Frauenfußball : Das Los der Torfrau
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Hat nicht ihren besten Tag erwischt: Torhüterin Almuth Schult Bild: EPA
Bei der Heimpremiere von Bundestrainerin Voss-Tecklenburg verpassen die deutschen Fußballfrauen gegen Japan einen Sieg. Torfrau Schult ist daran nicht unbeteiligt.
Almuth Schult schlich nach dem Abpfiff des 2:2 zwischen den Frauenfußballteams aus Deutschland und Japan nachdenklich vom Feld des Paderborner Stadions. Die Torhüterin des deutschen Teams hatte gerade ein Spiel des Grauens beendet, in dem sie mit zwei Fehlpässen gleich beide Gegentreffer des asiatischen Gegners durch Yui Hasegawa (35.) und Kumi Yokoyama (69.) ermöglicht. „Heute können alle auf mich sauer sein, ich bin auch sauer auf mich“, sagte Schult nach dem Spiel, in dem ihren Teamkolleginnen Alexandra Popp (53.) und Svenja Huth (73.) immerhin zweimal der Ausgleich gelang. „Das ist das Los des Torwarts. Wenn man einen Fehlpass spielt, geht es direkt auf mein Tor. Wenn ich dem Druck nicht standhalten würde, würde ich nicht seit Jahren im Tor des Nationalteams stehen. Ich habe keine Angst vor weiteren Fehlern.“ Selbstkritisch fügte sie hinzu: „Ich spiele weiter gerne für Deutschland, aber letztlich entscheidet die Trainerin, wer im Tor steht.“
Zwei Monate vor der Weltmeisterschaft schloss Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg freilich einen möglichen Wechsel im Tor aus. „Almuth ist noch nicht bei hundert Prozent“, sagte Voss-Tecklenburg mit Verweis auf eine Masernerkrankung, die die Torhüterin von Januar bis Mitte März außer Gefecht gesetzt hatte. „Wir werden ihr die Sicherheit zurückgeben. Und sie muss lernen, dass sie auch einmal die einfache Lösung findet.“ Bei beiden Fehlpässen nahe des eigenen Strafraums hatte Schult den Ball nach Rückpässen jeweils unbedrängt einer Japanerin in den Fuß gespielt. Yui Hasegawa lupfte den Ball aus gut 25 Metern direkt ins Tor. Kumi Yokoyamas Treffer zum zwischenzeitlichen 2:1 gelang auch in mittelbarer Folge von Schults Fehlpass. „Ich bin mir sicher, dass Almuth die nötige Fehlerminimierung mit dem Fuß hinbekommt“, sagte Voss-Tecklenburg. „Alles andere ist in Ordnung.“
Schult, die seit dem Abgang ihrer Vorgängerin Nadine Angerer im Jahr 2015 die unumstrittene Nummer eins im deutschen Team war und bei den Olympischen Spielen wie auch der insgesamt missratenen Europameisterschaft 2017 einen sicheren Rückhalt darstellte, ist ähnliches Ungemach aus ihrer eigenen Vergangenheit gewohnt. Vor der EM war ihr im letzten Testspiel gegen Brasilien ein ähnlicher Fehler unterlaufen, trotzdem spielte sie in gutes Turnier. Vor zwei Wochen erst hatte sie das Viertelfinal-Aus des VfL Wolfsburg in der Champions League eingeleitet, als sie bei einem Freistoß der für Lyon spielenden Nationalteamkameradin Dzsenifer Marozsan zu sehr auf eine Flanke spekuliert hatte und deshalb den direkt geschossenen Ball erst hinter der Linie zu fassen bekam. Schult wird dabei immer mal wieder zum Verhängnis, dass sie zu Perfektionismus neigt und eher einen Schrit zu weit im voraus denkt als die simple Lösung einer Situation zu wählen.
Bemerkenswert war in der Vergangenheit freilich stets, wie sie sich im weiteren Verlauf solch unglücklich begonnener Spiele fing und zu ihrer gewohnten Sicherheit zurückfand. Auf diesen Effekt setzt offenbar auch die Bundestrainerin, wenngleich sie mit der Freiburgerin Merle Frohms eine Alternative hätte, die zuletzt bei zwei Länderspieleinsätzen gegen Spanien und Frankreich starke Leistungen zeigte und ohne Gegentor blieb.
Schult sah es immerhin als schwachen Trost an, dass ihre Teamkolleginnen vor 4800 Zuschauern im vorletzten Testspiel vor der Weltmeisterschaft in Frankreich, die für Deutschland am 8. Juni mit dem Vorrundenspiel gegen China in Rennes beginnt, wenigstens ein Unentschieden retteten. „Ich bin der Mannschaft dankbar, dass wir noch zwei Tore geschossen haben. Fußball ist ein Mannschaftssport und heute hat die Mannschaft meine Fehler ausgebügelt“, sagte die 28 Jahre alte Schlussfrau.