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Der Wandertipp : Der Stein bestimmte das Bewusstsein

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350 Millionen Jahre altes Gestein: Da für Wallanlagen ungeeignet, blieb mit der Bürgelplatte eine der beeindruckendsten Felsformationen des Taunus erhalten. Bild: Thomas Klein

Der Steinreichtum im Taunus begünstigte den Bau prähistorischer Ringwälle. Neben keltischen Großanlagen gibt es auch jüngere wie am aussichtsreichen Hünerberg.

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          Eine Bezeichnung wie Hünerberg könnte Missverständnisse wecken. Mit Federvieh hat sie nichts zu tun, selbst wenn hier einst Hühner gehalten wurden. Damals, als man im 8. oder 9. Jahrhundert die exponierte Erhebung am Taunusrand zwischen Oberursel und Kronberg massiv ausbaute und vermutlich dauerhaft bewohnte. Platz für Vieh und eine Quelle waren vorhanden, um selbst längeren Belagerungen zu widerstehen.

          Wie der 375 Meter hohe Berg im frühen Mittelalter hieß, ist nicht überliefert, und seit dem Verfall lag die Urheberschaft der Befestigungen im Dunkeln, kaum anders beim Doppelwall eine Etage höher am Altkönig. Unwissenheit galt schon immer als bester Zündfunke der Phantasie, und so konnten in einer Welt der Mythen und Märchen einzig Riesen oder Hünen die Steinmassen zu Mauern gefügt haben. Zum verballhornten „Hüner“ war es dann nur eine Frage mundartlicher Gepflogenheit.

          Steinige Flanken

          Dieser Name hat sich auch auf landschaftliche Gegebenheiten in der Nähe übertragen, etwa die naturgeschützten Hünerbergwiesen. Die gut 20 Hektar große Fläche zählt zu den letzten Zeugen der einst vorherrschenden Hütehaltung. So dicht bewaldet wie heute waren die Hänge nie. Warum bei Aufforstungen südwestlich der Hohemark ein Streifen offen blieb, erschließt sich allerdings nicht mehr.

          Schöne Aussicht: Wo die Bürgelplatte etwas Platz ließ, errichtete man 1897 zu Ehren der Kaiserwitwe Victoria einen „Tempel“.
          Schöne Aussicht: Wo die Bürgelplatte etwas Platz ließ, errichtete man 1897 zu Ehren der Kaiserwitwe Victoria einen „Tempel“. : Bild: Thomas Klein

          Die Natur dankte es mit einem artenreichen Mosaik verschiedener Grasgesellschaften – Frisch- und Feuchtwiesen stehen Magerrasen, aber auch periphere Auenwälder gegenüber. Die für den Taunus seltene Durchmischung fand sogar Anerkennung als Fauna-Flora-Habitat (FFH) im Rahmen des europäischen Netzwerkes „Natura 2000“.

          Typischer sind für das Mittelgebirge steinige Flanken, ohne die es keine prähistorischen Festungen gäbe. Auch der Hünerberg dürfte ausweislich von Einzelfunden weitaus früher okkupiert gewesen sein. Die letzte Ausbaustufe ließ sich nur am besten nachweisen, als man überlegt die bis 30 Meter hohen Felsabstürze wie Bastionen nutzte und dazwischen fast zwei Meter starke Trockenmauern setzte.

          Ungünstiger waren die Bedingungen an der sogenannten Bürgelplatte oberhalb von Kronberg. Das half, eine der beeindruckendsten Formationen im gesamten Taunus zu bewahren, wobei sie nur den oberirdischen Teil eines rund 750 Meter langen, von Nordwest nach Südost streichenden Quarzitzuges bilden. Eine abgeflachte Stelle dient als Fundament des 1897 zu Ehren der Kaiserwitwe Victoria errichteten Tempels. Sein großartiges Sichtfeld über das Rhein-Main-Gebiet bis zum Odenwald steht dem vom Hünerberg in nichts nach.

          Wegbeschreibung

          Für die abwechslungsreiche Runde zwischen Bürgelplatte und Hünerberg bildet die Hohemark den besten Zugang. Abgesehen von der guten Erreichbarkeit via U-Bahn bestehen große Parkplätze (kostenfrei an der Endstation), und die Infrastruktur wurde in den vergangenen Jahren durch das touristische Informationszentrum sowie ein Gasthaus („Waldtraut“) aufgewertet.

          Aus den angezeigten Wanderwegen wählen wir den blauen Strich. Zwischen Parkplatz und Schule strebt er ansteigend dem Klinikkomplex entgegen. Davor biegt er rechts ab, um das Bergan im Wald bis zur Emminghaus-Hütte fortzusetzen. Der nach einem Mitstreiter des Taunusklubbegründers August Ravenstein benannte Unterstand ist uns Hinweis, links abzuknicken, womit längeres Geradeaus beginnt.

          Hierbei wandeln wir auf hochherrschaftlichen Spuren, nutzte doch die Witwe Kaiser Friedrichs III., Victoria, diese Passage für Ausfahrten von ihrem Ruhesitz in Kronberg. Auch eine stattliche Eiche erinnert an Kaiserin Friedrich, wie sie sich seit dem Tod ihres Gemahls 1888 nannte. Die nächste, gut 1200 Meter entfernte Josef-Ostertag-Hütte steht für die Möglichkeit, etwas abzukürzen, insbesondere, falls man dem bei Schnee rutschigen Geläuf an der Bürgelplatte ausweichen möchte. Dann mit dem kreuzenden grünen Strich links gut ein Kilometer hinab zum Anschluss an den schwarzen Punkt des Hauptweges.

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