Australian Open : Djokovic siegt und verteidigt seinen Vater
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Novak Djokovic könnte bei den Australian Open seinen 22. Major-Titel gewinnen. Bild: EPA
Novak Djokovic kann zum zehnten Mal die Australian Open gewinnen. Im Finale trifft er auf Stefanos Tsitsipas. Viel mehr interessiert aber das Verhalten seines Vaters und dessen Verhältnis zum Krieg.
Ob er mit seinem Vater zuvor besprochen hätte, generell vorsichtig zu sein, angesichts der großen Plattform, die er als Weltsportler habe, wollte ein Journalist am Freitag um kurz vor Mitternacht Melbourner Ortszeit von Novak Djokovic wissen. Der Fragesteller versah seine Frage mit dem Hinweis, dass solche Aktionen durchaus als Reflexion gesehen werden könnten, wie Djokovic und seine Familie über den Krieg denken.
Genau um diesen Punkt war es die vergangenen zwei Tage im Grunde gegangen auf der Anlage der Australian Open. Wie groß ist der Einfluss eines Weltsportlers darauf, dass ein Familienmitglied ins sportpolitische Rampenlicht rückt und für einen Angriffskrieg auf die Ukraine instrumentalisiert wird.
„Wir sind gegen den Krieg“
Am Donnerstagmorgen, wenige Stunden nach Djokovics Sieg im Viertelfinale gegen den Russen Andrej Rubljow, wurde ein Video weltweit verbreitet, dass Srdjan Djokovic zeigt, wie er sich mit russischen Sympathisanten und einer Flagge mit dem Konterfei des Staatspräsidenten Wladimir Putin ablichten lässt.
Djokovic bestätigte, worüber sich Übersetzer mittlerweile größtenteils einig sind: „In dem Video sagte er ,Cheers‘. Leider haben einige Medien seine Aussage falsch interpretiert.“ Es sei unglücklich, so Djokovic, dass die Situation durch die Missinterpretation des Geschehenen dermaßen eskaliert sei. „Wie mein Vater in seinem Statement verdeutlich hat, sind wir gegen den Krieg und werden Gewalt niemals unterstützen.“ Sein Vater ziehe nach jedem seiner Siege durch die Menge, bedanke sich und lasse Fotos machen.
Djokovic ließ durchblicken, dass er lange Diskussionen mit seinem Team, seiner Familie und den Turnierverantwortlichen des australischen Tennisverbands geführt hatte. Nebenbei hatte er sich noch auf sein zehntes Halbfinale bei diesem Turnier vorbereiten müssen, dass er 7:5, 6:1 und 6:2 gegen den US-Amerikaner Tommy Paul gewann.
„Es ist eskaliert“
Im Endspiel am Sonntag trifft der Serbe auf den Griechen Stefanos Tsitsipas. Dabei geht es für Djokovic nicht nur um den zehnten Titelgewinn in Melbourne und den 22. Erfolg in einem Grand-Slam-Turnier, mit dem er zu Rafael Nadal aufschließen würde. Der Gewinner des ersten Jahreshöhepunkts wird von Montag an als neue Nummer eins der Weltrangliste geführt. Er wird den zuletzt verletzten Spanier Carlos Alcaraz ablösen.
Zurück zum Vater, der Novak Djokovic in Erklärungsnot brachte. „Sie stellen mir die Frage so, als hätte er es absichtlich getan, als wäre er nicht vorsichtig“, sagte der 35-Jährige zu dem Reporter. „Was ihm passiert ist, kann vielen Menschen passieren. Er war im Vorbeigehen, machte ein Foto. Es ist eskaliert. Er wurde benutzt in dieser Situation von einer Gruppe.“ Er könne nicht sauer auf ihn sein. Es sei nicht seine Schuld gewesen.
Die Aufnahmen mit Djokovics Vater waren der Höhepunkt einiger Propagandabilder, die um die Welt gingen. Der australische Tennisverband verschärfte die Kontrollen an den Eingängen erst nach den Vorfällen vom Mittwoch, obwohl ein Verbot russischer Flaggen und Symbole bereits seit dem zweiten Turniertag gelten.
Die Verantwortlichen des Wimbledon-Turniers bereiten gerade ihre Entscheidung für die diesjährige Auflage vor. Die Hardliner inmitten des ausrichtenden „All England Lawn Tennis and Croquet Club“ haben durch die Ereignisse in Australien Argumente sammeln können, an der Entscheidung, russische und belarussische Spieler auszuschließen, nichts zu ändern.
Viele Fans auf der Melbourner Tennisanlage, das wurde am Freitag deutlich, bekommen von diesen sportpolitischen Hintergrundkämpfen nichts mit. Die große Anzahl von Menschen in Australien mit Wurzeln in Serbien oder Griechenland freuen sich auf das Grand-Slam-Finale. Die beiden Endspielgegner trafen schon bei den French Open 2021 aufeinander.
Damals in Paris verspielte der heute 24 Jahre alte Tsitsipas eine 2:0-Satzführung und hatte zur Überraschung aller die kleineren Kraftreserven. Er erinnere sich nicht mehr an das Finale, erklärte Tsitsipas nach seinem Viersatzerfolg über Karen Chatschanow. „Ich sehe keine negativen Dinge oder Negativität mehr und bin sehr optimistisch. Ich genieße mein Tennis. Das war noch das, was die ganze Zeit gefehlt hatte“, sagte Tsitsipas.
Als Nachweis dient die Turnierstatistik abgewehrter Breakbälle. Die führt er mit 83 Prozent (44 von 53 Breakbällen) an. Außenseiter bleibt Stefanos Tsitsipas am Sonntag dennoch. Novak Djokovic hofft zunächst, dass „dann nur noch über Tennis“ gesprochen werde.