Grüner Kraftstoff aus Hessen : Hy2gen stellt die Weichen für saubere Schifffahrt
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Das Wiesbadener Unternehmen Hy2gen will die Wasserstoffproduktion vorantreiben. Bild: dpa
Das Wiesbadener Unternehmen Hy2gen will die Wasserstoffproduktion vorantreiben. Dafür hat es nun 200 Millionen Euro Kapital eingesammelt, womit weltweit Produktionsanlagen errichtet werden sollen.
In einigen Jahren, das hofft Cyril Dufau-Sansot, könnte Hy2gen so bekannt sein, wie es heute die großen Mineralölkonzerne sind. Wobei der Name des Wiesbadener Unternehmens, das Dufau-Sansot im Jahr 2017 mitgegründet hat, dann allerdings genau nicht für Erdöl und Gas stehen soll, sondern für saubere Treibstoffe der Zukunft, allen voran Wasserstoff. Hy2gen will die industrielle Herstellung von sogenannten E-Fuels vorantreiben, die Anlagen dafür aufbauen, betreiben und mit den neuen Kraftstoffen zuerst in Schiff- und Luftfahrt und schließlich auch im Landverkehr sowie in der Industrie die fossilen Brennstoffe ablösen. Dafür, dass das mehr ist als ein Traum, sprechen nun auch die 200 Millionen Euro Finanzierung, die das Unternehmen gerade bei verschiedenen Investoren eingesammelt hat.
Damit sollen Produktionsanlagen in verschiedenen Regionen weltweit gebaut werden, um die Wasserstoffgewinnung, beziehungsweise auch die Herstellung von Ammoniak und Methanol als alternative Treibstoffe voranzutreiben. Nach Angaben von Hy2gen ist die Finanzspritze, die von der auf Wasserstoffinfrastruktur spezialisierten Investmentplattform Hy24, der Vermögensverwaltung Mirova, der kanadischen Rentenkasse CDPQ und dem niederländischen Anlagenbauer Technip Energies kam, die bisher größte private Kapitalerhöhung im Segment grüner Wasserstoff.
Bisher nur 30 Mitarbeiter
Um die Chemikalie als einen im Preis wettbewerbsfähigen und in großen Mengen verfügbaren Rohstoff produzieren zu können, brauche es neben großen Produktionsanlagen auch „eine starke Unterstützung der Interessengruppen von der Abnahme bis zur Projektfinanzierung und -durchführung sowie die Leitung von Expertenteams für Entwicklung und Steuerung“, so Pierre-Etienne Franc, Geschäftsführer von Hy24. All das habe Hy2gen „erfolgreich an einen Tisch gebracht“.
Ähnlich lobende Worte kamen von Emmanuel Jaclot, Executive Vice President und Leiter des Bereichs Infrastruktur bei CDPQ. Man freue sich, an der Seite von Vorreitern dieser vielversprechenden Energieform zu arbeiten. Sie habe das Potential, „die Dekarbonisierung stark verschmutzender Industrien zu beschleunigen“. Bei so großer Wirkung ist kaum zu vermuten, das Hy2gen ein Unternehmen mit bislang 30 Mitarbeitern ist.
Doch die Gründer sind erfahrene und gut vernetzte Ingenieure. Der Franzose Dufau-Sansot beispielsweise hat bei dem hessischen Familienunternehmen Viessmann Power-to-Gas-Projekte geleitet und war danach beim französischen Atomkraftkonzern Areva für die Elektrolysesparte zuständig. Auch dass der Schweizer Rohstoffhändler Trafigura Anteile an Hy2gen hält, dürfte bei Investoren für Vertrauen sorgen. Zudem haben die Wiesbadener bereits konkrete Projekte vorzuweisen, in denen sie jeweils mit Partnern zusammenarbeiten.
Ausweitung der Produktion geplant
So arbeitet in Südfrankreich schon eine kleine Testanlage zur Wasserstoffgewinnung, wobei deren Tagesproduktion von 60.000 Litern klimaneutralem Flugzeugtreibstoff noch weniger als die Tankfüllung einer Boeing 747 ausmacht. Geplant ist in der Region laut Cyril Dufau-Sansot aber eine Ausweitung der Produktion, um sowohl die Seefahrt als auch einen Flughafen mit klimafreundlichem Treibstoff zu versorgen.
Eine weitere Hy2gen-Anlage könnte in der Lausitz entstehen, wo das Land Brandenburg eine ganze Wasserstoffregion aufbauen möchte. Hy2gen arbeitet gerade an der Machbarkeitsstudie. In Norwegen arbeitet Hy2gen gemeinsam mit Trafigura und dem dänischen Fonds CIP an einer Anlage zur Herstellung von grünem Ammoniak, der zumindest für die nähere Zukunft als Alternative zum Schiffsdiesel für die Ozeanriesen gilt.
Weil für die Produktionsanlagen eine Menge Strom notwendig ist, können die gewonnenen Kraftstoffe nur dann als grün gelten, wenn der gesamte Prozess auf nachhaltig erzeugten Energien beruht, der notwendige Strom also aus der Kraft von Sonne, Wind, Wasser oder Biomasse stammt. Dort, wo sie verfügbar sind, will Hy2gen Anlagen aufbauen.
Die Herstellung von Ammoniak sei besonders stromintensiv, erklärt Cyril Dufau-Sansot. Angesichts der hohen Strompreise sei Europa darum kein geeigneter Standort, eher kämen Südamerika, Südafrika oder Australien infrage. Anders verhalte es sich bei der Wasserstoffproduktion, für die Biomasse wie etwa Holz gebraucht werde. Sie sei auch in Deutschland, Frankreich und den USA wirtschaftlich möglich. „Und dort ist natürlich auch der Hauptbedarf“, sagt Dufau-Sansot.