eine herzliche Umarmung der beiden Trainer Marc Wilmots und Jürgen Klinsmann. Das war es dann aber auch mit dem Austausch von Freundlichkeiten. Der 19 Jahre alte Divock Origi, den Wilmots nach dessen Joker-Siegtor gegen Russland anstelle von Lukaku als Mittelstürmer in die Startaufstellung genommen hatte, kam schon im ersten Angriff nach nur vierzig Sekunden dem möglichen schnellsten Tor der WM nahe. Doch Torwart Tim Howard parierte seinen Flachschuss mit starker Fußabwehr.
Es war ein Vorgeschmack auf das, was die schon vor der Pause besseren, danach drückend überlegenen Belgier neunzig Minuten lang erlebten. Die beste Chance gegen zunächst harmlose Amerikaner in der ersten Halbzeit hatte de Bruyne bei einem Überzahlkonter in der 23. Minute vergeben, als er aus bester Position das Tor nicht traf.
Spiel auf ein Tor
Schon in dieser Phase überzeugten die Belgier mit guter Mischung aus Dominanz- und Konterfußball, es fehlte aber die Präzision. Zudem wirkten sie zwei-, dreimal offen und anfällig nach Ballverlusten - einmal musste der scheidende Bayern-Veteran Daniel van Buyten vor dem eigenen Tor in höchster Not retten, einmal trat Michael Bradley im Rückraum am Ball vorbei. Nach der Pause wurde es ein Spiel auf ein Tor. De Bruyne bediente Dries Mertens mit einer schönen Außenrist-Flanke, und der 1,68 Meter kleine Außenstürmer hätte es beinahe geschafft, Torwart Howard mit einem Kopfball-Heber zu überlisten. Kurz danach verpasste Origi eine scharfe Hereingabe fünf Meter vor dem leeren Tor hauchdünn.
Sogar in Sachen Lautstärke übernahmen die Belgier, obwohl deutlich in der Unterzahl gegenüber den Amerikanern im Stadion, in dieser Phase das Kommando. Nur das nötige Glück hatten die Belgier noch nicht. Origi köpfte den Ball an die Latte (56.), Vertonghen scheiterte an Howard (57.) und verzog einen Volley knapp über den Winkel (58.), Axel Witsel verfehlte das Tor knapp (68.). Nach einem Solo des eingewechselten Kevin Mirallas scheiterte Origi frei an Howard (71.). Klinsmanns unterlegenes Team hatte nur noch den destruktiven Plan, tief zu stehen, alles wegzuschlagen und sonst auf ihren überragenden Torwart Howard zu hoffen, der gegen den frei durchgespielten Mirallas ebenso famos hielt (76.) wie gegen einen Direktschuss von Hazard (79.) und einen 17-Meter-Hammer von Origi (84.). Kapitän Vincent Kompany fing hinten einen Angriff ab, spurtete achtzig Meter - und scheiterte beim Abschluss des Konters aus fünf Metern an Howard (90.).
Amerikanische Chance in der Nachspielzeit
Und wie aus dem Nichts ergab sich in der Nachspielzeit die große Chance der Amerikaner auf den unwahrscheinlichsten aller Siege, als Jermaine Jones einen Kopfball gegen die plötzlich nachlässigen Belgier auf Chris Wondolowski weiterleitete, der völlig frei vor dem herausstürzenden Courtois den Ball über das Tor schaufelte. Und wieder, wie schon in den beiden ersten Vorrundenspielen, als alle drei Tore durch Einwechselspieler fielen, hatte Wilmots das richtige Händchen.
Zur Verlängerung brachte er Lukaku für Origi, und der stürmende Kleiderschrank setzte sich wuchtig am rechten Flügel durch, bediente de Bruyne, der zwei Verteidiger und diesmal auch Howard auf dem falschen Fuß erwischte - das befreiende 1:0. Dann die umgekehrte Rollenverteilung, de Bruyne spielte Lukaku frei, der schloss den Konter zum 2:0 ab. Doch die Amerikaner hatten noch eine Antwort, der eingewechselte Julian Green, Jungprofi vom FC Bayern, traf mit einem Volley, belebte die US-Streitkräfte neu und leitete so eine wilde zweite Verlängerungshälfte ein - in der die Belgier ihren verdienten Sieg aber noch nach Hause brachten.