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Urlaub in der Region : Was Tourismus künftig leisten kann

Idyll: von der Sonne durchdrungender Wald im Spessart Bild: Getty

Warum kommen die Leute in den Spessart? Und wie lässt sich der Tourismus mit dem Naturschutz vereinbaren? Ein Forschungsprojekt untersucht Potentiale des Urlaubs in der Region.

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          Die einen suchen das Naturerlebnis, das Idyll zwischen Bäumen. Die anderen zieht es eher dorthin, wo etwas los ist. Der Main-Kinzig-Kreis mit seinen Städtchen, dem Spessartwald und dem Kinzigtal kann die unterschiedlichen Bedürfnisse der Erholungssuchenden aus dem Ballungsraum gut erfüllen. Jeder kann hier finden, was er sucht. Um die touristische Vielfalt kümmert sich seit vier Jahren die Spessart Tourismus und Marketing Gesellschaft, die vom Main-Kinzig-Kreis mit Unterstützung der örtlichen Industrie- und Handelskammer gegründet wurde. In dieser Zeit ist viel geschafft und manches zusammengeführt worden, was zuvor weitgehend zusammenhangslos nebeneinander existierte.

          Luise Glaser-Lotz
          Korrespondentin der Rhein-Main-Zeitung für den Main-Kinzig-Kreis.

          Das schlug sich auch in den stetig steigenden Tourismuszahlen nieder. Doch Tourismus bedeutet für eine „Destination“, wie es heute heißt, mehr als die Menge der Besucher. Sie allein ist kein Garant für die Qualität und, was heute immer wichtiger wird, die langfristige Umweltverträglichkeit des Angebots. Deshalb soll in den kommenden drei Jahren ein wissenschaftlicher Blick auf die Organisation, die Qualität und die Quantität die Entwicklung des Tourismus im Main-Kinzig-Kreis begleiten.

          Impulsgeber und Finanzier des Pilotprojekts „NaTourHuKi“ ist das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Hinter der Abkürzung steckt die Entwicklung eines nachhaltigen Tourismuskonzeptes für das Gebiet zwischen Hanau im Westen und Steinau im Osten des Main-Kinzig-Kreises, entlang der Achse des Kinzigtals. Das Bundesprogramm nennt sich „Stadt-Land-Plus“. Es fördert Projekte und Initiativen, die sich mit den Wechselbeziehungen zwischen Städten, städtischem Umland und dem ländlichen Raum beschäftigen. Aus einem Bewerberpool von 50 Antragstellern wurden zehn ausgewählt. Nach einer Vorbereitungszeit von anderthalb Jahren kam in diesem Februar die Nachricht, dass auch der Main-Kinzig-Kreis den Zuschlag des Ministeriums erhalten würde.

          Potentiale und Perspektiven für den Tagestourismus entwickeln

          Finanziert werden laut Bernhard Mosbacher, Geschäftsführer von Spessart Marketing, in erster Linie die Personalkosten für die zusätzlichen Mitarbeiter zunächst für drei Jahre mit der Option einer Verlängerung um zwei Jahre. Sechs Verbundpartner sind in das Projekt eingebunden, drei wissenschaftliche und drei praktisch orientierte Institutionen. Von allen geförderten Projekten befasst sich nur das im Main-Kinzig-Kreis mit der Zukunft des Tourismus. Die Koordination der Verbundpartner übernimmt federführend die TU Darmstadt. Gemeinsam mit der Frankfurt University of Applied Sciences werden im Rahmen des Projekts die Themen Landschaftsplanung, Naturschutz, Stadtökologie, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung bearbeitet, während die Hochschule Heilbronn die tourismuswissenschaftlichen Aspekte beleuchtet.

          Die Untersuchungsgrundlagen und die mögliche Ausführung von Projekten übernehmen Spessart Marketing, das Umweltzentrum Hanau sowie die Regionalpark Frankfurt Rhein Main GmbH. Unter die Lupe genommen werden soll insbesondere der Tagestourismus, der nach den Worten Mosbachers gerade in Corona-Zeiten an Bedeutung gewinnt und dem Übernachtungstourismus mittlerweile den Rang abläuft. Dieser Trend werde sich in den nächsten Jahren fortsetzen. „Durch das Bevölkerungswachstum im Rhein-Main-Gebiet wird die Nachfrage nach regionalen Erholungsmöglichkeiten und anderen Tourismusangeboten in der Region bis hin zum Spessart in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Das Vorhaben will hierzu belastbare Prognosen, nutzbare Potentiale und mögliche Perspektiven für den Tagestourismus entwickeln“, so Mosbacher.

          Die Touristen sinnvoll leiten

          Derzeit ist man laut Christl Wittmann, Projektleiterin bei Spessart Marketing, dabei, eine umfassende Datengrundlage für die Tourismusentwicklung zu schaffen. Über Stichprobenzählungen und die Zahl von verkauften Eintrittskarten von Tourismuseinrichtungen will man die Besucherströme erfassen. Das ist die Voraussetzung dafür, die Touristen sinnvoll zu leiten. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Mobilität. Ein Magnet wie der Wildpark Alte Fasanerie in Hanau beispielsweise zieht vor allem am Wochenende Besuchermassen an. Im großen Gelände des Wildparks verlaufen sich die Menschen, doch draußen sind die Parkplätze überfüllt. Hier könnte man laut Wittmann mit einem Shuttlebus Erleichterung bringen.

          Projektmanager Christoph Siegl von der Regionalpark Ballungsraum Rhein Main GmbH erwartet durch die Grundlagenerhebung Perspektiven für den Ausbau der Regionalparkroute durch das Kinzigtal bis nach Steinau. Ein facettenreiches Angebot für Tagestouristen gibt es auch in Hanau. So führt der vom städtischen Umweltzentrum ausgewiesene grüne Ring durch Wiesen und Wälder um die ganze Stadt herum. Gabriele Schaar-von Römer, Leiterin des Umweltzentrums und Projektleiterin von „NaTourHuKi“ für Hanau, sieht eine wesentliche Aufgabe in einem Brückenschlag dieser Route in den Main-Kinzig-Kreis. Zur Nachhaltigkeit gehört für sie auch die Integration anderer Kulturen in den Tagestourismus.

          Die Verwirklichung solcher Teilvorhaben ist Mosbacher zufolge aber nicht das Hauptziel des Forschungsprojektes. Ein wichtiges Anliegen der Verbundpartner sei das Finden von Lösungen für Konflikte zwischen dem Tourismus und dem Natur- und Landschaftsschutz, der wachsenden Verkehrsbelastung, der Entwicklung von Siedlungsflächen sowie der Land- und Forstwirtschaft. Der Abschluss der Datenerhebung sei ein wichtiges Etappenziel. Darauf werden nach seinen Worten die Analyse der Zahlen und Schlussfolgerungen folgen, bevor die Verbundpartner konkrete Schritte einleiten. Die geplante nachhaltige Tourismusstrategie solle sehr wohl auch ökonomische Aspekte berücksichtigen und neue touristische Potentiale zwischen Hanau und Steinau aufzeigen, dabei müsse aber Rücksicht genommen werden auf den empfindlichen Naturraum.

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