Ferrari-Pilot Charles Leclerc : Angriff auf dem Boulevard Albert
- -Aktualisiert am
Am Samstag müsste Leclerc im Qualifying noch ein Sprung gelingen, um Erster unter den Besten werden zu können: Mehr als 170 Kilometer pro Stunde im Schnitt auf einer Runde im Ferrari? Am Fahrer soll es nicht liegen. Leclerc genießt das Vertrauen seines Teams. Seit den Testfahrten fährt er so schnell wie Sebastian Vettel, der viermalige Weltmeister, eine Dekade älter, reifer, erfahrener. Beim Grand Prix in Bahrein hatte Leclerc sogar seinen ersten Grand-Prix-Sieg vor Augen, ehe ihn ein Motorschaden stoppte, während Vettel mit dem Ferrari haderte. Sofort stellten nicht nur italienische Medien Vettels Führungsposition in Frage. Leclerc rührte sich nicht. Er ließ sich in der Öffentlichkeit auch kaum etwas anmerken, als ihn eine Teamorder zugunsten von Vettel zu Saisonbeginn gebremst hatte. Die Scuderia unter der Führung des neuen Teamchefs Mattia Binotto scheint nicht so entschieden Vettel als Nummer eins zu behandeln, wie noch vor Saisonbeginn angekündigt. Als der Heppenheimer vor zwei Wochen in Barcelona im zweiten Teil des Grand Prix auf den langsameren Leclerc auflief, brauchten sie zehn Runden bis zu einer Entscheidung.
Für den Kampf um die WM mag dieses Zögern unerheblich sein. Binotto drücken größere Probleme. Der Ferrari ist zu langsam, um Mercedes in diesen Tagen Paroli bieten zu können. Weitere Niederlagen am Sonntag und in den nächsten Wochen verwandelten das Rennen um die Titel in eine Werksmeisterschaft von Mercedes.
Leclerc aber böte sich dann der Spielraum, den er noch braucht. Denn seine Fehlerquote ist noch zu hoch. In Baku setzte er seinen Dienstwagen im Qualifikationstraining in die Streckenbegrenzung. Auch in Barcelona leistete er sich einen größeren Schnitzer. Vettel führt nach Trainingsduellen 4:1. Deshalb gewinnt die Speed-Prüfung über eine Runde am Samstag so an Bedeutung in diesem langsam schwelenden Zweikampf der Generationen um die Hierarchie im Team: „Es ist unglaublich schnell, man fährt super nah an die Mauern heran, und es gibt kaum Auslaufzonen, fast wie auf einer Kart-Strecke“, beschrieb Leclerc seine jüngsten Eindrücke vom Heimatkurs: „Das macht eine gute Qualifying-Runde umso schwerer. Aber genau die braucht man, weil man kaum überholen kann.“
Rennwagen hin oder her: In den Straßen von Monaco haben sich die Größen der Szene etabliert. Niki Lauda beeindruckte 1973 beim Qualifikationstraining in seinem BRM (6.) Ferrari-Gründer Enzo Ferrari. Montags erhielt er den ersehnten Anruf vom Stammsitz in Maranello. So nahm diese Ära ihren Lauf. Ayrton Senna hätte 1984 um ein Haar im eher zweitklassigen Toleman auf regennasser Piste Alain Prost noch eingeholt – wenn das Rennen nicht abgebrochen worden wäre. Prompt verpflichtete Lotus den späteren Superstar. 2007 übte ein gewisser Lewis Hamilton bei seiner Formel-1-Premiere in Monaco im McLaren so viel Druck auf den führenden, zu Saisonbeginn verpflichteten Chefpiloten Fernando Alonso aus, dass die Regelhüter zunächst glaubten, dem Brite sei von seinem Team ein Überholmanöver (strafwürdig) untersagt worden. Die Ermittlungen wurden eingestellt. Ein paar Monate später floh Alonso zurück zu Renault. In Monaco können Formel-1-Piloten entscheidend vorankommen, auch in einem schwächeren Auto.