Lammbock legal : Moritz Bleibtreu kauft Frankfurter Gras
- -Aktualisiert am
Im Film „Lammbock“ spielte Moritz Bleibtreu (li). noch einen Cannabis-Unternehmer (im Foto mit Julian Weigend). Jetzt wird er tatsächlich einer. Bild: Picture Alliance
Der Schauspieler Moritz Bleibtreu hat mit anderen Geldgebern in das Frankfurter Cannabis-Unternehmen Bloomwell investiert. Er ist nicht der einzige Star, der mit Blüten Geld verdienen will.
„Lammbock“ wäre voll das Klischee, sagt Niklas Kouparanis. Die Komödie, in der Moritz Bleibtreu einen kiffenden Pizzabäcker und Marihuana-Dealer spielt, will der Frankfurter Cannabis-Unternehmer erst einmal nicht nennen, als er seine Lieblingsfilme mit Bleibtreu aufzählen soll. Lieber sagt er, dass der Schauspieler ihm sehr gut in dem Psychothriller „Das Experiment“ gefallen habe. Und in dem Gangsterfilm „Chico“.
Aber der Film „Lammbock – Alles in Handarbeit“, der sei schon ein echter Klassiker, schiebt Kouparanis hinterher.
Der Frankfurter Gründer hat einen guten Grund, sich ausführlich mit dem Werk von Bleibtreu zu befassen. Der mehrfach ausgezeichnete Schauspieler („Lola rennt“, „Faking Hitler“) hat nun in Kouparanis’ Unternehmen Bloomwell Group investiert. Zusammen mit drei weiteren Investoren aus Deutschland und den Vereinigten Staaten haben der Schauspieler insgesamt „mehrere Millionen Euro“ eingezahlt, wie Kouparanis mitteilte. Die genaue Summe des Investments sowie die Größe des Anteils nennt der Unternehmer nicht. Die Gründer besäßen aber weiterhin die Mehrheit.
Bleibtreu bringt nicht nur einen sechsstelligen Betrag in das Frankfurter Start-up ein, sondern auch seinen Bekanntheitsgrad. „Die Cannabis-Pflanze kann vielen Menschen helfen, ein besseres Leben zu führen“, sagt der 51 Jahre alte Münchner. „Wir sollten daher aufhören, eine Pflanze aufgrund jahrzehntelang tradierter Vorurteile in eine Schublade einzuordnen.“ Seit Jahren setzt sich der Schauspieler für eine Legalisierung der Droge ein. Er hofft, dass dadurch der Schwarzmarkt eingedämmt wird sowie Polizei und Justiz entlastet werden. Zudem könnten die Blüten dann staatlich kontrolliert werden und wären weniger gefährlich.
Bleibtreu werde ein „Multiplikator, um das Ende der Stigmatisierung von Cannabis voranzutreiben und die Mitte der Gesellschaft zu erreichen“, hofft Kouparanis. Wie konkret der Prominente sich für Bloomwell einsetzen werde, werde später veröffentlicht.
Großhandel, Telemedizin, Versand
Seine Holding Bloomwell macht bislang vor allem Geschäfte mit medizinischem Cannabis, das nur auf ärztliches Rezept in Apotheken erhältlich ist. Die Tochter Algea Care etwa, die der Frankfurter Arzt Julian Wichmann aufgebaut hat, betreibt ein Ärztenetzwerk zur Telefonberatung für Patienten. Daneben gibt es einen Großhandel für Medizinalcannabis und seit wenigen Wochen einen Versandhandel in Zusammenarbeit mit bislang zwei Apotheken.
Der deutsche Medizinalcannabis-Markt, der 2017 legalisiert wurde, wächst jährlich um mehr als ein Drittel und dürfte nach Schätzungen in diesem Jahr rund eine Milliarde Euro umsetzen. Die Blüten werden unter anderem bei chronischen Schmerzen, Multipler Sklerose und als Appetit-Anreger für Krebs- und HIV-Patienten verschrieben.
Doch Kouparanis und seine Investoren setzen auch auf die von der Bundesregierung angekündigte Liberalisierung. „Wir wollen die Nummer Eins für medizinisches Cannabis und für Cannabis auf dem Genussmittelmarkt werden“, hatte der Unternehmer als Ziel ausgerufen. Das aktuelle Investment sei aber weitgehend unabhängig davon erfolgt, ob und wann das Rauschmittel für den freien Konsum legalisiert werde. Denn dafür habe die Politik noch keinen konkreten Zeitplan.
Von Snoop Dogg bis Mario Götze
„Deutschland wird, sobald Cannabis als Genussmittel für Erwachsene verkauft wird, zum größten legalen Cannabis-Binnenmarkt der Welt aufsteigen“, ist dennoch der amerikanische Investor William Muecke überzeugt, der sich mit seinem Fonds Artemis Growth an Bloomwell beteiligt. Artemis verwaltet ein Vermögen von 375 Millionen Dollar und hält Anteile an 30 Cannabis-Unternehmen.
Neben Artemis haben der amerikanische Investor Measure 8 Ventures, der schon im Jahr 2021 zehn Millionen Dollar in Bloomwell investiert hatte, sowie ein ungenanntes deutsches Family-Office nun Geld in das Unternehmen gesteckt. Es handele sich um „die renommiertesten amerikanischen Risikokapitalisten, die auf Cannabis spezialisiert sind“, sagte Kouparanis. Das sei „ein starker Vertrauensvorschuss in für Start-ups schwierigen Zeiten“. Das frische Geld werde in den Ausbau der IT-Infrastruktur fließen.
Zu Moritz Bleibtreu sei der Kontakt vor etwa drei Monaten zustande gekommen, berichtet Kouparanis. Vermittelt worden sei er von dem Bonner Rapper und Unternehmer Giware Hajabi, besser bekannt als Xatar, der unter anderem im Bleibtreu-Film „Nur Gott kann mich richten“ eine kleine Nebenrolle hatte und mehrere Songs beisteuerte. Hajabi nennt sich seit Mai 2022 „Chief Viral Officer“ von Bloomwell, ist also ein prominenter Werbeträger in den sozialen Medien.
Der deutsche Schauspieler ist weder der einzige noch der erste Prominente, der nicht nur für eine Legalisierung des Rauschmittels wirbt, sondern auch eigenes Geld darauf setzt. Seit einem Jahr beispielsweise ist der amerikanische Hip-Hop-Star Snoop Dogg Miteigner des Frankfurter Start-ups Cansativa, das vom Staat das Großhandelsmonopol für in Deutschland angebautes Cannabis zugesprochen bekommen hat. Zudem beteiligte er sich am Berliner Unternehmen Sanity Group, das Öle und Kosmetik mit legalen, niedrig dosierten Cannabidiolen (CBD) anbietet und nahe Frankfurt eine eigene Extraktionsanlage betreibt. In Sanity haben ebenfalls der Moderator Klaas Heufer-Umlauf und der heutige Eintracht-Frankfurt-Fußballprofi Mario Götze investiert.
Die Bundesregierung hat die Legalisierung in ihrem Koalitionsvertrag 2021 angekündigt. Laut einem Eckpunktepapier vom vergangenen Herbst sollen der Besitz und Konsum sowie der Eigenanbau kleinerer Mengen straffrei gestellt werden. Vertrieben werden sollen die Blüten nur über lizenzierte Geschäfte und auch nur an Volljährige. Zudem ist eine Cannabissteuer geplant. Bevor diese Eckpunkte umgesetzt werden können, sind aber noch europarechtliche Fragen mit der EU-Kommission zu klären. Die Bundesregierung hofft auf eine Legalisierung im Jahr 2024.