Automobilmarkt : Der Trend zum SUV bleibt ungebrochen
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Noch die Ausnahme: Bei der Ladeinfrastruktur steht Hessen gut da, bei der Anzahl der Elektro-Fahrzeuge noch nicht, doch die Tendenz ist steigend. Bild: Helmut Fricke
Das Kraftfahrzeug-Gewerbe blickt in eine ungewisse Zukunft. Zwar wurden 2022 etwas mehr Neuwagen zugelassen, der Gebrauchtwagenmarkt aber schwächelte.
Das hessische Kraftfahrzeuggewerbe hat das krisenbelastete Autojahr 2022 überraschend stabil überstanden. Mit einem kleinen Plus bei den Neuzulassungen von Personenwagen, einem starken Hochlauf der Elektromobilität, einer zukunftsweisenden Ausbildungsbilanz und vor allem mit einer auf 3,1 Prozent gestiegenen Umsatzrendite vor Steuern sieht die automobile Welt vorübergehend zuversichtlicher aus.
Jürgen Karpinski, Inhaber des Autohauses Schmitt in Frankfurt-Niederrad und Präsident des Kfz-Landesverbandes Hessen und des Zentralverbandes, sagte am Dienstag, das Autojahr 2022 habe „endlich schwarze Zahlen gebracht“. Eine automobile Normalität sei aber nicht in Sicht. Quantitativ sei 2022 ein schwaches Autojahr gewesen. Die Branche stelle sich auf eine Gratwanderung in den nächsten Jahren ein, denn der Automobilmarkt werde neu aufgeteilt.
Der Markt in Hessen, so Karpinski, habe mit dem Verkauf neuer und gebrauchter Autos und Lastwagen sowie dem Service 25,7 Milliarden Euro umgesetzt, in Jahr zuvor waren es 22,5 Milliarden. In Hessen seien rund 720.000 (Vorjahr: 795.000) Pkw-Käufe bilanziert worden, davon fast 280.000 (Vorjahr: 277.000) Neuzulassungen. Zum letzten krisenfreien Jahr 2019 fehlten in der Bilanz mehr als 200.000 Fahrzeuge, davon allein 110.000 Neuwagen. Der Hauptverlierer des Autojahres 2022 sei das gebrauchte Auto.
Agenturmodelle greifen klassischen Autovertrieb an
In der Branche mit ihren 4300 Betrieben in Hessen sehe man viele Unsicherheiten bei Handel und Service. Beim Kfz-Verband geht man von starken Veränderungen im Handel in einem solch instabilen Umfeld aus. Mit sogenannten Agenturmodellen rüttelten die Hersteller am Fundament des klassischen Automobilvertriebs zu Lasten des stationären Handels. Die geplanten Zugriffe der Hersteller reichten bis in das Gebrauchtwagengeschäft und den Kundendienst, berichtet der Verband. Hersteller versuchten mit einem „fragwürdigen Datenzugriff“ im Service in eine weitere Domäne des Kfz-Gewerbes zu gelangen.
Für die Elektromobilität sieht die Branche „die Stunden der Wahrheit“ kommen, denn der stark gekürzte staatliche Umweltbonus bedeute den „Abschied dreistelliger Zuwachsraten“. Damit allerdings gerate auch die Mobilitätswende in Gefahr. Noch in diesem Jahr werde die Prämie für gewerbliche Fahrzeuge gestrichen. Karpinski forderte, die Politik müsse das Fördersystem neu gestalten.
Schon im letzten Quartal des Vorjahres sei die private Nachfrage nach Neuwagen spürbar gesunken. Dieser Trend habe sich zum Jahresstart fortgesetzt. Die Branche fürchte, dass neue Autos für viele nicht mehr finanzierbar seien. Das gelte besonders für Pkw mit Elektroantrieb. Handel und Kunden wünschten sich bezahlbare Fahrzeuge in der Preisklasse von 20.000 bis 30.000 Euro. Ob neue chinesische Anbieter die Lücke füllen könnten, bleibe abzuwarten.
Mit Blick auf die Debatte zur Nutzung synthetischer Kraftstoffe hob Karpinski hervor, wer einen klimafreundlichen Verkehr wolle, könne den Fahrzeugbestand nicht „links liegen lassen“. In Hessen seien 93 Prozent der Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren ausgerüstet. E-Fahrzeuge - gemeint sind sowohl rein batteriebetriebene Autos als auch Plug-in-Hybride - hielten 3,5 Prozent. Zur Verbesserung der Luft in den Städten würde daher auch die Nutzung klimaneutraler Kraftstoffe beitragen.