Formel 1 : Saisonstart wegen Coronavirus in Gefahr
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Grenzgänger: Besonders für Ferrari ist das Coronavirus eine Bedrohung. Bild: Reuters
Die Formel 1 testet derzeit in Barcelona. Hauptgesprächsthema aber ist das Coronavirus. Gerade eine weltweite Rennserie dürfte mit Problemen zu kämpfen haben. Die Rennen in Australien, Bahrein und Vietnam sind besonders fraglich.
Die Formel 1 geht auf Distanz. Sebastian Vettel grüßt in diesen Tagen freundlich mit der geballten Faust und verzichtet auf den Hautkontakt per Handschlag. Der Rennstall McLaren bittet um Verständnis dafür, dass ein Journalist aus China vor Ablauf einer zweiwöchigen Quarantäne nicht ins Motorhome während der Testfahrten vor Barcelona eingeladen werden könne. Mitarbeiter von Mercedes desinfizieren am Donnerstag in ihrem Pavillon im Fahrerlager regelmäßig die Türklinken. Nach Absprache mit dem Teamarzt wurden Verhaltensmaßnahmen getroffen.
Flüge über das Drehkreuz Hongkong oder Singapur ließen die Teams umbuchen. Die kleinen Dinge hat die Formel 1 nach der jüngsten Ausbreitung des Coronavirus im Griff. Aber die großen entgleiten ihr. Der Chefmanager Chase Carey soll an diesem Freitag Antworten geben auf die wesentlichen Fragen des Rennzirkus: Beginnt die Formel-1-Saison in zwei Wochen in Melbourne? Werden nach der Verschiebung des Großen Preises von China (19. April) auch die Grands Prix in Bahrein (22. März) und am 5. April in Hanoi vorerst aus dem Programm genommen?
„Wir beachten die Anordnungen der Behörden“
Ob, wo und wann sich die Räder drehen, wird auch der im Fahrerlager mächtige Amerikaner Carey nicht entscheiden. „Wir beachten die Anordnungen der Behörden“, sagte Claire Williams, Teamchefin des gleichnamigen Rennstalls. Dabei geht es nicht mehr darum, ob die Welttournee der großen Sause die überwiegend europäischen Fahrer, Ingenieure, Mechaniker und Fans gefährdet und welche Verantwortung ein Teamchef wahrnehmen muss, wenn er Frauen wie Männer auf die Reise schickt.
Der Fernsehsender RTL hatte früh entschieden, niemanden im offiziellen Auftrag zur Premiere nach Hanoi reisen zu lassen. Aber spätestens seit der Verbreitung des Virus in Italien schotten sich die Zielorte ab: Australien, Bahrein und Vietnam haben ihre Einreisebedingungen mit Blick auf die neuen Viruszonen in Europa verschärft. Die kolportierte Nachricht, Ferrari werde deshalb sein Testteam nicht mehr aus Spanien zurückbringen in die Heimat, sondern kasernieren und dann nach Australien fliegen, dementierte die Scuderia auf Anfrage.
Formel 1 ohne Italiener?
Die Sorgen aber wachsen. Der Teamchef von Alpha Tauri, Franz Tost, erzählte am Donnerstag in der Mittagspause von den Einschränkungen für sein Team: „Das ist wirklich eine ernste Angelegenheit. Wir haben alle Mitarbeiter angewiesen, wie sie sich zu verhalten haben. So wurden zum Beispiel die Angestellten aus den roten Zonen angewiesen, zuhause zu bleiben, denn wir wollen nicht, dass sie ins Werk kommen. Ich hoffe, dass es keine Fälle in Faenza (Sitz des Rennwagenwerkes/d. Red.) geben wird, damit wir nicht auch in die rote Zone rutschen. Die Situation verändert sich aber stündlich.“
Falls Australien und Bahrein ihre Länder für Italiener schließen, wie es Alan Permane, Sportchef von Renault fürchtet, „dann haben wir ein Problem“. Die Formel 1 müsste ohne Ferrari auskommen, ohne die Red-Bull-Tochter Alpha Tauri, ohne Ferraris Motorenkunden Alfa Romeo, das amerikanische Team Haas und – ohne Reifen. Pneus werden vom italienischen Hersteller Pirelli geliefert, samt Mannschaft für die Montage, so wie Ferrari Ingenieure schickt zur Betreuung der Antriebe anderer Boliden.
An diesem Freitag, zur letzten Testrunde, steht zwar die Suche nach der besten Abstimmungsvariante im Vordergrund. Hinter den Kulissen werden Manager Carey und die Teams aber versuchen, das Geschäft zu retten. Tritt die Formel 1 an, falls ein Team nicht zum Austragungsort reisen dürfte, damit das Antrittsgeld gezahlt wird, von dem alle mehr oder weniger leben? Gäbe es WM-Punkte? Spötter behaupteten, Ferrari könne eine Verschiebung des Saisonstarts entgegenkommen. Auch am fünften von sechs Testtagen blieb der viermalige Weltmeister Vettel am Steuer zu deutlich hinter der Bestzeit von Mercedes. Der Silberpfeil gilt wieder als das Maß der Dinge. Wenn er denn läuft. Am Donnerstag stoppte Lewis Hamilton ein Öldruckproblem.