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Kommentar : DFB-Offensive mit Worten und Werten

DFB-Präsident Reinhard Grindel reist mit der Nationalmannschaft zum Confed Cup nach Russland. Bild: dpa

Russland gibt im Bezug auf Menschenrechte ein teilweise grausiges Bild ab. Durch den Confed Cup strahlt der „Lichtkegel der Weltöffentlichkeit“ auf das Land. Er erfasst aber auch den DFB-Präsidenten.

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          Reinhard Grindel hat in den vergangenen Tagen ein interessantes Bild gefunden: „Der Lichtkegel der Weltöffentlichkeit“, hatte der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes gesagt, „richtet sich auf das Gastgeberland der Fußball-Weltmeisterschaft.“ Wenn man im Bild bleiben will: In Russland gehen spätestens in dieser Woche, in den Tagen vor dem Confed-Cup, der Generalprobe zur Weltmeisterschaft im kommenden Jahr, die Lichter an.

          Sie richten sich, zum Beispiel in der Teilrepublik Tschetschenien, auf ein teilweise grausiges Bild. Ein Beispiel liefert der Fall des Sportlers Murad Amrijew. Doch auch in anderen Teilen Russlands hat sich die Menschenrechtslage gegenüber der Situation vor dreieinhalb Jahren, als Olympia in Sotschi zu Gast war, kaum gebessert, im Gegenteil.

          Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, die Diskriminierung Homosexueller und die anhaltende Ausbeutung billiger, zum Teil zwangsverpflichteter Arbeitskräfte, deren Ausmaß mit Bezug auf die WM-Baustellen noch nicht geklärt ist – die Liste ist längst nicht abschließend, aber seit Sotschi 2014 länger geworden. Schließlich hatte der russische Präsident Wladimir Putin auf Olympia die Annexion der Krim folgen lassen und Wochen später den Kampf um die Ostukraine, in dem bis heute Menschen sterben.

          Man kann aber auch einen anderen Blick auf die kommenden Wochen werfen. So wie Gianni Infantino, beispielsweise: „Ich war immer überzeugt, dass Russland alle Verpflichtungen erfüllen wird, jetzt sehen wir die konkreten Fakten“, sagte der Präsident des Internationalen Fußball-Verbandes anlässlich seines jüngsten Treffens mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Krasnodar. Die Fifa, steht zu befürchten, wird also ihr Geschäft durchziehen wie immer. Der Lichtkegel, der interessiert, ist jener, der die Fußballspieler ausleuchtet.

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          Grindel, der DFB-Präsident, ist ebenfalls Mitglied im Fifa-Rat und jüngst mit deutlicher Kritik an der mangelnden Umsetzung von Reformen durch die Fifa-Führung aufgefallen. Auch er sagt, man solle den Fußball nicht überfrachten. Gleichzeitig hat Grindel aber nun angekündigt, in Russland in vollem Umfang für Werte eintreten zu wollen. Er sei auf der Suche nach Gelegenheiten, „kleine zivilgesellschaftliche Brücken“ bauen zu können – Fußballspiele unter Jugendmannschaften, zum Beispiel, vielleicht in Wolgograd.

          Vor Beginn der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien hatte Grindels Vorvorgänger Theo Zwanziger dem DFB noch mangelndes politisches Verständnis vorgeworfen. Mit Blick auf Verfolgte und Unterdrückte hatte Zwanziger gesagt: „Diese Menschen haben es verdient, dass ihnen der Sport Gesicht und Sprache gibt, ihre ungerechte Situation sichtbar macht.“ Von der Fifa-Führung ist in dieser Hinsicht nicht viel zu erwarten. Grindels Ankündigungen lassen hoffen, dass der heutige DFB-Präsident mit einer ähnlichen Haltung nach Russland reist. Der Lichtkegel, von dem Grindel spricht, erfasst auch den DFB-Präsidenten selbst.

          Christoph Becker
          Sportredakteur.

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