Sandra Ciesek, Leiterin des Instituts für Medizinische Virologie in Frankfurt Bild: Wonge Bergmann
Derzeit sind vor allem jüngere Menschen mit dem Covid-19-Virus infiziert, wie Sandra Ciesek sagt. Das sei ein Grund für die niedrigen Patientenzahlen auch in hessischen Kliniken, die die Virologin der Frankfurter Universität besonders gut im Blick hat.
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Die Zahl der neuen Fälle in Hessen ist seit Tagen mit nur wenigen Ausnahmen täglich dreistellig und etwa fünf bis acht Mal so hoch wie Mitte Juni. Wie bewerten Sie das?
Die Fallzahlen waren im Juni niedrig, weil zuvor sehr strenge Vorsichtsmaßnahmen in Deutschland und Hessen umgesetzt worden waren und die Menschen auch vorsichtig agiert haben. Mittlerweile wurden viele Maßnahmen gelockert und die Menschen sind weniger vorsichtig geworden. Zum Beispiel reisen manche in sogenannte Risikogebiete und feiern in großen Gruppen.
Werden die Fallzahlen vorerst so bleiben, wie sie sind?
Ob wir weiterhin einen starken Anstieg der Zahlen vermeiden können, hängt zentral auch davon ab, ob jeder einzelne die zentralen Vorsichtsmaßnahmen weiter einhält. Ein weiterer Faktor ist hier sicherlich auch, dass mehr Tests pro Tag durchgeführt werden.
Nach den Ferien wurden auch und gerade Reiserückkehrer für einen Anstieg der Fallzahlen verantwortlich gemacht. Wo kommen die aktuellen Neuinfektionen her?
Anders als noch im Frühjahr sind die Infektionszahlen nicht mehr auf einzelne wenige Ausbrüche zurückzuführen, sondern das Infektionsgeschehen ist ziemlich weitflächig über Deutschland verteilt. Daher gibt es auch nicht die eine Ursache. Reiserückkehrer haben bei der Entwicklung der Fallzahlen in jüngerer Zeit sicher eine Rolle gespielt. Darüber hinaus häufen sich die Zahlen immer dort, wo viele Menschen zusammenkommen – insbesondere in geschlossenen Räumen und ohne Schutzmaßnahmen.
Hessische Kliniken betreuen nur noch wenige Covid-19-Patienten. Ist eine mögliche Überlastung der Krankenhäuser nun vom Tisch?
Das ist eine Momentaufnahme. Die medizinischen Kapazitäten werden ausreichen, wenn wir die Entwicklung der Fallzahlen unter Kontrolle halten. Bei einem längerfristigen exponentiellen Wachstum der Fallzahlen könnten die Kapazitäten an Ihre Grenzen stoßen. Außerdem sind derzeit vor allem jüngere Menschen infiziert, das Risiko für einen schweren Verlauf ist jedoch bei älteren Menschen deutlich höher. Wenn das Virus in die Altersgruppe über 60 diffundiert, könnten sich auch die Anzahl der schweren Verläufe häufen.