Phil Foden : Englands Spieler für die kleinen, besonderen Momente
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Daumen hoch: Manchesters Phil Foden ist endlich bei England und der WM angekommen. Bild: AP
Zunächst nicht berücksichtigt, ist der begnadete Phil Foden bei England nun der Spieler für die kleinen Momente mit großer Wirkung. Langfristig könnte er aber noch viel mehr sein.
Kann man ein K.o.-Spiel einer Weltmeisterschaft mit einem Hackenpass an der Mittellinie entscheiden? Ja, Phil Foden kann das.
Es ist Sonntag, Al Bayt Stadium, Achtelfinale, England gegen Senegal, 38. Spielminute und Foden, der englische Fußballnationalspieler, wartet da, wo Mittel- und Seitenauslinie sich berühren, als der Ball in seine Richtung rollt. Dann entscheidet er das Spiel. Er macht mit seinem rechten Fuß einen schnellen Schritt nach außen und mit seinem linken Fuß einen schnellen Hackenpass nach innen. Er macht das nicht nur, weil er es kann, sondern weil er es in dieser Situation so machen muss. Es ist die einzige Möglichkeit, seinen Gegenspieler, den senegalesischen Rechtsverteidiger Youssouf Sabaly, in einen Zweikampf zu verwickeln, ohne den Passweg in die Mitte zu versperren. Mit seinem kleinen Kunststück startet Foden den Spielzug, den seine Mitspieler, die die rechte Abwehrseite attackieren können, vollenden. Durch einen guten Pass von Harry Kane. Durch einen sehr guten Pass von Jude Bellingham. Und durch einen guten Schuss von Jordan Henderson. Sie nutzen aus, dass die senegalesische Viererkette in der Szene ohne Sabaly verteidigen muss. So schießt England in der 38. Minute dieses Spiels das erste Tor, das dem Senegal sofort den Mut nimmt.
Später an dem Sonntagabend, der mit einem 3:0 für seine Mannschaft endet, sitzt Gareth Southgate, der Trainer der Engländer, im Pressekonferenzraum des Stadions. Er wird dort auf mehrere seiner Spieler angesprochen. Auf den Mittelfeldspieler Jude Bellingham aus Dortmund. Auf den Mittelstürmer Harry Kane aus Tottenham. Auf den Mittelfeldspieler Jordan Henderson aus Liverpool. Auf die, die in diesem Spiel für die großen Aktionen sorgen. Auf den Spieler, der für die kleinen Aktionen sorgt, wird er aber nicht angesprochen.
Es ist Phil Foden, der vor dem 1:0 den entscheidenden und vor dem 2:0 von Kane und dem 3:0 von Bukayo Saka den finalen Pass spielt. So schätzt das Jonathan Liew ein, der schlaue „Guardian“-Sportreporter, der danach einen Text mit folgendem Titel formuliert: „Mit einer bahnbrechenden Leistung zeigt Phil Foden England, dass er wirklich sensationell ist.“ Und was soll man sagen: Stimmt!
Ein Grund für Sanés Bayern-Wechsel
In England wissen eigentlich alle, wie sensationell Foden kicken kann. Seit er acht Jahre alt ist, trägt er das Trikot von Manchester City. Mit 17 Jahren spielte er das erste Mal in der Champions League und in der Premier League. Mit 18 Jahren schoss er seine ersten Tore. Mit 19 Jahren spielte er als Stammspieler in der Mannschaft, die englischer Meister wurde. Mit 20 Jahren spielte er schon so gut, dass Pep Guardiola, sein Trainer, offenbar kein großes Problem damit hatte, dass der Verein entschied Leroy Sané, der auf Fodens Position spielte, an den FC Bayern zu verkaufen. Mit 21 Jahren spielte er im Champions-League-Finale und verpasste das EM-Finale nur, weil er sich davor im Training verletzte.
Jetzt, mit 22 Jahren, will Phil Foden Weltmeister werden. Wenn Gareth Southgate das ebenfalls will, wird er in seiner Mannschaft auf mehrere Elemente setzen müssen. Auf die Tore von Harry Kane. Auf die Physis von Jude Bellingham. Auf das Strukturelle von Jordan Henderson. Und doch ist es Foden, der ballsicherste Spieler seiner Mannschaft, der in den entscheidenden Momenten den Unterschied machen könnte.
Es gab in England einige Diskussionen, als Southgate seine erste Elf für die Gruppenspiele gegen Iran (6:2) und USA (0:0) ohne Foden aufstellte. „Ich bin enttäuscht“, sagte dieser der „BBC“, „aber das ist Teil des Turniers. Ich bin ein Mannschaftsspieler – und wenn ich eine Chance bekomme, werde ich sie nutzen.“ Im dritten Gruppenspiel gegen Wales (3:0) gab ihm Southgate diese Chance – und Foden, der auf seiner Lieblingsposition als linker Außenstürmer anfangen durfte, nutzte sie. Er schoss das 2:0. Es war aber nicht das Tor, das herausragte, sondern das, was er mit dem Ball machte. Er kann diesen, selbst wenn er von Verteidigern umzingelt wird, stoppen, halten, weiterleiten. Er kann, was in der englischen Nationalmannschaft sonst keiner auf diesem Niveau kann.
An diesem Samstag, wenn England im Viertelfinale gegen Frankreich antritt, wird Foden wahrscheinlich wieder auf der linken Seite starten dürfen. Das ist die kurzfristige Lösung. Es gibt aber einige Fußballkenner, darunter Kevin de Bruyne, sein Mitspieler in Manchester, die glauben, dass Foden in seiner Karriere langfristig in der Mitte spielen sollte. Dort, wo die Spiele im modernen Fußball meistens entschieden werden.