
Webbers Bestrafung : Gefährliche Taxifahrt
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„Skurril“ findet Webber seine Bestrafung: Unrechtsbewusstsein zeichnet ihn nicht aus Bild: REUTERS
Rennfahrer neigen nicht zum langsam fahren. Und Formel-1-Autos haben keinen Beifahrersitz. Deswegen ist die Bestrafung für Webbers Autostopp keineswegs „skurril“, auch wenn der Australier das so empfindet.
„Skurril“ sei das alles, sagt Mark Webber. Also seltsam, sonderbar, auf lächerliche oder befremdende Weise eigenwillig. Worauf der Australier anspielt? Auf seine kleine Geschichte kurz nachdem Sebastian Vettel den Großen Preis von Singapur im Stadtstaat gewonnen hatte. Er erzählt sie in etwa so: Da stand er an der Straße, sein Formel-1-Bolide beinahe ausgebrannt und vor lauter Fangzäunen um ihn herum angeblich kein Ausweg.
Und wie heiß es war! Nach 300 Kilometern im Kreisverkehr trieften Renn-Overall wie die feuerfeste Unterwäsche vor Schweiß. Jeder Schritt eine Qual. Da kam das Taxi ohne Anruf wie gerufen. Was in Singapur zur Nacht übrigens ein großes Glück ist. Zwar hielt nur der Einsitzer von Ferrari mit Fernando Alonso am Steuer. Aber Platz ist auf der kleinsten Kiste. Und schon kriegte - zur Freude des Publikums - ein Duo die letzten Kurven der Auslaufrunde. Wenn das mal kein Beleg für Kameradschaft und ein Beweis für die kleine Kunst der Unterhaltung ist.
Die unkonventionelle Mitfahraktion erregte allerdings den Unmut des Verkehrsgerichtes: Zehn Plätze wird Webber in der Startaufstellung zum Großen Preis von Südkorea Anfang Oktober zurückgestuft. Skurril?Wie seltsam also sind diese Streckenstewards? Sie verwarnten Webber zum dritten Mal in dieser Saison. Während Alonso mit einer Gelben Karte davon kam, traf den Red-Bull-Piloten die Summe seiner Verfehlungen. Im Grunde waren die Richter also milde. Warum? Weil die Erfahrung lehrt, dass selbst die Taxifahrer unter den Steuermännern beim Gasgeben alles um sich herum vergessen.
In Monza soll einst ein Mechaniker mit Benzinkanne dem liegengebliebenen Piloten Vittorio Brambilla hinterhergelaufen sein. Nach dem Auftanken auf offener Strecke setzte sich der Tankwart rittlings hinter dem Piloten auf den Renner - und wart im Ziel nicht mehr gesehen; weil abgeworfen in der Parabolica-Kurve.
Urteil als kluge Warnung
Ob im Training oder in der Auslaufrunde, Rennfahrer neigen nicht dazu, gemächlich über die Piste zu rollen. So erschrak Lewis Hamilton am Sonntag, als er auf dem Weg zur Box mit hohem Tempo um die Ecke bog und den Ferrari am Taxistand stehen sah. „Ich war schockiert. Ich bin dann rechts ausgewichen. Wenn Mark dort gerade langgelaufen wäre, hätte ich ihn leicht überfahren können.“
Manche seltsam anmutende Entscheidung eines Verkehrsgerichtes hat also ihren guten Grund. Ob man Webber zum Ende von dessen Formel-1-Karriere noch beibringen kann, sich und vor allem andere aus lauter Bequemlichkeit nicht in Gefahr zu bringen, ist fraglich. Aber all die jüngeren Kollegen sollten das Urteil als kluge Warnung verstehen. Wenn die Strafe als „skurril“ erscheint, dann nur aus einem Grund: Sie ist nicht hart genug.
