Sorge um WM 2030 in England : Niederknien in der Downing Street?
- -Aktualisiert am
Boris Johnson beim Finale in Wembley Bild: AP
In Großbritannien wächst ob der geschmacklosen Reaktionen auf das verlorene Finale der Fußball-EM die Angst, als Ausrichter der WM 2030 nicht berücksichtigt zu werden. Die rassistischen Beleidigungen gegen die drei Fehlschützen erreichen bereits die Politik.
In Britannien wächst die Sorge, dass die geschmacklosen Reaktionen auf das verlorene Finale und das Verhalten rüpelhafter Fans vor und nach dem Spiel die Hoffnung zerschlagen, Gastgeberland der Fußballweltmeisterschaft von 2030 zu werden. Die rassistischen Beleidigungen gegen die drei Fehlschützen im Elfmeterschießen, die einen Schatten über das Turnier geworfen haben, sind von Politik, Sport und Öffentlichkeit einhellig verurteilt worden. Prinz Charles und Justin Welby, Erzbischof von Canterbury, stimmten ebenfalls in den Chor der Ablehnung ein.
Unterdessen hat sich die Kritik an der als uneindeutig empfundenen Haltung Premierminister Johnsons und seiner Innenministerin Priti Patel in der Frage des Kniefalls vor dem Spiel verschärft. Beiden wird vorgeworfen, das Ausbuhen der Geste gegen Rassismus und Diskriminierung nicht eindeutig abgelehnt zu haben. Der Nationalspieler Tyrone Mings warf der Innenministerin vor, das Feuer zu Beginn des Turniers geschürt zu haben mit ihrer Kritik an dem Kniefall der englischen Mannschaft. In seiner Antwort auf Priti Patels Äußerung, davon angewidert zu sein, dass die Spieler, „die dem Land in diesem Sommer so viel gegeben haben, abscheulichen rassistischen Beschimpfungen in den sozialen Medien ausgesetzt worden sind“, unterstellte Mings der Ministerin Heuchelei. Man könne die Antirassismusbotschaft der Spieler nicht als Politik der bloßen Gesten bezeichnen und „dann so tun, als wäre man empört, wenn genau das geschieht, wogegen wir agitieren“.
Die stellvertretende Labour-Parteiführerin Angela Rayner forderte Priti Patel und Boris Johnson auf, selbst auf die Knie zu gehen und sich bei Marcus Rashford, Jadon Sancho und Bukayo Saka dafür zu entschuldigen, dass sie diesen „rassistischen Dreckskerlen die Lizenz erteilt haben, unsere Spieler zu beleidigen“. Wenn man die Hunde herbeipfeife, dürfe man sich nicht wundern, wenn sie bellten.
Niederknien mit Boris Johnson
Der konservative Abgeordnete Johnny Mercer, der kürzlich aus Protest gegen die Regierung als Staatsminister im Verteidigungsressort zurücktrat, tanzte in seiner Partei aus der Reihe, indem er Mings recht gab. Johnson und andere Abgeordnete sprangen der Innenministerin jedoch am Dienstag zur Seite.
Johnsons Sprecher hob hervor, dass die Innenministerin jeden Tag resolut gegen Hassverbrechen, Rassismus und Gewalt vorgehe. Der Sprecher signalisierte außerdem, dass der Premierminister nichts dagegen hätte, wenn die Fußballspieler in der Downing Street bei einem möglichen Empfang zu ihren Ehren dort knien wollten. Der stellvertretende Finanzminister Stephen Barclay wies darauf hin, dass sich Patel als Tochter asiatischer Einwanderer aus Uganda wiederholt gegen Rassismus ausgesprochen habe und selbst Opfer entsetzlicher rassistischer Beleidigungen gewesen sei.
Der Stürmer Rashford hat bekundet, den Tränen nah gewesen zu sein über den Zuspruch, den er erhalten habe seit der Verunstaltung eines Wandgemäldes von ihm in seinem Heimatort bei Manchester in der Nacht vom Montag. Die rassistischen Graffiti auf dem Porträt, das Rashfords Kampagne für kostenlose Mahlzeiten für bedürftige Kinder würdigt, sind zugedeckt worden.
Auch der englische Kapitän Harry Kane würdigte die Leistung von Rashford, Sancho und Saka. Die drei Spieler seien den ganzen Sommer über „brillant“ gewesen und hätten den Mut gehabt, einen Elfmeter zu schießen, als viel auf dem Spiel stand. Sie verdienten Unterstützung, nicht die „ekelhaften rassistischen Beleidigungen“, die ihnen zuteilgeworden seien. Wer irgendjemanden in den sozialen Netzwerken beleidige, sei kein England-Fan, „und wir wollen euch nicht haben“, verkündete Kane in einer von zahlreichen Botschaften der Solidarität aus allen Kreisen.