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Hafeninsel Offenbach : Gesucht und ausgewichen

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Wohnungen für Tausende auf historischem Industriegelände: die Offenbacher Hafeninsel Bild: Patricia Kühfuss

Schon Offenbach oder noch Frankfurt? Der neue Stadtteil auf der Hafeninsel hat eine geographische und eine emotionale Lage. Katharina Müller-Güldemeister hat gefragt, wer warum dort hingezogen ist.

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          Seit 20 Jahren wohnte Markus Bialluch in Frankfurt, als er nach einer neuen, größeren Bleibe suchte für sich und seinen Partner. Offenbach kam auf seiner inneren Landkarte nicht vor. Ausgeschlossen dort zu leben, dachte er, als ein Bekannter ihm vorschlug, sich eine Wohnung auf der Hafeninsel anzuschauen. „Da brauchen wir gar nicht erst hinzufahren“, habe er gesagt. Bialluch und Matthias Vomend fuhren dann aber doch hin. Und sagen heute, dass sie aus der Wohnung mit Wasserblick nach Norden und nach Süden, in der sie inzwischen leben, so schnell nicht mehr ausziehen wollten. Sie haben sich daran gewöhnt, beim Kaffeetrinken vom Küchenfenster aus zu beobachten, wie sich die Frachter mainauf- oder mainabwärts schieben.

          Bialluch arbeitet als Verkaufsleiter bei einem großen Reiseveranstalter in Oberursel, Vomend, ein Koch und Hotelfachwirt, hat in Frankfurt-Bornheim eine Cocktailbar. „Mit dem Rad sind es nur 15 Minuten zur Berger Straße“, sagt Bialluch. Das ist näher als vom Dornbusch, wo die beiden vorher gelebt haben. Ihre Hundert-Quadratmeter-Wohnung mit drei Zimmern kostet rund 1230 Euro warm. Freunde aus Frankfurt würden oft ein bisschen neidisch, wenn sie das hörten, auch die, die über den Umzug nach Offenbach grinsten.

          Wird Offenbach nun belebter?

          Bialluch und Vomend leben in einer von 178 Wohnungen, die auf der Hafeninsel die Frankfurter Baugesellschaft ABG Holding errichtet hat; insgesamt sind auf dem Areal mehrere hundert Wohnungen von verschiedenen Trägern gebaut worden oder sind noch im Bau. 130 der 178 Wohnungen der ABG sind nach Angaben der Gesellschaft belegt, gut 40 Prozent der Mieter seien aus Frankfurt zugezogen, rund 30 Prozent aus dem Umland, die anderen hätten zuvor anderswo in Offenbach gewohnt.

          Wird der neue Stadtteil auf dem alten Industriehafengelände mit sich bringen, was sich Politiker und Investoren unter anderem davon versprechen, eine Belebung des in großen Teilen maroden, finanzschwachen Offenbachs? Werden die Stadt und die Nachbarkommune Frankfurt zusammenwachsen, räumlich und emotional?

          Markus Bialluch und Matthias Vomend haben Gefallen daran gefunden, Gemüse, Obst und Käse auf dem Wochenmarkt am Offenbacher Wilhelmsplatz zu kaufen. Im Sommer radeln sie oft am Main entlang Richtung Hanau, ihr Jack Russel läuft nebenher, dann trinken sie beim Bembel-Boot einen Sauergespritzten. „Das Boot darf nur in Offenbach anlegen, nicht in Frankfurt“, sagt Bialluch, und es klingt, als schwinge schon ein bisschen Lokalpatriotismus mit. Zum Shoppen fährt Bialluch dann aber doch eher nach Frankfurt, auch seine Freunde trifft das Paar meistens dort. Ein paar Bekanntschaften haben sich aber auch auf der Hafeninsel ergeben. Die vielen Hundebesitzer treffe man regelmäßig morgens beim Gassigehen. Aber auch mit anderen komme man leicht ins Gespräch. „Es ist ein Vorteil, dass alle auf einmal eingezogen sind.“

          Auch eine „Öko-WG“ findet sich hier

          Die vielen Hafeninselbewohner, die nicht aus Offenbach sind, haben ihre Freundeskreise in Frankfurt und anderswo. Ein bisschen Anschluss in der Nachbarschaft kommt vielen ganz gelegen. Per Whatsapp-Gruppe verabreden sie sich manchmal zum Grillen oder auf einen Wein am Feierabend. Bialluch gefällt die Mischung, die in den drei Häuserriegeln der ABG lebt, Familien mit und ohne Kinder, viele Best Ager, auch andere homosexuelle Paare. Ein paar Hausnummern weiter, sagt Bialluch, gebe es eine Wohngemeinschaft, er nennt sie „Öko-WG“, mit Bewohnern, die im Garten Gitarre spielten, Formeln an die Fenster schrieben, ein Kanu hätten und die Haare manchmal grün, manchmal pink.

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