Qatar verliert WM-Auftakt : Ecuador dämpft die Stimmung
- -Aktualisiert am
Fingerzeig aus Ecuador: Qatars WM-Debüt geht völlig daneben. Bild: AP
Qatar verpatzt das Auftaktspiel der Fußball-WM. Gegen Ecuador unterliegen die Gastgeber verdient mit 0:2 – das Stadion ist nach kurzer Zeit halbleer. Bemerkenswert ist die Zeremonie vor dem Anpfiff.
Schöne Stadien bauen können die Qatarer, das haben sie der Welt spätestens mit dem Eröffnungsspiel vor Augen geführt, das in einer wunderschönen, einem Beduinenzelt nachempfundenen Arena ausgetragen wurde. Auch die Organisation von leuchtend schönen Feiern beherrschen sie; viele der Superlative rund um das Wüsten-Event mögen zweifelhaft erscheinen, aber die Show vor der ersten Partie des Gastgebers gegen Ecuador hat tatsächlich alle vergleichbaren Inszenierungen übertroffen. Fußballerisch jedoch war das Team des spanischen Trainers Félix Sánchez vollkommen chancenlos. Am Ende konnten die Qatarer froh sein, nur 0:2 verloren zu haben.
Die bessere Show war für das heimische Publikum daher zweifellos die perfekt vorgetragene Eröffnungszeremonie, in deren Verlauf abermals die Hauptbotschaft der vergangenen Tage an die Welt gesendet wurde: Begegnung, Verbundenheit, gegenseitiges Verständnis, machen den Planeten zu einem besseren Ort. Den Mittelpunkt der Aufführung bildeten zwei voneinander getrennte Brückenteile, die schließlich symbolisch von einem riesigen golden pulsierenden LED-Bildschirm verbunden wurden.
Der amerikanische Schauspieler Morgan Freeman trat einerseits als Vertreter der westlichen Welt und zugleich in der Rolle eines märchenhaften Geschichtenerzählers auf, der einem behinderten arabischen Jungen begegnet. „Jeder ist willkommen, das ist eine Einladung an die Welt, so dass wir voneinander lernen und Schönheit finden können“, sagte dieser.
Der koreanische Boygroup-Star Jung Kook ließ die Teenager kreischen, bevor er von dem qatarischen Sänger Fahad Al Kubaisi abgelöst wurde, den die FIFA als Menschenrechtsaktivist vorstellte. Und Tamim bin Hamad Al Thani, der Emir der Monarchie, die die Welt zu Gast hat, verkündete: „Endlich ist der Tag da, auf den wir so lange gewartet haben. Menschen unterschiedlicher Religionen und Ansichten werden sich hier versammeln. Ihre Diversität bringt sie zusammen.“
Das ist die lobenswerte Verlautbarung, die am Persischen Golf derzeit hoch und runtergebetet wird, hinter der aber immer deutlicher auch eine Aufforderung der Qatarer an ihre Kritiker vernehmbar ist: Wir sind eben nicht so wie ihr, seid tolerant, und lasst uns unsere Frauen, Arbeitsmigranten und LGBTIQ-Menschen behandeln wie wir es für richtig halten. Es wird interessant, wie diese Auseinandersetzung zwischen den unterschiedlichen Welten weitergeht und ob das Spiel tatsächlich die verbindende Kraft hat, die ihm zugeschrieben wird. Wenn die Gastgeber so weiterspielen, werden sie allerdings wenig Freude an der eigenen Mannschaft haben.
Bereits nach etwas mehr als zwei Minuten jubelten die Ecuadorianer, doch der erste Treffer von Enner Valencia wurde aufgrund einer Abseitsstellung annulliert. Aber schon in dieser Szene war erkennbar, dass die Qatarer sich am besten von allen Teilnehmern auf dieses Turnier vorbereitet haben mögen, aber mit einem Torwartproblem kämpfen.
Saad Al Sheeb irrte vor dem Abseitstor ziemlich orientierungslos durch den Strafraum und begünstigte dann auch den ersten Treffer des Turniers, der zählte, nachdem er Valencia im Strafraum foulte. Den fälligen Elfmeter nutzte der Gefoulte selbst souverän zum 1:0 (13.). Und als der Angreifer nach 31 Minuten auch den zweiten Treffer des Abends geköpft hatte, verließen die ersten Zuschauer enttäuscht ihre Plätze.
In vielen Phasen wirkte die Partie wie das Duell eines naiven A-Jugend-Teams mit einer auf höchstem Niveau gestählten Profi-Elf. Zwischenzeitlich verstummte sogar die Gruppe Qatar-Fans, die gründlich einstudierte Anfeuerungsgesänge schmetterte.
Als sie dann doch wieder versuchten, das Stadion in Stimmung zu bringen, wurden sie ironisch von den Ecuadorianern imitiert, das war die erste kleine rebellische Aktion dieser WM aus dem Kreis der Fans. In der zweiten Hälfte verging vielen der 67.372 Zuschauer dann endgültig der Spaß an dem Spiel. Nach der Pause war die Arena nur noch zu ungefähr zwei Dritteln gefüllt. Viel verpasst haben die Geflüchteten nicht mehr, die Ecuadorianer waren gnädig mit den überforderten Gastgebern.