1:2 gegen Kroatien : Perisic beschert den Spaniern Italien als Gegner
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Gruppensieger: Perisic bringt Kroatien den Gruppensieg. Bild: Reuters
Das hatte sich Titelverteidiger Spanien anders vorgestellt: Nach der 1:2-Niederlage gegen Kroatien wird Spanien nur Zweiter in Gruppe D. Im Achtelfinale kommt es nun bereits zur Neuauflage des Finales von 2012 gegen Italien.
Er könnte so schön sein, der Fußball. Unvergessen der Spruch von Franz Beckenbauer, er habe sich in seinem Leben nichts mehr gewünscht, als mal in einer Mannschaft zu spielen, in der jeder den Ball stoppen kann. Falsche Zeit, falsches Land, kann man da nur sagen. Wäre er nicht als Franz, sondern als Francisco auf die Welt gekommen, nicht 1945, sondern fünfzig Jahre später, so hätte er bei den Spaniern kicken können, einer Mannschaft, von der man behauptet, jeder ihrer Spieler beherrsche das technische Einmaleins des Fußballs.
Beim 1:2 gegen Kroatien am Dienstag in Bordeaux gaben die Iberer einige Kostproben ihres Könnens, ließen es vor 43.000 Zuschauern aber allzu ruhig angehen und vergaben beim Stand von 1:1 sogar einen Elfmeter durch Ramos (72.). Die Spanier waren, wie die Kroaten, schon vor der Partie für das Achtelfinale qualifiziert, und so war es eine Art Testspiel für beide Mannschaften – es ging darum, den Rhythmus zu halten und Verletzungen zu vermeiden.
Ramos verschießt Elfmeter
Das Tempo hielt sich entsprechend in Grenzen, die Spanier hatten mehr Ballbesitz, die Kroaten spielten den Fußball, mit dem sie schon im bisherigen Turnierverlauf überzeugen konnten: eine fein abgestimmte Mischung aus technischen und kämpferischen Elementen mit einem ordentlichen Schuss Leidenschaft. Und der reichte am Ende, um die Spanier in der Tabelle noch zu überholen. Den entscheidenden Treffer erzielte Perisic in der 87. Minute.
Zuvor hatten Morata für Spanien (7.) und Kalinic (45.) getroffen. Damit musste Spanien nach 14 EM-Spielen wieder eine Niederlage hinnehmen und bekommt es nun am Montag (18 Uhr) in Saint-Denis mit dem wiedererstarkten Italien zu tun – die beiden standen sich 2012 im Finale gegenüber.
Strafe für Nachlässigkeit
Das kroatische Team musste ohne Luka Modric auskommen, seinen angeschlagenen Star von Real Madrid, der auf der Bank Platz nahm, und von dort aus in der siebten Minute eine erste Kombination der Spanier sah: Silva lief den Strafraum entlang, als sei die weiße Linie extra für ihn gezogen, legte den Ball in den Lauf von Fabregas, der spitzelte ihn am Torwart vorbei – ein kleines Kunstwerk, das Morata in der Mitte zum 1:0 vollendete. Aber dann gab es doch einen im spanischen Team, der den Ball nicht stoppen konnte. Torhüter David de Gea von Manchester United vertändelte das Leder im eigenen Strafraum, und Rakitic nutzte die Situation zu einem Heber, der von der Latte auf die Torlinie prallte – kein Treffer, wie spätestens die Torkamera bewies.

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Francisco Beckenbauer hätte sich gewundert: In der 43. Minute passierte Unglaubliches: Nach einem zauberhaften Spielzug war Morata völlig frei mitten im Strafraum, doch dem sonst treffsicheren Angreifer versprang der Ball und die Chance war dahin. Die Strafe folgte zwei Minuten später auf dem Fuß von Kalinic, der eine Flanke aus zwei Metern zum 1:1 über die Linie drückte. Es gab noch ein paar schöne Spielzüge und ein Chancen hüben wie drüben, mit einem Übergewicht für Spanien – und der Entscheidung für Kroatien.
Die Stimmung im Stadion war gedämpft, nichts zu hören von den eindrucksvollen Fan-Chorälen, die man bei dieser EM regelmäßig zu hören bekommt. Es war bis in die Schlussphase hinein, bis die Kroaten endlich feierten, eine gedrückte Atmosphäre, die vielleicht ihren Ursprung darin hatte, dass es vor dem Spiel hieß, kroatische Chaoten würden, wie schon im Spiel gegen Tschechien am vergangenen Freitag, einen Spielabbruch provozieren wollen. Ja, er könnte so schön sein, der Fußball. Doch bei manchen Mannschaften spielt auch die Angst mit. Die Angst vor Chaoten, Extremisten, Hooligans, die Angst vor der Gewalt, die dieser Sport hinter sich herzieht wie einen schweren Ballast. Auch die Kroaten haben diesen Schattenmann, diese tumbe Brutalität, immer wieder im Schlepptau.
Vor dem Spiel in Bordeaux hatte der kroatische Innenminister der französischen Regierung angeboten, eine Spezialeinheit der kroatischen Polizei nach Bordeaux zu schicken, um Ausschreitungen zu verhindern. Ein Angebot, das die Franzosen dankend ablehnten. Man habe alles im Griff, hieß es. Der kroatische Nationaltrainer Ante Cacic gab sich damit zufrieden: „Die Polizei wird diesmal besser vorbereitet sein“, vermutete er. Und so war es. Nur einmal, nach dem Ausgleich, ging im Block der Kroaten ein Böller los. Ansonsten blieb es bis zum Abpfiff in dieser Hinsicht ruhig.