Wiedereinstieg nach der Elternzeit : Ein bisschen tricksen muss Frau schon
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Seit an Seit: Frauen haben oft „männliche“ Karrierewege - und haben dann Probleme mit dem Wiedereinstieg, Bild: Gyarmaty, Jens
Wollen Mütter nach der Elternzeit wieder arbeiten, haben sie es oft schwer. Es fehlen Teilzeitstellen und flexible Chefs. Das „Netzwerk Wiedereinstieg“ macht Frauen Mut und frischt Kenntnisse auf.
Sie hatte zwei Studienabschlüsse, beherrschte fünf Sprachen, führte eine glückliche Ehe und hatte gerade ihr erstes Kind bekommen - Joanna Marciszewska-Ruano freute sich auf die Zukunft. Sie war erst zwei Jahre zuvor aus Polen nach Deutschland gekommen, um mit ihrem Mann zusammenleben zu können. In Warschau war sie Vertriebsmanagerin bei einem deutschen Unternehmen gewesen. Sie mochte diese Arbeit sehr. 2009 kündigte sie, kam nach Deutschland und wurde sofort schwanger. Als ihr Sohn ein Jahr alt war, wollte sie wieder anfangen zu arbeiten und schrieb Bewerbungen. Das war der Moment, von dem an Joanna Marciszewska-Ruano nicht mehr so zuversichtlich in die Zukunft schaute.
Denn es kamen nur Absagen. Standardschreiben mit Floskeln. Nie erfuhr die heute 40 Jahre alte Polin, warum ihr Personalchefs absagten. Joanna Marciszewska-Ruano vermutete, dass es an ihrem Umzug nach Deutschland lag, sie sich auf Stellen bewarb, für die sie überqualifiziert war, und, dass sie eine Teilzeitstelle suchte, um mehr Zeit mit ihrem Sohn zu verbringen. „Es war wohl von allem ein bisschen“, sagt Joanna Marciszwska-Ruano heute.
„Netzwerk Wiedereinstieg“ der Landesregierung
Stille Reserve - so nennt man Menschen wie Joanna Marciszewska-Ruano. Es sind Frauen, die nach der Geburt ihrer Kinder zu Hause bleiben - ein halbes Jahr, drei Jahre oder auch zehn - ohne sich arbeitslos zu melden und irgendwann beschließen, wieder arbeiten gehen zu wollen.
Das weiß man so genau, weil kürzlich eine Studie zu dem Thema Wiedereinstieg von Frauen nach der Elternzeit erschienen ist. Die Studie begleitete das noch bis Ende des Jahres laufende Programm „Netzwerk Wiedereinstieg“ der hessischen Landesregierung.
vorbehalte in den Personalabteilungen
Die sechs Träger aus dem Rhein-Main-Gebiet, die sich zu dem Netzwerk zusammengeschlossen haben, bieten das Jahr über Kurse und Informationsveranstaltungen für Frauen an, die wieder arbeiten möchten. Themen sind Buchhaltung, Bewerbungstipps oder auch deutsches Arbeitsrecht, weil viele Teilnehmerinnen aus dem Ausland kommen. Die Auswertung nach einem halben Jahr kann sich sehen lassen: 63 Prozent der Teilnehmerinnen haben einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden. Diese erfreuliche Zahl darf aber den Blick auf einen Umstand nicht verschleiern: nahezu alle Frauen, die jetzt wieder arbeiten, haben eine Stelle angenommen, für die sie eigentlich überqualifiziert sind. Nur, um überhaupt wieder arbeiten zu können.
Die Kurse des „Netzwerk Wiedereinstieg“ können vor allem fachliches Wissen bei den Frauen auffrischen, etwa EDV-Kenntnisse. Was oft bleibt, sind die Vorbehalte in den Personalabteilungen. „Mit Kind ist das schon sehr, sehr schwer“, hat ein befreundeter Personaler Wera von Nathusius einmal gesagt - trotz Fachkräftemangel sei das noch immer so. Er gab ihr den Tipp, die Kinder im Vorstellungsgespräch erst einmal zu verschweigen - was bei vier Kindern aber schwerlich geht. Wera von Nathusius hatte Werbekauffrau gelernt und anschließend noch Betriebswirtschaft studiert. Ihr ersten beiden Kinder bekam sie während des Studiums, zwei weitere folgten während der Berufstätigkeit. Die heute 45Jahre alte Mutter machte fünf Jahre Pause; durch die lange Zeit und einen Umzug verlor sie den Kontakt zu ihrem alten Arbeitgeber. Als ihr jüngstes Kind in den Kindergarten kam, wollte sie wieder arbeiten. Auch sie bekam viele Absagen.