Formel 1 : Bilder für die Pannenshow
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Sieger in Monza: Sebastian Vettel (Toro Rosso) Bild: picture-alliance/ dpa
Eine bemerkenswerte Formel-1-Saison endet in Sao Paulo: von März bis November lebte sie von überraschenden Rollenwechseln. Von dem, was die Teams sonst mit größtem Aufwand zu vermeiden suchen: Von Unbeständigkeit, Kontrollverlust, Ratlosigkeit. Und sieben verschiedenen Siegern.
Den Start schauen, einschlafen, zum Finale aufwachen? So konnte man der Formel 1 in dieser Saison nicht folgen, ohne den Anschluss zu verlieren. Wie 2007 hat die Vollgas-Gemeinde dem gemeinen Fan keine Atempause gelassen. Die Renngeschichte von März bis November lebte von den überraschenden Rollenwechseln. Von dem, was die Teams sonst mit größtem Aufwand zu vermeiden suchen: Von Unbeständigkeit, Kontrollverlust, Ratlosigkeit.

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Da tüftelten sie über ein Jahr, kalkulierten und simulierten wie nie zuvor, ließen Computer rechnen, die in einer Sekunde mehr Aufgaben lösen, als es die Bürger Münchens in einem ganzen Jahr könnten. Und was kam dabei heraus? Erstens eine ständige Erklärungsnot graduierter Ingenieure und zweitens ein hochdramatisches, unterhaltsames Formel-1-Jahr.
Wann hat es so viele Sieger in einer Saison gegeben?
Lewis Hamilton, Kimi Räikkönen, Felipe Massa, Robert Kubica, Heikki Kovalainen, Sebastian Vettel, Fernando Alonso. Wann hat es zuletzt so viele Grand-Prix-Sieger in einer Saison gegeben? Und wie war es möglich, dass Renault nach einem desaströsen Saisonstart mit dem bei McLaren im Streit geschiedenen Alonso doch noch in die Spitze zurückkehrte? Wie konnte ein kleines Privatteam wie Toro Rosso mit dem jüngsten Piloten (Vettel) unter den schwierigsten Bedingungen die gesamte Branche an der Nase herumführen? War es die Arroganz der Arrivierten, die McLarens Star Hamilton in Monza dazu verführte, mit falschen Reifen anzugreifen? Oder führte nicht vielmehr der Überdruck des Wettbewerbs zu einer selten gesehenen Fehlerhäufigkeit?
Dilettanten waren jedenfalls nicht am Werk. Nicht bei McLaren-Mercedes und nicht bei Ferrari. Selbst wenn die einen wie begossene Pudel im Regen von Monza standen und die anderen in Singapur ihrem Tankschlauch (samt Massas Ferrari) bis zur Boxenausfahrt hinterherrannten. Bilder für die Götter, Szenen für die Pannenshow. Sie waren das Produkt einer enormen Wettbewerbsdichte. Die führte so weit, dass Kubica im BMW-Sauber selbst mit nur einem Sieg bis zum Ende des vorletzten Rennens eine Chance hatte, Weltmeister zu werden.
Auch 2008 gab es fiese Schachzüge hinter den Kulissen
Geringe Zeitdifferenzen unter den ersten zehn, ein dank des Reifenrätsels ständiger Vorteilswechsel bei Ferrari und McLaren, eine hohe Zuverlässigkeit (BMW) und vor allem junge Piloten von Qualität hielten die Spannung hoch. Was die einschneidenden Regeländerungen im nächsten Jahr bewirken sollen, ist anno 2008 schon mal vorgeführt worden: Überholmanöver auf der Innen- wie Außenbahn, erfolgreiche wie vergebliche Aufholjagden, Duelle Rad an Rad. Nur wenn die Verkehrspolizisten eingriffen, blieb nach einer faszinierenden Schluss-Vorstellung wie in Spa-Francorchamps ein schaler Nachgeschmack.
Auch 2008 kam die Formel 1 nicht ohne fiese politische Schachzüge hinter den Kulissen über die Runden. Und wie üblich ist das Rennen auch nach dem letzten Grand Prix nicht gelaufen. Immerhin hatte der Machtkampf zwischen dem Chef des Internationalen Automobil-Verbandes, Max Mosley, und dessen skrupellosen Gegnern einen aufklärenden Charakter. Wer hätte gedacht, dass der Herr Präsident nicht nur als oberster Verkehrsrichter Fahrer und Teamchefs züchtigen lässt, sondern auch in seiner Freizeit sehr aktiv ist?