Andrang auf die Bibliotheken : Lernende Schüler, genervte Studenten
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Massenandrang: Die Lesesäle der Bibliotheken, wie hier an der Goethe-Universität, werden auch gerne von Abiturienten genutzt. Bild: Getty
Ansturm auf die Bibliotheken: Viele Abiturienten suchen dort einen ruhigen Platz zum Pauken und stören dabei andere. Die Studenten sind mitunter nicht gut auf die lernenden Schüler zu sprechen.
Die Abiturprüfungen rücken näher, die Anspannung bei den Schülern steigt. Am Donnerstag finden die ersten Klausuren statt. Frankfurter Schüler pauken seit Wochen für die allgemeine Hochschulreife. Dabei machen sie auch regen Gebrauch von den Arbeitsplätzen in den Bibliotheken der Stadt. Sowohl die Städtischen Büchereien als auch die Universitätsbibliotheken verzeichnen einen regen Zustrom von Abiturienten, die sich, ausgestattet mit kleinen roten Büchern mit den Prüfungsaufgaben vergangener Jahre, auf die Klausuren vorbereiten. Doch nicht jeder ist begeistert über die jungen Besucher. Vor zwei Wochen endete die Vorlesungszeit an hessischen Hochschulen, die Studenten sind mitten in der Prüfungsphase. Entsprechend voll sind die Bibliotheken seit Wochen. Einen Platz zum Lernen zu bekommen wird für alle schwieriger.
Die Bibliothek der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften am Campus Westend der Goethe-Universität beschränkt daher seit Mitte Januar den Zugang. Nur wer einen Studienausweises der Universität besitzt, darf zwischen acht und 16 Uhr die Arbeitsplätze benutzten. Auch die „University of Applied Science“ am Nibelungenplatz erlaubt in der Prüfungszeit die Benutzung ihrer Bibliothek allein eingeschriebenen Studenten.
„Das ist ein Problem“
„Nicht nachvollziehbar“ nennt Roger Seibert-Alves die Zugangsbeschränkung. Er geht auf das Lessing-Gymnasium in unmittelbarer Nähe des Campus Westend. Die Universitätsbibliotheken benutzt er seit einem halben Jahr regelmäßig. In der Schulbücherei sei es einfach zu unruhig, und zuhause sei die Ablenkung zu groß. Viele Schüler aus seinem Jahrgang gingen daher häufig in die Bibliotheken der Hochschule. Stadtschulsprecher Paul Harder wirbt dafür, mehr Sitzplätze in den Schulbibliotheken zu schaffen, um die Engpässe zu beseitigen. Die Schulbibliotheken seien meist nicht groß genug, um allen Schülern ausreichend Platz zu bieten. Daher sei es nicht ruhig genug, und die Schüler wichen in die Universitätbibliotheken aus.
Die Studenten sind mitunter nicht gut auf die lernenden Schüler zu sprechen. „Das ist ein Problem, weil es ja nur eine bestimmte Anzahl an Plätzen gibt“, sagt Gideon Dawit, der Wirtschaftswissenschaften an der Goethe-Universität studiert. Er sitzt auf einer der Bänke am Campus Westend und macht mit seinen Freunden Pause. Ihn stört, dass nach zehn Uhr in den Lesesälen keine Arbeitsplätze mehr frei seien. Allerdings sehen nicht alle in der Runde die lernenden Abiturienten kritisch. Wo sollten die Schüler sonst hin, werfen Dawits Freunde ein. Manche hätten schließlich keine andere Möglichkeit, in Ruhe und konzentriert zu arbeiten.
Kaum Beschwerden wegen der Schüler
Bernhard Wirth, Sprecher der Universitätsbibliothek, kann den Unmut mancher Studenten verstehen. „Grundsätzlich gibt es Phasen, in denen die Bibliothek stark genutzt wird“, sagt er. Viele Beschwerden habe es aber nicht gegeben. Wo immer möglich, werde das Platzangebot erweitert. Die Bereichsbibliothek der Gesellschaftswissenschaften habe sonntags geöffnet, außerdem würden im Seminarhaus auf dem Campus Westend zusätzliche Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt. Auch wenn in der Bibliothek der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften zur Zeit der Zugang eingeschränkt sei, sei „die Bibliothek grundsätzlich für alle gedacht“. Die Schüler würden daher nicht als Problem gesehen.
Die Stadtbücherei wird ebenfalls gern von den Abiturienten genutzt. Das sei immer während der Abiturphase so, sagt Vittoria Ollig, Bibliothekarin in der Zentrale neben der Kleinmarkthalle. Meistens seien dann alle Tische belegt. Die Bücherei spiele mit dem Gedanken, neue Gruppenarbeitsplätze zu schaffen, denn die seien besonders beliebt. Viele Beschwerden wegen der Schüler gebe es aber nicht, sagt Ollig. Der Asta der Goethe-Universität sieht die Lösung nicht darin, die Schüler aus den Universitätsbibliotheken zu verbannen. „Die Bibliotheken sollten für jede Person unabhängig von ihrem Status geöffnet sein“, sagt Paula Hirsch vom Referat für Studienbedingungen. Es sei an der Hochschule und den Bibliotheken, die Öffnungszeiten und das Platzangebot dem Bedarf angemessen zu gestalten.
Studentin Zara Momand sitzt vor der Bibliothek der Gesellschaftswissenschaften auf dem Campus Westend. „Die Atmosphäre in den Lesesälen stört die Schüler schon“, sagt sie. Die Abiturienten redeten mehr, seien unruhiger. Sie selbst habe aber als Schülerin auch hier gelernt. Der Aufenthalt in der Universität sei für Schüler aufregend, schon deshalb seien sie unruhiger. Wie sehr das andere störe, habe sie damals aber gar nicht bemerkt.