Mainzer Unternehmen Biontech : Millionen für den Kampf gegen Grippe
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Bislang konzentrierte sich das Unternehmen Biontech aus Mainz auf den Kampf gegen Krebs. Nun wollen die Forscher auch Grippe die Stirn bieten. Bild: dpa
Die junge Firma Biontech aus Mainz wächst rasant. Jetzt kooperiert sogar der Weltkonzern Pfizer mit den Forschern. Hat das Unternehmen nun die Mittel, um Grippe zu bekämpfen?
Hotelzimmer statt Strand – Sean Marett musste in den Sommerferien auf so manche angenehme Stunde in der Sonne verzichten. Das ist nun schon einige Wochen her, und inzwischen kann er gut darüber lachen. Denn die Telefonate und Termine in der Urlaubszeit haben sich für den für Kooperationen und Finanzierungen zuständigen Vorstand der Mainzer Biotech-Firma Biontech offenbar gelohnt.
Gestern gab das erst vor zehn Jahren gegründete Unternehmen eine viele Millionen Dollar schwere Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit mit dem amerikanischen Konzern Pfizer bekannt, die Marett und seine Vorstandskollegen in den vergangenen Wochen ausgehandelt haben.
Es ist das nächste Kapitel in der Erfolgsgeschichte des aus der Mainzer Universitätsmedizin hervorgegangenen Unternehmens, das seinen Hauptsitz in der Nähe der Uniklinik hat und dort in den vergangenen Jahren rasant gewachsen ist. Inzwischen beschäftigt Biontech 750 Mitarbeiter, „und wir wollen weiter wachsen“, sagte Marett dieser Zeitung.
Neuer Impfstoffe gegen Grippe?
Bisher kannte man Biontech wegen seiner Forschung auf dem Gebiet der Krebstherapie. Das Unternehmen will die Chancen auf Heilung der Krankheit deutlich erhöhen und setzt dabei auf die Entwicklung eines individualisierten Impfstoffs, der das Immunsystem dazu bringt, Abwehrzellen gegen Tumore zu erzeugen.
Die Kooperation mit Pfizer, einem der größten Pharmakonzerne der Welt, soll nun neue Impfstoffe gegen Grippe hervorbringen, wie Biontech und das amerikanische Unternehmen gestern mitteilten. Bei Pfizer erhofft man sich davon künftig die schnellere und kostengünstigere Herstellung von Grippe-Impfstoffen mit im Vergleich zu aktuellen Produkten höherer Wirksamkeit. Die Methode, die von Biontech erforscht wird, gilt dabei als neuartiger Ansatz und setzt auf sogenannte Boten-RNA.
Die Mainzer erhalten von Pfizer für ihre Forschung zunächst noch in diesem Jahr eine Vorauszahlung von 120 Millionen Dollar. In den folgenden Jahren soll, wenn gewisse Zielmarken in der Entwicklung, Zulassung und Kommerzialisierung der Impfstoffe erreicht werden, weiteres Geld fließen, dabei ist von bis zu 305 Millionen Dollar die Rede. Zudem würde Biontech vom späteren Verkauf der Produkte mit Lizenzgebühren im bis zu zweistelligen Prozentbereich profitieren. Nachdem Biontech eine erste klinische Studie abgeschlossen hat, übernehmen die Amerikaner die weitere Entwicklung.
Mainz als wichtiger Standort
Obwohl Biontech noch kein Medikament auf den Markt gebracht hat – der neue Krebs-Impfstoff soll 2020 oder 2021 reif dafür sein –, hat die Firma um Gründer Ugur Sahin in den vergangenen Monaten immer wieder auf sich aufmerksam gemacht. Zuletzt war das Mainzer Biotechunternehmen eine strategische Partnerschaft mit Genevant aus der Schweiz eingegangen, bei der es um Medikamente gegen seltene Krankheiten geht. Anfang des Jahres gaben die Mainzer zudem bekannt, 270 Millionen Dollar von Investoren eingeworben zu haben.
Derweil macht sich der Aufstieg des Unternehmens auch am Standort Mainz bemerkbar. Neben dem Hauptgebäude, das längst zu klein geworden ist, wurde erst im vergangenen Jahr für 50 Millionen Euro ein Erweiterungsbau für die Produktion errichtet. Derzeit renoviert Biontech eines von zwei Hochhäusern, die auf einem ehemaligen Kasernengelände nebenan stehen und die das Unternehmen nach Angaben von Marett erworben hat. „Wir wollen zeigen, dass der Standort Mainz für uns weiter eine wichtige Rolle spielt.“
Die Entwicklung der Biotech-Firma dürfte auch von Investoren aufmerksam verfolgt werden. Denn Biontech macht kein Geheimnis daraus, in naher Zukunft an die Börse gehen zu wollen.