Elektrisch angetriebene Rennwagen : Formel Steckdose
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Ein ePrix ist zeitlimitiert
Die Formel E ist mehr als nur eine neue Rennsportserie, sie soll auch ein globaler Werbezirkus für die Automobilindustrie sein und beweisen, dass in der Elektrizität ein Teil der mobilen Zukunft steckt. Knapp achtzig Millionen Fahrzeuge werden weltweit pro Jahr verkauft, doch nur etwa ein Prozent davon ist mit einer neuen Technologie wie zum Beispiel einem Elektromotor ausgestattet. Dabei tüftelt die Automobilbranche seit Jahren am Elektroauto, konnte aber bisher nicht nachweisen, dass dies auch alltagstauglich ist. Zu teuer, eine zu geringe Reichweite – so lauten die Vorwürfe. Probleme, die auch die Formel E bremsen. Ein ePrix ist nicht runden-, sondern zeitlimitiert und dauert eine Stunde. Die Fahrer müssen deshalb mindestens ein Mal im Rennen ihre Autos wechseln, weil die Batterien schon nach knapp einer halben Stunden leer sind. Oder sie müssen vom Gas, um bis zum Ende über die Runden zu kommen. Zehn Teams, zwanzig Fahrer, vierzig Boliden – das ist deshalb die Formel für die Formel E. „Wir stehen erst ganz am Anfang“, sagt Fia-Präsident Todt. „Technologie braucht Zeit, um sich zu entwickeln. Schauen Sie sich nur die ersten Handys an, die aussahen wie Ziegelsteine, und vergleichen diese mit den heutigen Smartphones.“
Die Teams in der Formel E kämpfen also nicht nur um Siege, sondern vor allem um den Fortschritt durch Technik. Etwa vier Millionen Euro beträgt das Budget eines Rennstalls für die erste Saison. Darin enthalten: Vier Rennwagen, der Transport von Material und Personal zu den Rennen, die Gehälter für die beiden Fahrer, vier Ingenieure und acht Mechaniker – mehr Leute sind nicht erlaubt an den Kursen. „Wir wollen effizienten Motorsport anbieten“, sagt Promoter Agag. Deshalb gibt es zunächst einheitliche Rennwagen: Die Reifen stellt Michelin, die Batterien das Formel-1-Unternehmen Williams, das Chassis kommt von Dallara, und eine Firma der McLaren-Gruppe liefert den Elektroantrieb sowie das Getriebe. Die maximale Motorleistung beträgt 272 PS, allerdings ist diese nur in der Qualifikation abrufbar. Im Rennen wird die Leistung auf 180 PS begrenzt. Bei vollem Einsatz reicht die Kraft für einen starken Sprint von null auf Tempo 100: in etwa drei Sekunden. Ein Formel-1-Wagen braucht 2,5 Sekunden.
Die Formel 1 gilt noch immer als Königsklasse des Motorsports, das weiß auch der Stratege Agag. Auf Vergleiche will er sich deshalb erst gar nicht einlassen. „Die Formel 1 ist ein Spektakel, wir betrachten uns nicht als ihre Konkurrenz“, sagt er, setzt aber doch eine kleine verbale Spitze: „Wir sind neu, wir sind frischer. Es ist wie Snowboarden contra Skifahren.“ Elf der zwanzig Fahrer aber haben Formel-1-Erfahrung. Neben Heidfeld sind dies unter anderem Nelson Piquet Junior, Jerome d’Ambrosio, Sébastien Buemi, Karun Chandhok und Bruno Senna. Auch zwei Frauen sitzen am Steuer: die Britin Katherine Legge und die Italienerin Michela Cerruti.
Sie müssen nicht nur schnell fahren, sie sollten auch Werbung in eigener Sache machen. Die Formel E will den Zuschauer stärker einbinden, als das bisher in den meisten Sportarten der Fall war. Im Internet können die Fans vor den Rennen für ihre drei Favoriten stimmen, die dann in der letzten Runde für wenige Sekunden den Zusatz-Schub von 92 PS zünden dürfen. Bei geringen Abständen, bei einem Kampf um den Sieg Rad an Rad wäre so ein Vorteil entscheidend. „Darauf mache ich mir überhaupt keine Hoffnungen, das wird wahrscheinlich immer an die Chinesen und Inder gehen, die können viel mehr Leute mobilisieren als wir im Allgäu“, sagt Hans-Jürgen Abt. Am Ende aber entscheidet der Fan nicht nur über diese Extra-PS. Er verrät auch ungeschminkt, was er von dieser Art des Rennsports hält.
Die Formel E - Renntermine 2014/15:
13.September, Peking (China)
22.Oktober, Putrajaya (Malaysia)
13.Dezember, Punta del Este (Uruguay)
10.Januar, Buenos Aires (Argentinien)
14.Februar, offen 14.März, Miami, USA
4.April, Long Beach, USA
9.Mai, Monte Carlo, Monaco
30.Mai, Berlin, Deutschland
27.Juni, London Großbritannien