Die Stimmen zum Spiel : „Das ist bitter und erbärmlich“
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Die Enttäuschung steht Manuel Neuer (links) und Mats Hummels ins Gesicht geschrieben. Bild: AFP
„Unser letztes überzeugendes Spiel war im März 2017“: Die Weltmeister schienen nicht völlig überrascht vom frühen Aus. Schlechte Verlierer sehen anders aus. Reaktionen auf das Scheitern der deutschen Mannschaft.
Die Mixed Zone im Stadion von Kasan ist eine ungemütliche Zone, wie jeder dieser Orte bei einer Weltmeisterschaft, wo die Spieler und Verantwortlichen ihre Erklärungen nach den Spielen abgeben. An diesem Ort haben sich die deutschen Spieler bei dieser Weltmeisterschaft nie wohl gefühlt, entweder waren sie zu enttäuscht und ernüchtert, wie nach dem 0:1 gegen Mexiko. Oder sie beklagten sich nach der ersten Freude gegen Schweden dann darüber, dass sie nicht die Unterstützung bekämen, die sie sich wünschten.
An diesem Tag aber, dem schwarzen Tag des Weltmeisters von Kasan, ist vieles anders. Die Spieler, die sich zu der schwersten Niederlage des deutschen Fußballs seit vielen Jahren äußern, seit den Zeiten des Rumpelfußballs, wirken aber gleichwohl nicht wie am Boden zerstört. Ob Manuel Neuer, Mats Hummels, Thomas Müller oder Toni Kroos, die Weltmeister, sie schienen nicht völlig überrascht vom frühen Aus, das die erfolgreichste Fußballnation dieser Dekade in Russland ereilt hat. Sie erweckten den Eindruck, als wären sie über den Punkt der Enttäuschung in diesem Moment schon hinaus. Als ob sie, ganz realistisch, unabhängig vom Ausgang dieses Spiels nach den Auftritten gegen Mexiko und Schweden schon geahnt oder gewusst hätten, dass es bei dieser Weltmeisterschaft für sie nicht weit gehen würde.
Es gab wie immer auch einige Spieler, die die Mixed Zone verließen, ohne anzuhalten und zu sprechen. Und dazu gehörten wieder Mesut Özil, der von Anfang an gespielt hatte, und Ilkay Gündogan, der gegen Südkorea nicht zum Einsatz kam. Auf die Frage in der internationalen Pressekonferenz nach der 0:2-Niederlage, ob die Erdogan-Affäre nicht doch einen weit stärkeren Einfluss auf das Team und sein Innenleben gehabt habe, als man habe zugeben wollen, gab der Bundestrainer keine Antwort. Dass es jedoch mehrere Mosaiksteine waren, die verhinderten, dass die Weltmeister bei dieser WM auch nur annähernd ihre Ziele erreichten, die sie sich vorgenommen hatten, daran ließen die Führungsspieler, die ihre Mannschaft in Russland nicht mehr führen konnten, keinen Zweifel.
Es war auch nicht so, dass das Scheitern die Spieler emotional vollkommen umgehauen hätte oder ihnen die Tränen in den Augen gestanden wären. Sie nahmen die Niederlage vergleichsweise nüchtern und besonnen zur Kenntnis. Schlechte Verlierer, so viel ist sicher, sehen anders aus als die deutschen Weltmeister, die ihren Platz in Russland so früh räumen mussten.
Mats Hummels: „Wir haben bis zum Schluss daran geglaubt, selbst nach dem 0:1. Aber wir haben den Ball nicht ins Tor gebracht. Wir hatten genug Gelegenheiten. Das hat uns heute das Genick gebrochen. Das letzte überzeugende Spiel, das wir abgeliefert haben, war im März 2017. Das ist ein bisschen lange her. Wenn ich den in der 86. Minute reinmache, reden wir darüber, wie geil es ist, dass wir weitergekommen sind. Jetzt reden wir leider über was anderes. Ein ganz bitterer Tag für alle deutschen Fußballfans.“
Kapitän Manuel Neuer: „Ich denke, dass jeder sehr enttäuscht und traurig ist, dass wir diese große Chance verpasst haben. Wir haben es auch bei diesem Spiel nicht geschafft, eine sehr gute Leistung zu zeigen. Ich denke, dass von uns allen die Bereitschaft nicht groß genug war und der Wille, zu zeigen, dass wir bei dieser Weltmeisterschaft was reißen wollen. Spätestens bei der nächsten oder übernächsten Station wäre Halt gewesen für uns. Wir haben in keinem Spiel richtig überzeugt, wo wir sagen können, das war die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Das ist bitter und erbärmlich.“
Thomas Müller: „Dass wir mit dieser Mannschaft in unserer Gruppe als Tabellenletzter ausgeschieden sind, dafür gibt es viele Gründe. Aber summa summarum sind wir dem ganzen Anspruch eines Weltmeisters nicht gerecht geworden. Alle Erklärungen, die jetzt kommen, können wir nicht zurückweisen. Wir hatten gehofft, dass wir den Schwung aus dem Schweden-Spiel mitnehmen können. Aber das Spiel heute und gegen Mexiko war absolut unter unseren Ansprüchen. In der Kabine war es sehr still. Jedes Wort war überflüssig.“
Sami Khedira: „Jetzt ist einer der schwersten Momente für die Mannschaft und auch für mich persönlich. Wir haben vor dem Turnier gesagt, dass die Weltmeister das Team führen müssen. Ich persönlich bin der Erste, der die Verantwortung übernimmt. Wir müssen jetzt mit den Konsequenzen leben.“
Reinhard Grindel, DFB-Präsident: „Mir tut es leid für alle Fans, die sich auf diese WM gefreut haben. Ich erwarte, dass wir eine saubere Analyse bekommen, dann werden wir darüber sprechen und die nötigen Konsequenzen ziehen.“
Oliver Bierhoff, Nationalmannschaftsmanager: „Es spricht eigentlich keiner, alle sind tief enttäuscht. Wir sind angerannt, gegen Ende macht man dann auf. Es herrscht großer Frust und riesige Enttäuschung. Ich gehe fest davon aus, dass Jogi weitermacht.“
Arne Friedrich, ehemaliger Nationalspieler: „Es ist leicht, stolz auf unser Team und Land zu sein, wenn wir Titel gewinnen. Gerade jetzt sollten wir zusammenrücken, aus unseren Fehlern lernen und nach vorne schauen.“
Gareth Southgate, englischer Nationaltrainer: „Ich habe sie letzten Sommer hier mit einem jungen Team beim Confed Cup gesehen, sie hatten zudem Erfolge mit der U21. Aber in diesem Turnier haben sie in den drei Spielen zusammengenommen nur etwa eineinhalb Minuten geführt. Es war ungewohnt zu sehen, dass sie so große Probleme haben.“
Gary Lineker, ehemaliger englischer Nationalspieler: „Fußball ist ein einfaches Spiel. 22 Spieler rennen 90 Minuten lang einem Ball hinterher, und am Ende gewinnen die Deutschen nicht mehr. Die vorherige Version ist nun Geschichte.“
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: „Wir sollten herauszufinden, wo die Fehler waren. Wo haben wir Chancen vergeben, und was können wir tun, um im nächsten Turnier präsent zu sein?“
Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Heute sind wir alle sehr traurig.“