Wie eine Depression virtuell erlebbar wird
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Simulation vor Augen: Besucher der Veranstaltung der Robert-Enke-Stiftung in Seligenstadt am 14. Mai 2022 Bild: Frank Rumpenhorst
Zwölf Minuten lang in die Gefühlswelt eines Depressiven eintauchen: In Seligenstadt haben Interessierte die Gelegenheit dazu. Damit soll die unterschätzte Volkskrankheit fassbarer werden. Die Autorin hat die VR-Brille aufgesetzt.
Zehn Kilogramm ist die Bleiweste schwer, die auf meinen Schultern liegt. Ich setze die Virtual-Reality-Brille auf den Kopf und die Kopfhörer auf die Ohren, um wie in einem Videospiel in eine andere Realität einzutauchen. Plötzlich befinde ich mich in einem loftartigen Schlafzimmer. Mein Blick wandert im Zimmer umher. Es herrscht große Unordnung. Schuhe liegen herum, Anziehsachen wurden achtlos auf den Boden geworfen. Das Licht ist dämmrig, alles sieht grau in grau aus. Für die nächste knappe Viertelstunde tausche ich mein eigenes Ich gegen das eines Menschen, dem es überhaupt nicht gut geht. Dadurch, dass ich optisch in seiner Umgebung bin, fühle ich mich gleichsam in seiner Haut. Eine Stimme aus dem Off spricht die Gedanken eines fiktiven Erkrankten.
Jetzt sitze ich wieder hier auf der Bettkante und versuche schon seit einer Stunde aufzustehen. Jeden Morgen dasselbe. Und das seit einem Monat. Geschlafen habe ich auch wieder nicht richtig. Meine Gedanken halten mich wach. Es sind immer dieselben, sie kreisen in meinem Kopf und ziehen mich in eine Abwärtsspirale.
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