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WM-Debakel gegen Kroatien : „Argentinien ist ein ewiges Drama“

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Nicht nur Argentiniens Cristian Pavon konnte es nicht fassen. Bild: Reuters

Der Finalist von 2014 erlebt ein Debakel. Nach dem 0:3 gegen Kroatien droht nun schon das Aus in der Vorrunde. Die Reaktionen sind heftig. Und der Trainer gibt eine verbale Bankrotterklärung ab.

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          Lionel Messi sagte erstmal kein Wort nach seinem vielleicht bittersten Abend im Argentinien-Trikot. Die demütigende Niederlage gegen vorzeitig fürs Achtelfinale qualifizierte Kroaten kann der Anfang vom Ende des Ausnahmefußballers in der Nationalmannschaft gewesen sein. Vor zwei Jahren trat Messi schon einmal zurück, kam aber wieder und führte die Albiceleste zur WM in Russland, die endlich die seine werden sollte. Nach 2006 in Deutschland, 2010 in Südafrika und 2014 in Brasilien steht Messi nun aber vor dem endgültigen Scheitern seiner WM-Titelmission.

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          „Leo ist limitiert, weil das Team nicht so mit ihm spielt, wie es sollte“, sagte Trainer Jorge Sampaoli – die verbale Bankrotterklärung nach dem fußballerischen Offenbarungseid in der zweiten Hälfte beim 0:3 gegen starke Kroaten. „Wir konnten ihm den Ball nicht hinspielen, damit er Situationen schaffen kann, wie nur er es kann“, sagte Sampaoli. 20 Ballkontakte im ersten Durchgang – ein lächerlicher Wert für Messi, der nach seinem verschossenen Elfmeter beim 1:1 zum Auftakt gegen Island alles wiedergutmachen wollte.

          Alles ging aber schief. „Eine Niederlage, die das Schlimmste der Auswahl bloßstellte und sie am Rand des Abgrunds zurückließ“, schrieb die argentinische Zeitung „La Nacion“. „Olé“ schirieb: „Chronik des Desasters. Ein schrecklicher Tag für die Selección in Russland.“ Und „La Capital“ konsternierte ernüchtert: „Eine Mannschaft, die keine Auswahl ist. Sampaoli und seine Jungs sind an der eigenen Inkompetenz gescheitert, eine Realität, die genauso frustrierend ist wie sie vorhersehbar war.“ „Argentinien ist verloren. Messi ist verloren“, meinte das spanische Sportblatt „Marca“. Und „Sport“ meinte nur: „Argentinien ist ein ewiges Drama.“

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          Sampaoli suchte die Schuld für das Debakel weder bei Messi, dessen 31. Geburtstag am Sonntag im WM-Camp in Bronnizy zu einer wenig spaßigen Veranstaltung werden dürfte, noch beim bereits 36 Jahre alten WM-Debütanten Wilfredo Caballero im Tor der Argentinier. Seinen krassen Aussetzer in der 53. Minute nutzte Eintracht Frankfurts Ante Rebic spektakulär zur 1:0-Führung. Davon erholte sich Argentinien nicht, Luka Modric (80.) und Ivan Rakitic (90.+1) machten die Demontage vor tausenden entsetzten, sprachlosen und untröstlichen Argentiniern im Stadion perfekt.

          Eine Leistung, für die Sampaoli die volle Verantwortung übernahm und sich bei allen Anhängern entschuldigte. „Ich möchte sie um Verzeihung bitten, vor allem die, die so viel auf sich genommen haben, um uns hier zu unterstützen. Ich habe das Beste getan, was ich konnte, ich habe es aber einfach nicht geschafft, ihnen zu geben, was sie verdient gehabt hätten.“

          Dort, wo Argentinien stehen wollte, darf sich Kroatien feiern lassen. Zweiter Sieg im zweiten Spiel, vorzeitig qualifiziert fürs Achtelfinale. Bislang fünf Tore geschossen, keins kassiert. Es sei noch zu früh, darüber zu reden, ob Kroatien nun einer der Favoriten sei, betonte Rebic. „Wir sind stark, aber wir machen Schritt für Schritt“, meinte der Bundesliga-Profi. Auch der überragende Modric bremste, während in Kroatien die Erinnerungen an die WM 1998 mit dem Erreichen des Halbfinales immer mehr zur Wiedervorlage genommen werden. „Wir sollten von Spiel zu Spiel schauen und nicht euphorisch werden“, meinte Modric. Aber natürlich gebe der Sieg gegen Argentinien einen Schub, räumte er dann doch ein.

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          Argentiniens Coach hat aus dem enttäuschenden 1:1-Auftakt gegen Island Konsequenzen gezogen und seine Mannschaft personell und taktisch umgestellt. Mit drei neuen Spielern in der Startelf sollte vor allem Messi mehr Unterstützung bekommen. Der Superstar bildete gemeinsam mit Maximiliano Meza und neben der bisherigen Sturmspitze Sergio Agüero die Dreier-Angriffsreihe der Südamerikaner, die mit sieben Spielern, die mindestens 30 Jahre alt sind, starteten.

          Es wurde von der ersten Minute an ein giftiges Spiel mit insgesamt elf Gelben Karten am Ende. Gegen die im ersten Gruppenspiel überzeugenden und siegreichen Kroaten mussten die Argentinier auf der Hut sein. Ivan Perisic hatte schon in der fünften Minute eine gute Chance, doch seinen Linksschuss konnte Caballero abwehren. Gegen den Kopfball von Mario Mandzukic (33.) hätte er keine Chance gehabt, doch der Mittelstürmer verzog knapp. Die zahlreichen argentinischen Fans konnten erstmal aufatmen.

          Die Kroaten zeigten sich gut vorbereitet, störten den Gegner schon früh im Spielaufbau und bestritten die Zweikämpfe rustikal. Das machte es für die Mannschaft von Sampaoli nicht leichter, aber dadurch ließ sich der WM-Zweite von 2014 auch nicht beeindrucken. Maximiliano Meza (13.) und die beiden neu in die Anfangsformation gerückten Marcos Acuna (21.) und Enzo Perez (29.), der aus zwölf Metern das leere Tor nicht traf, hatten gute Möglichkeiten, scheiterten aber jeweils knapp. Von Messi gab es auch im zweiten Turnierspiel viel zu wenig Impulse. In Marcelo Brozovic hatte der 30-Jährige einen echten Sonderbewacher, auch Rebic ließ sich häufig zurückfallen.

          In der 53. Minute stand der Frankfurter bei einem kapitalen Fehler von Torhüter Caballero, der einen Rückpass von Gabriel Mercado nicht richtig traf und Rebic so einen schönen Volleytreffer ermöglichte. Pikant: Trainer Sampaoli hatte sich vor der WM für den 36-Jährigen als Nummer eins entschieden, weil er mit dem Fuß besser mitspielen kann. Messi hatte kurz darauf den Ausgleich auf dem Fuß, vergab aber aus kurzer Distanz. Auch die Kroaten hatten am Ende noch Chancen und kamen durch einen schönen Distanzschuss von Modric und Rakitic zum deutlichen Sieg.

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