Fußball-WM-Achtelfinale : Senegals Sound und englisches Statement
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Sie ließen sich die Stimmung nicht verderben: Senegals Zuschauer gaben dem Spiel einen besonderen Sound. Bild: dpa
Henderson, Kane und Saka treffen beim 3:0-Erfolg gegen Senegal. Das englische Team unterstreicht seine Ambitionen bei dieser Fußball-WM. Senegals Fans trommeln sich aus der WM.
Es gibt mehrere gute Gründe, warum man diese WM in Qatar nicht mögen muss, aber mindestens einen, warum man sie auch guten Gewissens mögen kann: wegen den Fußballfans, die das Spiel in den Stadien wirklich schmücken. Am Sonntag standen unter den 65.985 Fans im Al Bayt Stadium mehrere Gruppen aus dem Senegal.
Sie schauten sich an, wie ihre Nationalmannschaft im Achtelfinale gegen England spielte. Wobei, sie schauten nicht nur. Sie trommelten und tanzten, tanzten und trommelten. So gaben sie dem Spiel, das nicht sehr spannend war, einen eigenen Sound. Und manche von ihnen hörten nicht mal in der Halbzeitpause auf.
Sie trommelten und tanzten, als Jordan Henderson in der 39. Minute das 1:0 für England schoss.
Sie trommelten und tanzten, als Harry Kane in der 45. Minute das 2:0 für England schoss.
Sie trommelten und tanzten, als Bukayo Saka in der 57. Minute das 3:0 für England schoss.
Sie trommelten und tanzten, als der Schiedsrichter abpfiff.
So hatte das Spiel einen senegalischen Sound, aber aus sportlicher Sicht einen englischen Touch. Die Engländer spielten wie meistens in diesen WM-Tagen: nicht dominant, aber in den entscheidenden Momenten entschlossen und präzise. Das hatte mit den individuellen Fähigkeiten ihrer Fußballspieler zu tun. Mit dem Mittelstürmer Harry Kane. Mit dem Mittelfeldspieler Jude Bellingham. Und vor allem mit Phil Foden.
Es gibt einige Argumente, mit denen Gareth Southgate, seit September 2016 Trainer der Nationalmannschaft, von den Kritikern in seiner Heimat regelmäßig konfrontiert wird. In den ersten WM-Wochen wurde das weniger, aber ein Argument fanden sie dann doch. Sie fragten sich: Warum steht Foden, der eleganteste englische Fußballer, eigentlich nicht in der Startelf? Im ersten Spiel gegen Iran (6:2) wurde er erst in der 70. Minute eingewechselt. Im zweiten gegen die Vereinigten Staaten (0:0) gar nicht, weil er in dem Duell, so sein Trainer später, nicht in den Matchplan passte. Im dritten Spiel gegen Wales (3:0) setzte Southgate den Angreifer von Manchester City dann aber von Anfang an ein. Und das lohnte sich: Er schoss sofort ein Tor.
Am Sonntag stellte Southgate Foden wieder auf – und man konnte in den wichtigen Momenten sehen, warum das die richtige Entscheidung war. Das 1:0 machte er mit einem kunstvollen Hackenpass an der Außenlinie möglich. Er spielte den Ball nicht so, weil er es konnte, sondern weil er es in der Situation musste, um den Spielzug zu beschleunigen. Danach spielte Kane den Ball mit einem schlauen Pass zu Bellingham – und Bellingham ihn mit einem noch schlaueren Pass zu Henderson, der ihn ins Tor schoss.
Das 2:0 machte Foden mit einem Querpass auf Kane möglich, den man so erstmal an Kalidou Koulibaly, dem senegalesischen Innenverteidiger des FC Chelsea, vorbeibringen muss. Das 3:0 machte Foden dann mit Dribbling plus Pass möglich. In der Mitte musste Saka nur einschieben. Ein paar Minuten später wechselte Southgate ihn aus. Er wollte ihn wohl schonen. Fürs Viertelfinale gegen Frankreich am Samstag (20 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Fußball-WM und bei MagentaTV).
So souverän, wie sich das womöglich anhört, waren die Engländer zumindest in der ersten Halbzeit nicht. Sie hatten sogar Glück, als sowohl Boulaye Dia (geblockt) als auch Ismaila Sarr (über das Tor) in der 22. Minute nach einem Fehlpass des Innenverteidigers Harry Maguire nicht trafen. Etwas später musste der englische Torhüter Jordan Pickford mit der Hand retten, vielleicht hätte ein mögliches Tor aber auch nicht gezählt, weil ein Spieler des Senegals den Ball davor wohl mit dem Arm geführt hatte.
Dann machte Henderson aber das erste Tor – und der Widerstand des Gegners war gebrochen. Später in der zweiten Halbzeit, als das Spiel längst entschieden war, wechselte Southgate auch seine Stammspieler Bellingham und Henderson aus. Die Fans aus England applaudierten. Und die Fans aus dem Senegal trommelten und tanzten natürlich.