Fußball-WM in Brasilien : Krisengewinnler Pelé
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Vorkoster: Pelé macht Sandwich-Werbung Bild: picture alliance / dpa
Pelé ist vor der WM in Brasilien gut im Geschäft. Doch er taucht nur noch selten auf der großen Fußball-Bühne auf. Er geht korrupten Funktionären und Politikern aus dem Weg. Das ist nicht zu seinem Nachteil.
Mal sitzt Pelé für eine Supermarktkette auf einem Thronsessel mit Zepter und Krone, mal führt er Journalisten durch ein großes Autowerk: Der Jahrhundertfußballer ist ein knappes halbes Jahr vor der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien gut im Geschäft. In Fußballstadien sieht man ihn dagegen nur noch selten.
Die WM-Manager verzichten auf die Dienste von Pelé. Als prominenteste Vertreter in den Gremien des lokalen Organisationskomitees sitzen die ehemaligen Weltmeister Ronaldo und Bebeto.
Die Schlüsselpositionen im OK wurden bereits vor einigen Jahren besetzt, als noch Ricardo Teixeira für den brasilianischen Verband (CBF) zuständig war, ehe der allmächtige CBF-Boss nach einem Korruptionsskandal zu viel ins „Exil“ nach Florida floh. Pelé hat den Funktionär Teixeira nie wirklich akzeptiert, und der revanchierte sich mit einem Bannstrahl für alle wichtigen Ämter.
Staatspräsidentin Dilma Rousseff machte Pelé immerhin zum Ehrenbotschafter der WM, als sich die Krise zwischen Weltverband, Regierung und brasilianischem Verband erstmals zuspitzte. Doch auch in dieser Funktion taucht Pelé nur noch sporadisch auf der großen Bühne auf. Bei der WM-Auslosung in Costa do Sauípe Anfang Dezember weigerte sich Pelé, die Lose zu ziehen.
Abstinenz entpuppt sich als Glücksfall für Pelé
Offiziell aus Aberglauben, die WM für Brasilien vielleicht verpatzen zu können. Vielleicht aber auch, um nicht zu sehr mit den in Brasilien mit großer Skepsis beobachteten Fifa-Größen identifiziert zu werden. Auch einer gemeinsamen Fifa-Pressekonferenz mit verschiedenen Größen des brasilianischen Fußballs aus mehr als fünf Jahrzehnten blieb Pelé fern.
Pelés Abstinenz in allen wichtigen Entscheidungsgremien rund um die WM 2014 entpuppt sich mittlerweile als Glücksfall für den 73 Jahre alten Brasilianer. Zumindest international wird Pelé nicht mit den Skandalen und Korruptionsfällen im Land des fünfmaligen Weltmeisters identifiziert. Als beim Confed-Cup im Juni die Protestwelle durch das Land schwappte, waren die Fifa und der CBF die Zielscheibe der wütenden Demonstranten. Auch der populäre ehemalige Weltmeister Ronaldo bekam nach einer ungeschickten Äußerung zu den Infrastrukturmaßnahmen kurzzeitig die Wut der Straße ab.
Pelé aber blieb unsichtbar. Kein Skandal belastet sein Image, keine Funktion rückt ihn in die Nähe von verhassten korrupten Fußball-Funktionären und Politikern. Das verschafft ihm eine Art ethisches TÜV-Siegel und lukrative Werbeaufträge wie den von VW. Der Automobilkonzern leistet sich in Südamerika und ganz besonders in Brasilien eine riesige Heerschar von ehemaligen Fußballgrößen als Markenbotschaftern.
Die werden dann von konzerneigenen Reportern in konzerneigenen Fernsehshows interviewt, die zwischen den quotenstarken Telenovelas über die Bildschirme des frei empfangbaren Fernsehens flimmern. Den Aufwand, den die Wolfsburger in Brasilien betreiben, um die Marke zu plazieren, ist für europäische und vor allem für deutsche Betrachter verstörend gewaltig.
Publikumswirksam um den Hals gefallen
Für Pelé haben sich die Autobauer den fiktiven Posten eines „Fußballministers“ ausgedacht. In dieser Funktion bittet Pelé die „Deutschen“ um Gnade, damit Brasilien im eigenen Land doch noch Weltmeister werden kann. Journalistisch relevante Interviews gibt Pelé dagegen kaum noch. Der dreimalige Weltmeister redet meist nur noch, wenn ihn irgendjemand dafür bezahlt.
Bei öffentlichen Sponsorenterminen fällt er den Gastgebern gerne publikumswirksam um den Hals und suggeriert damit tiefe, langjährige Freundschaften. Pelé weiß um die Eitelkeit der Geldgeber und bedient diese professionell. Wenn Pelé über Fußball redet, dann nur noch am Rande von Werbeaufnahmen oder vor einer Werbewand irgendeines Sponsors.
All das lässt Pelé kaum noch Zeit für den Fußball. Als im Juni Brasilien, auf einer Welle der Begeisterung getragen, das Finale des Confed-Cups gegen Spanien erreichte und auch noch in beeindruckender Manier 3:0 gewann, fehlte Pelé im Stadion. Er hatte andere Termine. Der reale Fußball interessiert ihn nur noch am Rande.