Oranje-Profi Cody Gakpo : Mit dem Zeug zum ganz großen Star
- -Aktualisiert am
In seiner Liga sogar erfolgreicher als Erling Haaland: Cody Gakpo Bild: AFP
Cody Gakpo hat geschafft, was kein Cruyff und kein Bergkamp konnten. Von seinen Toren profitiert Louis van Gaals Elftal bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Qatar. Und Cody Gakpos Marktwert.
In einer großen Fußballnation wie den Niederlanden wecken die Spiele einer Weltmeisterschaft Erinnerungen an besondere Turniermomente, an Erfolge, Niederlagen, Tore. Und natürlich an die unvergessenen Helden der Elftal, die in Qatar etwas überraschend allesamt von einem Spieler übertroffen wurden, dessen Stern in dem Emirat am Persischen Golf heller strahlt als je zuvor.
Cody Gakpo von der PSV Eindhoven hat in jedem der drei Vorrundenspiele ein Tor geschossen und damit ein Kunststück vollbracht, das noch keinem Holländer zuvor gelungen ist. Keinem Cruyff, keinem van Persie, Bergkamp, Robben, Kluivert oder Rensenbrink. Und es waren nicht irgendwelche Tore, die Gakpo schoss, sondern jeweils die wichtigen Treffer zum 1:0 gegen Senegal, gegen Ecuador und gegen Qatar
Im Achtelfinalduell mit den USA an diesem Samstag (16.00 Uhr MEZ im F.A.Z.-Liveticker zur Fußball-WM und bei MagentaTV) soll diese Serie nun möglichst halten. „Er macht es sehr gut, nicht nur wegen der Tore“, sagt der erfahrene Mittelfeldspieler Marten de Roon über den jungen Kollegen, der in Wahrheit gar nicht so jung ist, wie er offenbar auf Bondscoach Louis van Gaal wirkt.
Als der Altmeister unter den WM-Trainern vor ein paar Tagen auf Gakpo angesprochen wurde, sinnierte er über einen „sehr jungen Spieler, erst 21 Jahre alt“, dabei ist der Sohn einer niederländischen Mutter und eines Vaters aus Togo schon 23. Im Umgang mit Zahlen und Daten liegt der beinahe unfehlbare van Gaal, der sich nach eigener Aussage für den besten Trainer dieses Turniers hält, offenbar doch manchmal daneben.
Van Gaals Coup mit Gakpo
Dafür entpuppt sich seine Entscheidung, Gakpo in einer anderen Position spielen zu lassen als im Klub als echter Coup: im Zentrum hinter den Spitzen. Der 1,89 Meter große Profi „wollte kein Zehner sein“, sagt van Gaal, der aber hart blieb und mit seiner typischen Süffisanz anmerkt: „Jetzt hält er mich für einen großartigen Trainer.“
Tatsächlich ist Gakpo für einen zentralen Mittelfeldspieler recht groß gewachsen, weshalb er sich eigentlich auf dem Flügel wohler fühlt. Bei der PSV ist sein Markenzeichen ein Laufweg von links außen nach innen samt anschließendem Torabschluss mit rechts. Er hat sich diese Bewegungen von Thierry Henry abgeschaut, der ähnlich groß ist und trotzdem immer wieder Lösungen in engen Räumen fand. „Ich weiß nicht, ob es funktioniert, aber ich habe versucht, ihn ein wenig zu kopieren“, hat Gakpo einmal über den berühmten Franzosen gesagt. Aber nicht nur van Gaals Eigensinn und Durchsetzungskraft spielen eine Rolle für Gakpos Tore von Doha, auch er selbst hat einen nicht ganz unwesentlichen Beitrag zu dieser Entwicklung geleistet.
In der vergangenen Saison wurde er von Manchester United und dem dortigen niederländischen Trainer Erik ten Hag umworben, entschied sich dann aber für eine medial gefeierte Vertragsverlängerung bei der PSV bis in das Jahr 2026. Am letzten Tag des Transfersommers hätte er trotzdem nur noch „Ja“ sagen müssen, um doch nach England zu gehen, Leeds United bot 40 Millionen Euro. Die Verantwortlichen in Eindhoven sollen einverstanden gewesen sein, aber Gakpo lehnte ab, obgleich er damit auf viel Geld verzichtete.
Der eine Grund für diese ungewöhnliche Entscheidung ist seine große Verbundenheit mit seinem Klub, dessen Fan er schon seit Kindheitstagen ist, dessen Trikot er schon als Achtjähriger trug. Noch wichtiger war aber, dass er seine WM-Pläne nicht mit den Ungewissheiten eines Vereinswechsels beschädigen wollte.
Interesse von Liverpool und Manchester United
Inzwischen ist klar, dass das ziemlich klug war. Gakpos Marktwert ist bei diesem Turnier noch einmal deutlich gestiegen, was sich auch in seinem Gehalt zeigen wird, wenn dann irgendwann der Wechsel kommt. „Ich denke, am Ende der Saison werde ich bereit sein, den nächsten Schritt zu machen“, hat er neulich gesagt. Medien berichten allerdings, dass der FC Liverpool und Manchester United daran interessiert sein sollen, Gakpo schon im Winter unter Vertrag zu nehmen.
„Es ist immer schön, von diesem Interesse zu hören“, sagt er in Doha, aber vorerst gelte seine ganze Aufmerksamkeit dem niederländischen WM-Projekt. Und eigentlich hat er auch in Eindhoven noch etwas zu erledigen, wo er um die nationale Meisterschaft mitspielt und sich mitten in einer starken Europa-League-Saison befindet.
Bei seinen 14 Einsätzen der laufenden Saison in der Eredivisie hat er neun Tore erzielt und zwölf weitere vorbereitet, hinzu kommen drei Treffer und zwei Vorlagen in fünf Europapokal-Partien. Inklusive des nationalen Pokals kommt er in der laufenden Saison auf 30 Scorerpunkte, das sind vier mehr als Erling Haaland bei Manchester City gesammelt hat.
Aber nicht nur auf dieser Ebene wird der Niederländer mit dem norwegischen Superstar verglichen, auch charakterlich seien die beiden sich ähnlich hat Gakpos Jugendtrainer Twan Sheepers einmal dem Sportportal „The Athletic“ erzählt. „Er war von Anfang an brillant, aber er wollte immer mehr“ – selbst, wenn er einmal zehn oder noch mehr Tore in einem Spiel geschossen hatte, was in der Zeit als Junior gelegentlich vorgekommen ist.
Van Gaal, der Mann, der immer Recht hat, der sogar vor der WM-Auslosung wusste, dass sein Team in einer Gruppe mit Gastgeber Qatar landen würde, glaubt längst an sehr besondere Jahre, die Gakpo noch bevorstehen könnten: „Er hat alles, um ein ganz Großer zu werden, und eine ganz große Persönlichkeit, er ist offen für alles.“ Ganz sicher auch für ein paar weitere Spiele bei dieser WM.