Roger Federer : Zur Not Tipps von Myla und Charlene
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Sucht seine Chance: Roger Federer fordert Djokovic heraus Bild: AFP
Im Duell mit Novak Djokovic steht es zwar 22:22, aber zuletzt hatte Roger Federer selten eine Chance gegen den Serben. Am Donnerstag muss er sich im Halbfinale von Melbourne etwas einfallen lassen.
Er spielt entspannt dieser Tage, sehr entspannt. Beim Sieg zu Beginn der Woche gegen den Belgier David Goffin gönnte er sich drei Sätze und einen angenehmen Abend, beim Sieg am Dienstag gegen Tomas Berdych traf Roger Federer im Sonnenschein auf etwas mehr Gegenwehr, gewann aber ebenso souverän in drei Sätzen (7:6, 6:2, 6:4). Kann man sich vorstellen, dass er die nächste Partie mit der gleichen Leichtigkeit gewinnt? Hmmm, eher nicht. Denn auf der anderen Seite wird wieder dieser Typ stehen, gegen den er seit dreieinhalb Jahren bei keinem Grand-Slam-Turnier mehr gewonnen hat. Der Typ heißt Novak Djokovic.
Im Melbourne Park sind sie jedenfalls aus dem Häuschen bei der Aussicht auf die Partie an diesem Donnerstag (9.30 Uhr/ live in Eurosport). Ganz grundsätzlich, denn was könnte reizvoller sein, als die Besten im schillernden Vergleich zu sehen? Aber die Vorfreude hat auch mit der Tatsache zu tun, dass es die erste Begegnung von Federer und Djokovic in der Rod Laver Arena seit fünf Jahren sein wird, die vierte insgesamt an diesem Ort. Der Blick zurück führt zu markanten Punkten des Duells, das im Moment nach 44 Begegnungen auf allen Ebenen bei 22:22 steht.
Die Premiere in Melbourne vor neun Jahren fiel in die Phase von Federers Dominanz. Djokovic war 19 Jahre alt damals, galt als zukünftiger Herausforderer und hatte die Saison zuvor auf einem Platz unter den Top 20 der Weltrangliste beendet; der Schweizer gewann glatt in drei Sätzen, und es sah nicht so aus, als bestünde Gefahr. Zwölf Monate später trafen sie sich an gleicher Stelle wieder, und diesmal war die Gefahr ohne Fernglas zu erkennen; der serbische Herausforderer setzte sich im Halbfinale in drei Sätzen durch.
Für Federer ist mehr möglich
Es war nicht nur dessen erster Sieg gegen Federer bei einem Grand-Slam-Turnier, sondern er beendete damit auch eine der vielen faszinierenden Erfolgsserien des Rivalen, der vorher zweieinhalb Jahre lang bei allen vier Grand-Slam-Finals im Finale gespielt und davon acht gewonnen hatte. Novak Djokovic schnappte sich ein paar Tage danach seinen ersten Titel bei einem der großen vier Turniere. Aber es gab bei der Gelegenheit noch eine Zäsur: Zum ersten Mal nach einer Folge großer Duelle zwischen Federer und Rafael Nadal stand keiner von beiden im Finale.
Die Nummer drei der Trilogie in Melbourne führte 2011 ins erste der großen Jahre von Novak Djokovic. Er gewann das Halbfinale in drei Sätzen, zum vierten Mal in Folge fand danach das Finale eines Grand-Slam-Turniers ohne Federer statt, und das Wort vom Machtwechsel machte die Runde. Als der Meister nach der Niederlage darauf angesprochen wurde, meinte er mit einem deutlichen Unterton von Missbilligung: „Darüber sollten wir vielleicht in sechs Monaten noch mal reden.“ Nun, sechs Monate danach war Djokovic die Nummer eins und gewann in dem Jahr drei der vier großen Titel.
Und jetzt? Dokovic besiegte Federer im vergangenen Jahr in Wimbledon und bei den US Open, aber in beiden Spielen wäre für den Schweizer mehr möglich gewesen. Aber der sagt, er orientiere sich bei der Vorbereitung auf das nächste Spiel nicht an diesen Begegnungen, sondern lieber an den letzten Eindrücken vom ATP-Finale in London. Im Gruppenspiel überraschte er den Gegner seinerzeit im November mit einer etwas anderen Taktik als sonst - er blieb mehr an der Grundlinie und wartete ab - und gewann. Djokovic ließ hinterher durchblicken, er habe Federer das Spiel quasi geschenkt. Aber als es ein paar Tage danach um den Titel ging, dominierte er die Begegnung so wie fast alle im besten Jahr seiner Karriere.
Djokovic gibt sich zufrieden
Mal sehen, ob Federer oder dessen Ratgeber Severin Lüthi und Ivan Ljubicic was Besonderes einfällt, um Djokovics Dominanz zu knacken. Beim Sieg am Dienstag gegen Kei Nishikori leistete der sich nicht so viele Fehler wie zwei Tage zuvor gegen Gilles Simon, was auch schwer möglich gewesen wäre; anstatt hundert wie gegen den Franzosen waren es diesmal nur 27. Aber für ein stabiles Urteil über seinen aktuellen Leistungsstand gab die Partie dennoch nicht viel her, denn dazu spielte der Japaner zu schlecht. Der Titelverteidiger gab sich bei der Standortbestimmung bedeckt und meinte, er sei so weit mit seinem Niveau ganz zufrieden.
Falls Lüthi und Ljubicic auf der anderen Seite nichts Schlaues einfallen sollte, dann könnte es Roger Federer vielleicht mit Tipps aus der Familie probieren, von denen er Anfang der Woche sichtlich amüsiert berichtete. Seine sechsjährigen Zwillingstöchter hatten ihm empfohlen, er solle doch am besten immer auf die Linien spielen, und sie dachten sich noch einen besonderen Trick aus: in eine Richtung zu schauen und in die andere zu schlagen. Federer versprach, es zu probieren, gab aber zu bedenken, dass das nicht so einfach sei. Als sie ihm neulich beim Training besuchten, erkundigten sich Myla und Charlene, was denn nun mit ihrem Vorschlag sei. Sie warten noch immer; manchmal sind selbst die talentiertesten Väter schwer von Begriff.